Braunaus Dechant
Gert Smetanigs Gedanken zum Sonntagsevangelium
Braunaus Dechant Gert Smetanig teilt auch diese Woche wieder seine Predigtgedanken mit uns. Die Kirchen sind zwar wieder geöffnet, allerdings sind die Zutrittszahlen beschränkt und es gelten Sicherheitsvorkehrungen.
BEZIRK BRAUNAU (kat).
Liebe Leserinnen, liebe Leser!
Im Internet kursierte eine Zeitlang ein Video, darin ist ein katholischer Priester zu sehen, der sich mit einer Hostie in einer Monstranz mitten auf den Markt oder die Fußgängerzone stellte. Er hielt die Monstranz ganz lange mit beiden Armen nach oben, über seinen Kopf. Das ist auf Dauer anstrengend. Es fordert Kraft. Die ersten Passanten bleiben stehen. Sie schauen, staunen, schütteln den Kopf. Dann gibt es welche, die sich niederknien. Eine ältere Dame macht mithilfe ihrer Tochter eine Kniebeuge; andere gehen Kaugummi kauend vorbei. Das Video dauert gut 20 Minuten. Die Menschen kommen und gehen, der Priester steht da, kaum Veränderung. Dann packt er alles zusammen und geht weiter. Vielleicht zu einem anderen Platz. Für viele Menschen hat er sich lächerlich gemacht, sich ihrem Spott ausgesetzt. Manch einer wird ihn als Zielscheibe übler Bemerkungen benutzen. Andere hat es wohl mitten in die Seele getroffen. Sie bleiben stehen. Knien nieder. Beten.
Das Fest Fronleichnam hat viel mit dieser Dartscheibe zu tun. Gott macht sich mitten in dieser Welt zu einer Zielscheibe. Er wird sichtbar und angreifbar. Klar, es ist nur ein Stück Brot - äußerlich betrachtet -, dass wir jedes Jahr in einer Prozession durch die Gemeinde tragen. Wie eine fromme Demo. Unser Transparent ist Jesus, der sagt: „Ich bin das Brot der Welt!“ Wenn Gott zur Zielfigur auf der Dartscheibe dieser Welt wird, dann müssen wir damit rechnen, dass Leute sich lustig machen. Wir müssen damit umgehen, dass nicht alle verstehen, was wir da tun. Manch einer wird neugierig vom Balkon oder vom Küchenfenster hinunterschauen. Er wird den Kopf schütteln, oder er wird sich berühren lassen von den Liedern, die wir singen, von der Blasmusik, von dem Segen.
Fronleichnam erinnert uns daran, dass wir selbst eine Art Monstranz sind, eine Zielscheibe. In manchen Ländern werden Christen tatsächlich wegen ihres Glaubens verfolgt. Sie werden im wahrsten Sinne des Wortes zur Zielscheibe. Gott sei Dank können wir in Europa in Freiheit unseren Glauben leben. Gott sei Dank kann auch jede und jeder selbst bestimmen, wie nah oder weit weg er diesem Gott gegenüber ist. So wie die Ringe auf der Dartscheibe es auch sind. Gott lässt uns diese Freiheit! Es ist wie bei den Jüngern Jesu, als sie erleben, dass manche Leute nicht mit Jesus mitgehen können oder möchten. Auch seine engsten Vertrauten stellen manches von dem in Frage, was er sagt. Jesus aber lässt ihnen und uns die Freiheit, wenn er sagt: „Wollt auch ihr weggehen?“ Auf diese Frage muss jede und jeder von uns seine eigene Antwort finden. Vielleicht ist das ja eine Frage, der wir in den kommenden Tagen auf dem Weg unseres Lebens nachgehen können. Ich wünsche Ihnen eine gute Woche.
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