Wo war Schnitzler?
Liebe LeserInnen,
nicht daß ich etwas gegen Arthur Schnitzler habe - aber er war und ist für mich bisher ein unbeschriebenes Blatt. Mag sein daß ich während meiner Schulzeit etwas Kontakt mit seinen Werken hatte - ich kann mich nicht mehr daran erinnern. Und seither hatte ich weder Zeit noch Lust mich mit ihm zu beschäftigen. Aber das gilt genauso für zahlreiche andere KünstlerInnen und deren Werke. Der Grund dafür ist einfach: Ein Tag hat nur 24 Stunden und neben Familie, Beruf, Haus, Hof, Hund und Hobbies bleibt einfach nicht genug Zeit über. Dabei gehört Kultur im weitesten Sinne durchaus auch zu meinen Hobbies - Konzerte aller Art, Ausstellungen, Installationen, Performances, Lesungen, Vernissagen, Museen, Kirchen, historische Bauwerke undundund ... soweit es meine Zeit erlaubt schaue ich mir sowas an, versuche auch zusätzlich Zeit dafür woanders wegzuschnipseln. Aber für Arthur hat es bisher nicht gereicht.
Nun gibt sich Baden seit zwei Jahren große Mühe, Arthur Schnitzler den Menschen näherzubringen. Und gerade die PendlerInnen scheinen ein besonderes Zielobjekt für diese Bemühungen zu sein - warum auch immer. Da ich seit über 20 Jahren nach Wien pendle falle ich unter diese Gruppe und muß zu meinem Erstaunen folgende Aussage lesen: "Es schadet nichts, die Pendler mit Kunst im öffentlichen Raum zu konfrontieren".
Aha ... das beschäftigt mich jetzt schon ein wenig ... wie soll ich das verstehen? Bin ich als Pendler (im Gegensatz zu den "seßhaften" BadenerInnen) ein Wesen, das die Kunst fürchtet wie die Tiere der Nacht das Licht? Ein schattenhafter Kunstflüchtling der in den dämmrigen Morgenstunden auf seinem Weg zum Bahnhof mit Kunst beglückt werden muß? Seltsam, in meinem Familien- und Freundeskreis hat mir noch niemand unterstellt, kunstavers zu sein - im Gegenteil.
Und noch eine Aussage lese ich mit gewisser Verwunderung: "Die Bahnhöfe sollen Orte der Begegnung sein, Kunst leistet dazu ihren Beitrag." Also entweder bin ich ein atypischer Pendler oder der Herr der das gesagt hat hat wenig Ahnung vom Pendleralltag. Denn mein Zugang zum Bahnhof schaut so aus: In der Früh in Eile hinauf zum Bahnsteig, im Kopf oft bereits Überlegungen zu den Dingen, die mich im Büro erwarten. Wo ich da die Zeit für Begegnungen und für Kunst hernehmen soll (soweit sie über ein flüchtiges "Hallo, servus" oder einen kurzen Blick und ein gedachtes "Aha, was soll den das sein?" hinausgehen) weiß ich nicht.
Abends, wenn ich zurückkomme schaut es auch nicht besser aus. Normalerweise etwas müde und erschöpft, freue ich mich darauf, heinzukommen und mich ein wenig auszuruhen. Geistige Kapazität, mich auf intellektuelle Gespräche einzulassen oder mit Kunst auseinanderzusetzten habe ich zu diesem Zeitpunkt üblicherweise nicht. Also wieder nur "Hallo, servus, wie geht´s?" oder "Hmmmm ... was ist das für ein komisches Ding?"
Soweit, so schlecht. Arthur ist mir in den letzten beiden Jahren so nicht näher gebracht worden.
ABER - ganz so negativ will ich die Sache auch wieder nicht sehen. Denn - wie oben gesagt - Kunst interessiert mich sehrwohl. Und eines meiner Hobbies ist die Fotografie. Alles klar? Die Vorbeifahrten an den Kunstobjekten im Park haben ausgereicht, mein fotografisches Interesse daran zu wecken. Also habe ich eines schönen Tages von meiner Freizeit ein wenig abgeschnipst, meine Kamera geschnappt und bin zum Bahnhof geradelt - munter und ohne Zeitdruck. Habe mir die Installationen angeschaut, überlegt was sie bedeuten könnten, versucht sie fotografisch gut rüberzubringen. Das hat mich zwar auch nicht Schnitzler nähergebracht, hat aber Spaß gemacht und mir einige interessante Bilder verschafft.
Ob die Installation die 30.000€ wert war, die sie angeblich gekostet hat ...? Schwer zu sagen, wie soll ich das messen? Aus meiner Sicht - eher ja. Erstens gefällt mir Kunst im öffentlichen Raum sowieso und zweitens haben ein paar KünstlerInnen Erfahrungen gesammelt und ein wenig Geld verdient. Daß ich dadurch Schitzler nicht nähergekommen bin tut nichts zur Sache, Arthur wird es mir verzeihen ;-)
LG Hans
P.S.: Ich muß zugeben daß ich auf den dritten Teil dieses Kunstprojektes durchaus neugierig bin. Nicht weil ich kunst-unterversorgter Pendler bin, nicht wegen Schnitzler und nicht weil ich am Bahnhof unbedingt Begegnungen brauche - sondern von Natur aus :-)
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