Ein volles Boot, auf dem jeder seinen Platz hat

ASTEN. Zehn Meter lang und sieben Meter hoch wurde das Schiff, das die Bewohner des Caritas-Hartlauerhofs, einer Einrichtung für wohnungslose Männer, im Garten gebaut hatten. Dabei ging es darum, aus altem, scheinbar wertlosem Material etwas Neues und Wertvolles zu schaffen – ein Grundsatz, der für alle Kunst- und Gebrauchsobjekte gilt, die in der Werkstatt des Hartlauerhofs geschaffen werden. Die Bewohner, die selbst oft als „wertlos“ betrachtet werden, zeigen so, dass sie etwas können und zu unserer Gesellschaft dazugehören. Menschen aus der Umgebung der Einrichtung hatten noch verschiedene originelle Dinge gebracht, um das Schiff auch richtig auszustatten: von einem Herrn aus Asten, der 40 Jahre auf einem Donauschiff gearbeitet hatte, wurden ein echter Anker und ein Bullauge beigesteuert, ein Mitglied der Wasserrettung Pichlinger See brachte einen Rettungsring vorbei.

Auf dem Schiff wurden außerdem zwölf Metalltafeln angebracht, auf denen die zwölf „Archetypen“ nach C. G. Jung dargestellt sind. Archetypen sind Urbilder von verschiedenen Menschen, die im kollektiven Unterbewusstsein verankert sind. „Diese Darstellungen spiegeln wieder, was wir mit dem Schiff symbolisieren wollen“, erklärt Ulrich Volmer, Leiter des Hartlauerhofs. „Unser Schiff soll ein Ort sein, wo jeder seinen individuellen Platz im Gemeinsamen immer wieder auf neue finden kann. Eine tolerante Gesellschaft setzt voraus, unterschiedlichen Personen und Kulturen ein geistiges und auch physisches Obdach zu geben.“
Astens Bürgermeister Karl Kollingbaum taufte das Schiff auf den Namen „TreibGUT“ – selbstverständlich fachgerecht mit einer Flasche gegen den Schiffsbug. In sommerlicher Atmosphäre feierten dann Gäste und Bewohner gemeinsam die Taufe mit „maritimer“ Begleitmusik: zu hören gab es Schlager und Songs der Seefahrt – von „Ein Schiff wird kommen“ bis hin zu „Seemann“ von Freddy Quinn, zu sehen gab es Stummfilme mit Buster Keaton und aus dem Schiffsbauch klangen Kapitäns-Erzählungen. Die Bewohner sorgten für die Bewirtung und so wurde die Schiffstaufe selbst ebenso zu einem Symbol der Gemeinschaft von unterschiedlichen Menschen, die alle ihren Platz und Respekt verdienen.