Wenn das Klo den Mistkübel ersetzt
Handys, Zahnprotesen, Beton und Hormone – in den Abwässern landet Kurioses und Gefährliches.
BEZIRKE (fui). Immer wieder landen in unseren Abwässern, und damit auch in den Kläranlagen, Dinge, die dort eigentlich nicht hingehören. "Manchmal fragt man sich, wie das überhaupt in ein Klo gepasst hat", erklärt Günther Prähofer, Klärwart der Kläranlage in Hofkirchen. Viel Kurioses findet sich in den Abwässern: von Kleidungsstücken und Tiereingeweiden über Handys und manchmal auch eine Zahnprothese. Zumindest Letztere dürfte durch ein Missgeschick in der Kläranlage gelandet sein: "Ein Mann war da und wollte die Zahnprothese seiner Frau suchen, die offenbar beim Reinigen in den Abfluss fiel", so Prähofer.
Problemstoff Feuchttuch
Neben anderen Hygieneartikeln, wie Binden und Tampons, machen vor allem die immer beliebteren Feuchttücher Probleme bei der Abwasserentsorgung. "Manche Feuchttücher bestehen fast rein aus Kunststoff und sind extrem reißfest. Dadurch verstopfen und beschädigen diese die Schneidwerkzeuge der Pumpwerke", so Prähofer. Ähnliches weiß auch sein Kollege Roland Wiesinger, Betriebsleiter der Kläranlage Großraum Eferding in Pupping, zu berichten: "Auch wir stellen einen extremen Anstieg von Feuchttüchern im Abwasser fest, die den Pumpwerken zusetzen und zu häufigeren Reparaturen führen."
Allein in der Kläranlage in Pupping, die das Wasser von sieben Gemeinden behandelt, fallen pro Woche zwei bis drei Container voll "Rechengut" an – also Müll und andere Gegenstände, die von großen Rechen aus dem Abwasser gefiltert werden.
Medikamente und Hormone im Abwasser
Nicht nur Gegenstände landen in der Kanalisation, auch andere Problemstoffe und Chemikalien. "Lacke, Desinfektionsmittel, fallweise auch Heizöl oder andere Chemikalien – manches erkennt man mit freiem Auge. Andere Stoffe bemerken wir erst bei genauerer Prüfung", meint Prähofer. Auf Baustellen fallen weitere Stoffe an, die etwa beim Abwaschen der Werkzeuge ins Abwasser gelangen. "Erst vor Kurzem holten wir aus einem Rohr einen Betonbrocken, der so groß wie eine Kinderbadewanne war. So etwas lässt sich nur mit Spezialgeräten beseitigen, und das ist mit erheblichen Kosten verbunden", sagt Wiesinger.
Zunehmend machen Medikamente und hormonelle Substanzen den Kläranlagen zu schaffen. "Medikamente und Hormone werden nicht direkt über die Toilette entsorgt, sondern verlassen den Körper wieder und werden über die Fäkalien eingebracht", so Wiesinger. Eine Möglichkeit, Substanzen wie Medikamente oder Hormone aus dem Wasser zu filtern, gibt es nicht.
Zur Sache
In die Toilette gehören nur menschliche Ausscheidungen und herkömmliches Toilettenpapier. Wer nicht auf Feuchttücher verzichten will, sollte zu weniger reißfesten Tüchern greifen, die nicht aus Kunststoff sind. Weiter verbreitet sind allerdings Feuchttücher aus Kunststoff, die besonders reißfest sind und die Schneidwerke der Pumpen beschädigen. Andere Hygieneartikel, wie Binden, Tampons, Windeln oder Pflaster, gehören in die Restmülltonne. Auch Speisereste dürfen nicht über das Klo entsorgt werden, denn sie verkleben die Kanäle und geben Ratten Nahrung. Pro Jahr verfangen sich in den Rechen der Kläranlagen im Land etwa 6.000 Tonnen Feststoffe. Weitere 4.000 Tonnen lagern in den Kanalrohren und führen dort zu Verstopfungen. Der Klärschlamm, der in den Anlagen anfällt, wird nach Prüfung als Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt.
Aus dem Auge, Aus dem Sinn
ein Kommentar von Florian Uibner
Das Klo ist zweifellos eine bequeme Möglichkeit, Unliebsames loszuwerden. Gerade Essensreste bieten sich gut an: Das Kind hat seine Cornflakes beim Frühstück nicht aufgegessen, Biotonne gibt es keine, und in die Restmülltonne will man das auch nicht kippen – also ab ins Klo damit. Aus dem Auge, aus dem Sinn. Die Cornflakes runterzuspülen, ist vielleicht weniger dramatisch als Altöl oder Lacke, aber auch das hat Konsequenzen. Nur dass der Verursacher kaum die Konsequenzen spürt. Genau darum landet alles Mögliche in den Kläranlagen unserer Region. In der Kläranlage in Pupping, die das Abwasser von sieben Gemeinden behandelt, sind es zwei bis drei Container voll Müll – pro Woche. Das Handy und die Zahnprothese landen wahrscheinlich aus Versehen dort, aber der Großteil wurde bewusst über die Kanalisation entsorgt.
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