Ein bewegtes Leben

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ENNS. "Karl, gut, dass du da bist, ich brauch dich." Die Köchin im Ennser Wirtshaus begrüßt Karl Haider und hat gleich einen Auftrag für ihn. "Ist in Ordnung, bis Sonntag sind deine Messer frisch geschliffen", versichert Haider, den hier jeder kennt. Das Ennser Original, das heuer seinen 80. Geburtstag feierte, ist auch im Alter noch sehr aktiv. "Ich bin grad dabei, mir ganz allein eine neue Zille zu bauen. Im Frühling soll sie einsatzbereit sein", sagt der Pensionist. "Das Wasser war immer mein Element." Schon als Kind begann Karl, Fische beim Tauchen mit der Hand zu fangen – eine Kunst, die er bis heute beherrscht. "Ich musste damals, kurz nach dem Krieg, meine jüngeren Geschwister versorgen. Wir haben auch Bisamratten gegessen, die haben ein sehr schmackhaftes, rötliches Fleisch." Karls Mutter war an den Spätfolgen einer Vergewaltigung durch russische Soldaten gestorben. 1951 jagte die überforderte Stiefmutter alle Kinder aus dem Haus. Der 18-jährige Karl trat der in Vorarlberg stationierten Fremdenlegion bei. "Dort war ich mit Freddy Quinn zusammen, der abends kleine Konzerte gegeben hat. Bevor die Truppe nach Afrika zog, haben Freddy und ich den Dienst quittiert."

"Zurück in Enns hatte ich eine harte Zeit, hab unter der Ennsbrücke geschlafen und mir Gewand und Schuhe auf Raten gekauft." 1956 lernte der junge Mann seine Frau kennen. "Die Leute haben ihr abgeraten, aber letztlich hat sie die Heirat nicht bereut", schmunzelt Haider. Nach einem Gastspiel als Koch auf der Kraftwerksbaustelle Kaprun und verschiedenen Tätigkeiten am Bau lernte Karl Haider das Bodenlegerhandwerk mit Spezialisierung auf Steinholz, Terrazzo und Estriche. Anfang der 60er-Jahre eröffnete der Handwerker seinen eigenen Betrieb. "Am Anfang bin ich zu den Baustellen mit Moped und Anhänger gefahren." Bald bekam die Firma mit vier bis zehn Mitarbeitern große Aufträge, zum Beispiel für Spezialestricharbeiten im Linzer und Ennser Chemiewerk. "Manchmal hab ich eine Woche lang kein Bett gesehen, hab nur stundenweise im Auto geschlafen. Tagsüber wurde betoniert und in der Nacht geglättet und verdichtet."

"1978 hab ich mir dann gesagt, so, Karl, jetzt leistest dir einmal was." Haider erwarb das internationale Schiffsführerpatent und traf dabei einen Namensvetter. "Der Jörg Haider war mit mir im Kurs, ein sehr intelligenter Mann." Mit seiner ersten selbstgebauten Zille schipperte das Ennser Original bis zum Schwarzen Meer und traf dabei unter anderem auf trinkfreudige Zöllnerinnen, Panzer, die durch die Donau fuhren, und Hirtinnen, die auf Schweinen ritten. Einige Jahre später, nachdem er seinen Bodenlegerbetrieb an einen seiner Söhne übergeben hatte, war Karl Haider auch beruflich am Wasser unterwegs. "Auf Initiative von Gastwirt Häubl und Willi Breitenfellner ist die regelmäßige Radfähre zwischen Enghagen und Mauthausen entstanden. 16 Jahre lang war ich Fährmann und erklärte den Passagieren Vieles über die Donau und die Stadt Enns." Der Vater von fünf Kindern hätte noch viel zu erzählen, doch die Arbeit – Messer schleifen und Zille bauen – ruft den 80-jährigen wieder. "Gscheid bin ich nicht", meint Karl Haider, "nur können tu ich viel!"

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Foto: Cityfoto
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