Das G'schäft mit dem Martinigansl
Gegen Stopfleber oder Lebendrupf: glückliche Gänse schmecken besser
OGGAU. Nur ein Viertel der Martinigänse kommt aus Österreich. Die meisten stammen aus Ländern, die es mit der artgerechten Haltung nicht so genau nehmen, wo Lebendrupf und Stopfmast nach wie vor erlaubt sind – neun von zehn Gänsen stammen aus Ländern mit extrem niedrigen Tierschutzstandards.
Glückliche Weidegänse
Dass es auch anders funktioniert, beweist Matthias Siess, einziger Bezirks-Vertreter in der Gemeinschaft „Burgenländische Weidegans“. Seit sechs Jahren tummeln sich seine Gänse in Oggau – 94 Stück hat er heuer großgezogen. „Meine Gänse können im Freien tun und lassen, was sie wollen. Sie liegen nach dem Essen im Schatten und lassen es sich gutgehen“, beschreibt Siess das Leben seines Federviehs.
7 Kilo in einem halben Jahr
Ganz im Gegensatz zu Mastgänsen, die sich auf engsten Raum kaum bewegen können und innerhalb kurzer Zeit gemästet werden. „Meine Gänse brauchen rund 25 Wochen – doppelt so lange wie Mastgänse – um ihr Endgewicht zu erreichen. In dieser Zeit fressen sie Gras und Biofutter“, erklärt Siess. In der Gemeinschaft „Österreichische Weidegans“ werden von der Aufzucht bis zur Schlachtung Parameter wie Feldgröße, Futter und tierärztliche Untersuchungen ausgearbeitet, um die hohe Qualität zu gewährleisten.
Strenge Auflagen
Siess trauert um den Fakt, der einzige „Weidegans-Hüter“ im Bezirk zu sein. „Es gäbe mehr Potenzial. Viele Flächen liegen brach, da wären größere Projekte möglich. Bis jetzt habe ich jedoch keine Partner zur Umsetzung gefunden“, so Siess, der auch selbst bereits ein größeres Feld für seine Gänse gepachtet hat, bei der Umsetzung jedoch vorerst an den Auflagen scheiterte. „Viele machen nicht mit, weil der Aufwand zu hoch ist. Weideflächen wären ausreichend vorhanden, aber die Auflagen sind hoch und kompliziert.“
Hoher Bedarf
Seine Gänse kredenzt Siess allesamt im eigenen Familienbetrieb im Gutsgasthof Herztröpferl. Mit den hauseigenen Weidegänsen kann Siess den Bedarf nicht decken, setzt in der Küche jedoch ausschließlich auf die burgenländische Weidegans.
„Woher die Betriebe ihre Gänse beziehen, ist für Konsumenten nicht ersichtlich. Da muss man nachfragen und auf die Ehrlichkeit des Wirten setzen“, klärt Siess auf.
Kreativität gefragt
Im Gegensatz zu geschmacklichen gibt es bei der Zubereitung kaum Unterschiede. „Weil die Muskeln meiner Tiere ständig in Bewegung sind, ist das Fleisch härter und muss bei weniger Temperatur etwas länger braten, um geschmeidig zu werden.“
Angesprochen auf die verschiedensten Variationen kommt Siess ins Schwärmen. Denn Siess schmeckt die Gans. Nicht nur Leber oder Suppe – im Betrieb gibt es auch Ganslschmalz oder Gansl-grammeln. In der Zubereitung ist Kreativität gefragt. „Zuletzt war das Menü sehr asiatisch angehaucht, da lassen wir uns immer etwas einfallen.“
Das richtige Glaserl
Mehr oder minder alles möglich ist auch bei der Weinbegleitung. „Die Gans hat ein weites Spek-trum. Je nach Gericht passt's vom leichten bis anspruchsvollen Weißwein, aber auch der schwere Rote steht der Gans.“
Deftiger Herbst
Dankbar ist Siess der Gans auch aus wirtschaftlicher Sicht. „Ohne die Gans wäre nicht mehr viel los um diese Zeit. Durch sie wird die Lücke zwischen dem Sommergeschäft und den Weihnachtsfeiern für Gastronomie und Tourismus geschlossen“, ist Siess auch mit dem heurigen Jahr sehr zufrieden. „Auch die Menschen ändern sich in dieser Jahreszeit etwas. Im Herbst geht's auch ein bisschen deftiger.“
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