Deal geplatzt
Verhärtete Fronten beim Gemeindepaket
Am Mittwochnachmittag scheiterte das von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil geplante „Entlastungspaket“ am Veto der ÖVP-Landesführung. Vorgesehen war, dass die Personalkostenförderung für das Kindergartenpersonal angehoben wird. Im Gegenzug hätte der Müllverband in die Landesholding integriert werden sollen.
BURGENLAND. Trotz einer „konstruktiven Stimmung" im Gespräch mit Gemeindevertretern von SPÖ und ÖVP scheitert das geplante Gemeinde-Entlastungspaket am Widerstand der Volkspartei. Das Land hatte den Gemeinden ursprünglich angeboten, dass die Personalkostenförderung des Landes für das Kindergartenpersonal von derzeit 45 auf 85 Prozent angehoben wird.
Das hätte laut Rechnung der SPÖ bereits 2024 eine Entlastung von 38 Millionen Euro bedeutet, die durch die Personalkostensteigerung bis 2030 auf über 50 Millionen Euro jährlich gestiegen wäre. Im Gegenzug sollte der Burgenländische Müllverband von den Gemeinden auf das Land bzw. die Landesholding übergehen. Nötig für diesen Deal wäre eine 2/3-Mehrheit im Landtag. Nachdem FPÖ und Grüne abgewunken hatten, gab nun auch die Volkspartei ihr Nein.
"Mehr Fragen als Antworten"
Christian Sagartz erklärt den RegionalMedien Burgenland nach dem Treffen am Mittwoch, Doskozil habe noch mehr Fragen aufgeworfen, anstatt Antworten zu liefern. „Der Landeshauptmann hat klargemacht, dass er nicht bereit ist, die Gemeinden zu unterstützen, ohne die Übernahme des Müllverbandes", so Sagartz. Daher stehe für die Volkspartei fest: „Unter diesen Umständen kann die Volkspartei einer Übernahme des Müllverbandes in die Landesholding nicht zustimmen. Selbstverständlich stehen wir jederzeit für Gespräche zur Verfügung, wenn es um die Entlastung unserer Gemeinden geht, jedoch ohne einem faulen Gegengeschäft."
Konkretisierung des Angebotes
Aus dem Büro des Landeshauptmanns hieß es, dass das Angebot noch konkretisiert worden sei. Die erhöhte Förderung des Kindergartenpersonals für die Gemeinden sollte gesetzlich verankert werden. Wie von der ÖVP gefordert, sollten die Gemeinden durch Funktionen im Aufsichtsrat und Vorstand auch im zukünftigen Müllverband Einsichts- und Mitspracherechte bekommen. Zudem sollten bei den Altstoffsammelzentren bisherige Beiträge für die Gemeinden wegfallen und die Entsorgung zur Gänze vom Land getragen werden. Dies hätte eine zusätzliche Entlastung der Gemeinden im Ausmaß von mehr als fünf Millionen Euro jährlich bedeutet.
Diskussion im Landtag
Am Donnerstag wurde auf Antrag der FPÖ in der Landtagssitzung unter dem Tagespunkt Zwei „Tricksen, Täuschen, Tarnen - Landeshauptmann Doskozil holt sich den Burgenländischen Müllverband " weiter über das Thema diskutiert. Zu diesem Zeitpunkt nicht anwesend waren jedoch sowohl der Landeshauptmann als auch der Landesparteichef der Volkspartei Christian Sagartz.
Kritik: "Knebelpolitik" und "Kuhhandel"
Aus Sicht der Freiheitlichen hatte es das Land vor allem auf die Rücklagen des Müllverbandes abgesehen. „Der Weg besteht aus drei Worten: Macht, Geld, Kontrolle“, meinte FPÖ-Abgeordneter Markus Wiesler, der von einer Kneblungspolitik der SPÖ spricht. Ziel der SPÖ sei es, die Rücklagen von rund 100 Millionen Euro abzusaugen. Zudem wolle die SPÖ mehr Macht über den Müllverband.
