Pflegegeldstufen
„Alte Leute werden hängen gelassen“

Wolfgang Kramar bei einem Charityevent im Museum Angerlehner. | Foto: PELZL Roland/cityfoto
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Eine 89-jährige Frau aus Hargelsberg suchte um eine Erhöhung des Pflegegeldes an – bisher vergeblich.

HARGELSBERG. Wolfram Kramar aus Hargelsberg ist seit 2006 Mitglied des Lion Clubs Traun. Heute ist er im Vorstand des Vereins tätig. Der Grundstein für sein Engagement für sozial bedürftige Menschen wie auch für ältere Menschen entwickelte sich nach einem schweren Unfall. Dieser hätte für den ehemaligen Wirtschaftsjuristen ein Leben im Rollstuhl bedeuten können. „Das war für mich ein sehr einschneidendes Erlebnis“, sagt Kramar im Rückblick. Seither setzt er sich für Menschen ein, die Hilfe benötigen. So aktuell für ein älteres Paar in Hargelsberg – ein 88-jähriger Mann und seine 89-jährige Frau.

Antrag abgelehnt

Im Herbst letzten Jahres wurde der Dame der Antrag zur Einstufung auf Pflegestufe drei abgelehnt. Trotz mehrere gesundheitlicher Beschwerden und einer entzündeten Hüfte, die bei der Operation von einem Keim infiziert wurde, ist der Antrag nicht genehmigt worden. Das Gesetz besagt, dass betroffenen Menschen bei zu niedriger Einstufung die Entscheidung des Gerichts überprüfen lassen können. Ist man damit nicht einverstanden, kann gegen den Bescheid eine Klage eingebracht werden. Das Recht auf eine Höherstufung der Pflegestufe kann nämlich erst nach einem halben Jahr erneut angefordert werden. Ist eine Höherstufung schon früher notwendig, wie in diesem Fall, muss eine Klage von den betroffenen Personen eingereicht werden. Dies machte Wolfram Kramar im Dezember 2018 beim Sozialgericht in Steyr.

„Eine bodenlose Frechheit“

„Seither warten wir vergeblich auf ein Gutachten. Mittlerweile hat sich ihr Zustand auch so verschlechtert, dass sie nur mehr im Bett liegt, nicht selber essen oder gehen kann und auf eine 24-Stunden-Hilfe angewiesen ist. Das verursacht monatlich immense Kosten", erzählt Kramar, „Sogar ein festgelegter Termin am 15. Mai wurde von dem Gutachter nicht eingehalten und das ohne vorher Bescheid zu sagen“. Seine Frage lautet nun, warum es in solchen Fällen keine gesetzlich vorgegebene Frist für die ärztlichen Gutachter gibt: „Meiner Meinung nach ist das eine bodenlose Frechheit von Seiten des Gerichts, dass die alten Menschen da so hängen gelassen werden und auf das eigene Ersparte zurückgreifen müssen – falls das überhaupt vorhanden ist.“

Zu wenig ärztliche Gutachter

Laut dem Landesgericht Steyr obliegt es dem Richter, ob und welche Fristen gesetzt werden – meist finde das Gutachten in innerhalb vier bis fünf Monaten statt. „Die Knappheit der Gutachter spielt hierbei eine wesentliche Rolle. Man muss bedenken, dass die Sachverständiger auch andere Gutachten durchführen und das meist auf mehreren Landesgerichten. Außerdem braucht man dazu Allgemeinmediziner oder besonders fachkundige Personen, die hauptberuflich in ihrer Praxis tätig sind“, so Christoph Mayer vom Landesgericht Steyr. In Steyr gäbe es genau zwei Ärzte die nebenbei als Sachverständiger tätig sind. Aus diesem Grund sei es nicht möglich, dass ein Gutachten in nur wenigen Tagen von statten geht. „Eine Fristsetzung an die Gutachter von maximal sechs Wochen würde die Verfahrensdauer meines Erachtens, auf Grund der anderen notwendigen Schritte eines Sozialverfahrens, nicht wesentlich verkürzen“, so Kurt Haberbauer, Sozialreferent des oberösterreichischen Seniorenbundes. Dieses Problem könne nur durch mehr Geld für die Justiz gelöst werden: „Einerseits benötigt es mehr Personal bei den Gerichten und eine damit schnellere Abwicklung der administrativen Tätigkeiten. Andererseits würden höhere Honorare für Gutachten eine Attraktivierung der Gutachtertätigkeit mit sich bringen“, heißt es von Haberbauer.

Pflegegeldstufen

• Pflegestufe eins
Es besteht mehr als 65 Stunden pro Monat Pflegebedarf. Die Höhe des monatlichen Pflegegeldes beträgt 157,30 Euro.

• Pflegestufe zwei

Es besteht mehr als 95 Stunden pro Monat Pflegebedarf. Die Höhe des monatlichen Pflegegeldes beträgt 290 Euro.

• Pflegestufe drei

Es besteht mehr als 120 Stunden pro Monat Pflegebedarf. Die Höhe des monatlichen Pflegegeldes beträgt 451,80 Euro.

• Pflegestufe vier

Es besteht mehr als 160 Stunden pro Monat Pflegebedarf. Die Höhe des monatlichen Pflegegeldes beträgt 677,60 Euro.

• Pflegestufe fünf

Es besteht mehr als 180 Stunden pro Monat Pflegebedarf. Die Höhe des monatlichen Pflegegeldes beträgt 920,30 Euro. Außerdem besteht die Notwendigkeit der dauernden Bereitschaft oder der regelmäßigen Nachschau durch eine Pflegeperson oder von mehr als fünf Pflegeeinheiten (auch in der Nacht)

• Pflegestufe sechs

Es besteht mehr als 180 Stunden pro Monat Pflegebedarf. Die Höhe des monatlichen Pflegegeldes beträgt 1.285,20 Euro. Außerdem besteht die Notwendigkeit der dauernden Anwesenheit einer Pflegeperson wegen Eigen- oder Fremdgefährdung oder von Betreuungsmaßnahmen bei Tag und Nacht.

• Pflegestufe sieben
Es besteht mehr als 180 Stunden pro Monat Pflegebedarf. Die Höhe des monatlichen Pflegegeldes beträgt 1.688,90 Euro. Der zu pflegenden Person ist eine zielgerichtete Bewegung der Arme und Beine nicht möglich oder ein gleich zu achtender Zustand liegt vor.

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