Mein Auto für Afrika

5Bilder

Mein Autohändler schüttelt bedauernd den Kopf: „Nein, für diesen Alten kann ich Ihnen keinen Cent mehr geben.“ Baujahr 2000, rundherum eingedeppscht, Pickerl abgelaufen, erste Rostflecken. Ich weiß, er war keine Schönheit mehr, mein Alter, aber doch fährt er noch. Da fällt mir ein roter Zettel ein, der vor ein paar Tagen an der Windschutzscheibe steckte. „Kaufe Ihr altes Auto“ - mit Telefonnummer und E-Mail-Adresse.
Ich rufe dort an. Zwei Stunden später stehe ich einem Afrikaner gegenüber, der meinen Alten auf jeden Fall haben will. Wir handeln ein bißchen um den Preis – schließlich einigen wir uns auf 200 Euro. Immerhin. Der Afrikaner legt mir einen Kaufvertrag vor, der Preis ist in dem Dokument nicht niedergeschrieben. Ich frage nach. „Das brauchen wir nicht“, sagt er „Ich gebe dir Geld sofort“ – und zieht locker die 200 aus seiner Hosentasche. „Warum brauchen Sie überhaupt dann den Kaufvertrag?“ frage ich naiv. „Damit ich beweisen kann, dass ich das Auto nicht gestohlen habe.“ „Was machen Sie denn mit dem Auto? Bauen Sie die Ersatzteile aus?“ frage ich weiter. „Nein, ist für Afrika!“ antwortet er mir.
Zwei Tage später ist mein Alter tatsächlich abgemeldet, die Kennzeichentafel ist entfernt, und der Afrikaner kommt den Wagen abholen, Treffpunkt ist ein Parkplatz in Leobersdorf. Ein wenig Wehmut beschleicht mich nun doch, so kurz vor der Trennung. Immerhin hat er mich über zehn Jahre begleitet – im Urlaub vom Südburgenland bis ins Waldviertel, dienstlich von Pottendorf nach Alland.
Ich übergebe dem Afrikaner Typenschein und abgelaufenen Zulassungsschein – auch das muss er haben, um beweisen zu können, dass er den Wagen nicht gestohlen hat. „Danke, Baby“, sagt er zu mir. Ich steige in mein neues Auto und fahre weg. Plötzlich sticht mich der Hafer und ich will Sherlock Holmes spielen. Ich beobachte aus gebührender Distanz, wie mein Alter an die Leine – sprich an das Abschleppseil – kommt und dann geht’s über Kottingbrunn, Vöslau, Baden, Pfaffstätten auf die B17. Ich hinterher.
Es ist schon dunkel geworden, im Abendverkehr fällt meine Verfolgungsfahrt hoffentlich nicht auf. Ein einziges Mal knippse ich mit dem Handy auf mein altes Auto, aus dessen Kofferraum ein Pannendreieck hängt – und hoffe dass das Blitzlicht nicht auffällt. Schließlich biegt der Afrikaner von der B17 in die Breitenfurter Straße ab, hier ist kaum Verkehr. Mich überkommt ein mulmiges Gefühl, jetzt fällt meine Verfolgungsfahrt bestimmt auf. Ich beschließe, meine Karriere als Sherlock Holmes schnell zu beenden. Mein Handy zeigt, dass ich ungehörte Anrufe von dem Afrikaner hatte. Ohje, denke ich, er will mich bestimmt zur Rede stellen, jetzt bin ich „geliefert“. Ich rufe gleich zurück. „Ist etwas nicht in Ordnung mit dem Auto?“ frage ich. „Nein, nein, nein“, lacht er verlegen ins Telefon. „Ich wollte dir dringend etwas fragen, ist schwer...“ - „Was?“ - „Baby, Baby – hat nix mit Auto zu tun. Habe Arbeit erledigt, Auto zur Autobahn gebracht. Schwere Frage...“ - „Was?“ - „Ich wollte dir fragen, ob du mit mir etwas eine Kaffee trinken gehst, bitte, bitte, Baby“, fleht er mich an. Ich sage „Nein, nein – ich wollte nur ein Auto verkaufen. Ich bin nicht weiter interessiert.“ - „Bitte, bitte, Baby“, schmeichelt er sich in mein Ohr. Ich lege auf.
Zum Glück habe ich erst vor zwei Wochen Ulrich Seidls Film „Paradies: Liebe“ gesehen. Da ging es um die Prostitution junger Afrikaner. Ihre „Zielobjekte“: ältere Touristinnen aus Europa auf der Suche nach einem Abenteuer. Sie bekommen ihre Affäre und werden dafür – per Mitleidsmasche – um etwas Geld für arme Verwandte in Afrika erleichtert.
So wird für jedes Bedürfnis ein Markt gemacht – von der Altauto-Entsorgung bis zum Sex-Abenteuer.

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

1 Kommentar

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

4:34

Fische sind Glückskinder des Monats
Horoskop – das sagen die Sterne im Mai

Wir sind angekommen, im Wonnemonat Mai. Ob es für die zwölf Sternzeichen wirklich romantisch wird, das wissen Astrologe Wilfried Weilandt und Astroshow-Moderatorin Sandra Schütz. Und diesmal mit dabei: Violinistin Barbara Helfgott. ÖSTERREICH. Auf den Mai freuen dürfen sich alle Fische, die zählen nämlich – mit 100 Prozent in sämtlichen Bereichen – zu den Glückskinder des Monats. Ein wenig mehr Geduld müssen hingegen die Krebse haben. Die sind zwar die Pechvogerl des Monats Mai, haben es im...

Hier findest du die billigsten Tankstellen in Niederösterreich.
4

Benzin- und Dieselpreise
Die billigsten Tankstellen in Niederösterreich

Hier erfährst du täglich, wo die billigsten Tankstellen in Niederösterreich sind, wie man günstig tankt und auch, wie man am Besten Sprit sparen kann. NÖ. In ganz Österreich ist es am günstigsten Vormittags zu tanken, da die Tankstellen nur einmal täglich, um 12 Uhr, die Spritpreise erhöhen dürfen. Preissenkungen sind jedoch jederzeit und in unbegrenztem Ausmaß möglich. Wir aktualisieren die Liste der günstigsten Tankstellen in Niederösterreich täglich mit den aktuell gültigen Preisen. Die...

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Niederösterreich auf MeinBezirk.at/Niederösterreich

Neuigkeiten aus Niederösterreich als Push-Nachricht direkt aufs Handy

Bezirksblätter auf Facebook: MeinBezirk.at/Niederösterreich

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Niederösterreich und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.