SOS-Kinderdorf
Psychische Gesundheit von Jugendlichen fördern

SOS-Kinderdorf: Versorgung für psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen hat Aufholbedarf | Foto: Aleksandar Georgiev
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Aus gegebenem Anlass fordert SOS-Kinderdorf zum Tag der Gesundheit am 7. April umfassende Maßnahmen zur Förderung der psychischen Gesundheit von Jugendlichen.

BURGENLAND. „Die psychische Verfassung von Jugendlichen ist dramatisch. Immer mehr junge Menschen leiden an ernsten psychischen Erkrankungen. Sie brauchen Hilfe – rasch, professionell und leistbar“, so Christian Moser, Geschäftsführer von SOS-Kinderdorf.

"Schockierende Zwischenfälle"

Vor allem wenn es um Akutsituationen geht, stehe man im Burgenland vor ziemlichen Herausforderungen, berichtet Marek Zeliska, SOS-Kinderdorfleiter Burgenland: „Im Burgenland ist die Situation so, dass die geplanten ambulanten, psychiatrischen Behandlungen ganz gut klappen. Aber in akuten Krisen oder bei stationären Behandlungen müssen wir in die Steiermark oder nach Niederösterreich ausweichen.“ In den vergangenen Wochen kam es diesbezüglich immer wieder zu schockierenden Zwischenfällen, erzählt Zeliska.

"Sollte kein Luxus sein"

Einmal im Monat komme ein Psychiater aus Wien ins SOS-Kinderdorf nach Pinkafeld.
„Diesen Luxus hat leider nicht jede Familie im Burgenland. Nur sollte das eigentlich kein Luxus sein“, bedauert Zeliska. Erfreut und hoffnungsvoller Dinge blickt das Team vom SOS-Kinderdorf Burgenland auf den angedachten Ausbau des psychosozialen Dienstes im Burgenland. „Das ist auf jeden Fall sehr begrüßungswert und ein Schritt in die richtige Richtung.“

Handeln. Nicht warten.

„Gerade bei jungen Menschen ist es wichtig, sofort zu reagieren, wenn sie therapeutische oder psychiatrische Unterstützung benötigen. Jeder Tag, den ein junger Mensch alleine unter einer psychischen Krankheit leidet, ohne Hilfe zu bekommen, ist einer zu viel“, weiß auch SOS-Kinderdorfkollege Christoph Schneidergruber, Leiter des Ambulatoriums für Neurologie und Psychiatrie des Kindes und Jugendalters in Kärnten. Derzeit fehle in ganz Österreich jedoch die nötige Infrastruktur dazu. Die Kinder- und Jugendpsychiatrie hinke weit hinter dem vorgesehenen Versorgungsplan. Es gebe zu wenig Fachärztepersonal und zu wenig Ausbildungsplätze in der Kinder-und Jugendpsychiatrie. „Ich denke, es beginnt schon bei den Aufnahmetests zum Medizinstudium bis hin zu den Inhalten und der Sozialisierung der StudentInnen. Wir sollten mehr Augenmerk auf soziale, emotionale Kompetenzen und Fähigkeiten legen“, räumt Schneidergruber ein.

Herz statt Hürde

Insgesamt müsse auch die Hürde besser genommen werden, wenn es um die psychische Fitness und Gesundheit all unserer Jugendlichen geht. „Wir müssen zu den Jugendlichen, nicht diese zu uns. Es braucht jugendliche Zugänge. Was wir brauchen, sind junge, gut ausgebildete Therapeuten und Therapeutinnen, medial versiert, flexibel in der Arbeitszeit, kommunikativ. Menschen, die neugierig, aufsuchend, kreativ und beherzt sind, in der Begegnung und Umsetzung von Therapiesettings“, rät SOS-Kinderdorf. Der politische Willen und die entsprechenden Entscheidungsträger seien jetzt gefragt. „Hier braucht es schnelles und entschlossenes Handeln, damit junge Menschen eine gesunde Zukunft haben. Derzeit wird der Bedarf an psychosozialer Unterstützung für Kinder und Jugendliche fast täglich mit neuen Studien untermauert. Wann, wenn nicht jetzt, sollten wir dieses Thema energisch angehen“, so der Geschäftsführer.