Auch die Grünen kritisierten das Entlastungspaket der SPÖ. Klubobfrau Regina Petrik sprach in ihrer Rede von einem „Kuhhandel" und fragte sich, was der Müllverband mit Elementarpädagogen zu tun hätte. VP-Klubobmann Markus Ulram verteidigte das Nein der ÖVP am Mittwoch. Hätte die SPÖ Regierung wirklich die Gemeinden unterstützen wollen, hätten sie dies auch tun können. Das Land habe es aber auf die Rücklagen des Müllverbandes abgesehen und würde den Druck auf die Gemeinden erhöhen. Zudem befürchtet Ulram, eine massive Erhöhung der Müllgebühren, sobald der Müllverband Teil der Landesholding wäre.
Kein Verständnis bei der SPÖ
SPÖ-Mandatar Gerhard Bachmann sah dies ganz anders und glaubte sich „im falschen Film.“ Bachmann hoffe, dass sich die burgenländische Volkspartei im Sinne der Gemeinden und der Gemeindefinanzen für das Gemeindepaket entscheiden werde. Es gebe ja noch weitere Verhandlungen. Auch Landeshauptmannstellvertreterin Astrid Eisenkopf (SPÖ) verteidigte das Paket. Sie könne nicht verstehen, wieso die Oppositionsparteien von einem „faulen Deal" sprechen. Es handele sich um eine strukturelle Entlastung für die Gemeinden, die nicht nur einmal, sondern jährlich den Gemeinden zu Gute kommen würde. „Die ÖVP hat den Weg des Gemeinsamen verlassen", so Eisenkopf.
"Historische Chance zerstört"
Landeshauptmann Hans Peter Doskozil sprach nach dem ergebnislosen Ende der Verhandlungen von einer „höchst bedauerlichen und bezeichnenden parteipolitischen Entscheidung". Die Runde wäre sehr konstruktiv gewesen, auch die Gemeinde- und Städtevertreter der ÖVP hätten das Angebot der SPÖ positiv bewertet und weitere Gesprächsbereitschaft signalisiert. „ÖVP-Obmann Sagartz wird verantworten müssen, dass 171 Gemeinden des Landes der nötige Spielraum für wichtige Investitionen verwehrt bleibt“, so Doskozil.
„Die politische Führung der Volkspartei hat sich aber über die Bürgermeister-Ebene hinweggesetzt und die Verhandlungen für beendet erklärt“, stellte Doskozil fest. Weiteres kritisiert Doskozil: „Die ÖVP-Spitze traut sich leider nicht einmal, die eigenen Bürgermeister über das Angebot des Landes abstimmen zu lassen. Das ist schade – weil damit eine historische Chance für die Gemeinden aus rein parteitaktischen Überlegungen zerstört wird.“
Reaktionen aus den Verbänden
Unterschiedliche Reaktionen kamen am Donnerstag aus den Verbänden im Land. Der Obmann-Stellvertreter im Burgenländischen Müllverband Georg Rosner (ÖVP) begrüßt den Schritt der Volkspartei, der Übernahme des Müllverbandes durch die Landesholding nicht zuzustimmen. „Der Müllverband ist ein bewährter und verlässlicher Partner der burgenländischen Bevölkerung. Eine Übernahme in das Land hätte keine Vorteile für die Burgenländerinnen und Burgenländer gebracht. Im Gegenteil, die SPÖ-Alleinregierung hätte die Gebühren massiv erhöht.
Bereits im Vorfeld hatte der Sozialdemokratische Gemeindevertreterverband sich bereits für das Paket ausgesprochen. Der SPÖ-nahe burgenländische Gemeindevertreter-Verband sprach von einem reflexartigen Nein der ÖVP-Spitze und ortete eine Gefährdung der Gemeindeautonomie. GVV-Präsident Trummer ist bitter enttäuscht: "Mit dieser schwarzen Parteitaktik vernichtet die ÖVP-Spitze mit einem Schlag 38 Millionen Euro an finanzieller Entlastung für unsere burgenländischen Gemeinden! Die ÖVP im Bund und Land hungert die Kommunen finanziell aus und höhlt so auch die Gemeindeautonomie aus."
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