Therapie auf Krankenschein

Bereits vor der Corona-Krise fehlten rund 70.000 kassenfinanzierte Therapieplätze für Kinder und Jugendliche. Die Auswirkungen der Pandemie haben den Versorgungsnotstand weiter verschärft. „Es kann nicht sein, dass Jugendliche bzw. ihre Familien therapeutische Behandlungen, die nicht billig sind, zum überwiegenden Teil selbst finanzieren müssen. Das schließt große Teile der Bevölkerung schlichtweg aus. Und wir wissen, dass gerade Jugendliche aus wirtschaftlich schlechter gestellten Familien derzeit besonders belastet sind. Sie brauchen Unterstützung und die muss leistbar sein“, fordert Moser.

Therapie per Videochat

Die benötigte Hilfe müsse nicht nur leist-, sondern auch erreichbar sein, sind sich die Experten einig. Gerade in ländlichen Regionen sei das oft schwierig. Regelmäßige Therapien seien bei langen Anfahrtswegen kaum zu schaffen, noch dazu in ohnehin belasteten Situationen. SOS-Kinderdorf fordert darum innovative und kreative Ansätze wie etwa Krisenbehandlung zuhause oder digitale Therapieangebote. Diese haben sich beispielsweise in Kärnten schon bewährt: „Seit dem ersten Lockdown hat sich in unseren Ambulatorien gezeigt, dass Therapien über Telefon oder Videochat gerade von Jugendlichen sehr gut angenommen werden. Teletherapie schafft Niederschwelligkeit, holt Jugendliche besser ab, ermöglicht auf deren 'Kanälen' zu kommunizieren. Es ersetzt nicht den persönlichen Kontakt, aber ich sehe es unbedingt als notwendige Ergänzung“ so Schneidergruber. SOS-Kinderdorf sieht in der Teletherapie die Chance, einen unterversorgten Gesundheitsbereich rasch zu entlasten, insbesondere am Land: „Solche neuen Konzepte können helfen, lange Wartezeiten zu überbrücken, akute Krankheitssymptome schneller zu identifizieren und umgehend Maßnahmen zu setzen.“

Übergangspsychiatrie

Damit junge Menschen genau die Behandlung bekommen, die sie brauchen, müssen die richtigen Angebote geschaffen werden. Derzeit unterscheide das österreichische Gesundheitssystem zwischen Kindern bis 18 Jahren und Erwachsenen. In der Realität fühlt sich kaum jemand schlagartig mit dem 18. Geburtstag erwachsen. „Der Wechsel zur Erwachsenenpsychiatrie ist für viele junge Menschen ein schwieriger Schritt. Ein 17-jähriger gehört auf keine 'Kinderstation', ein reifeverzögerter 18-jähriger verliert sich auf einer Erwachsenenpsychiatrie“, erläutert Schneidergruber. Österreichweit schlage SOS-Kinderdorf vor, 15- bis 25-Jährige am Weg zum Erwachsenwerden mit Überganspsychiatrie zu begleiten, wie es etwa bereits in Deutschland erfolgreich geschieht.

„Damit junge Menschen die Chance auf ein gesundes und selbstbestimmtes Leben haben, müssen dringend entscheidende Schritte gesetzt werden. Seelisches Leid ist nicht so offensichtlich wie ein gebrochener Arm. Wir sind es Jugendlichen schuldig, ihre psychischen Gebrechen aber ebenso ernst zu nehmen und alles dafür zu tun, damit es ihnen rasch bessergeht“, sind sich die Vertreter von SOS-Kinderdorf einig.

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