Hiebe und ihre Folgen

- Schläge, Hiebe und Demütigung von Erwachsenen hinterlassen Spuren auf den Kinderseelen mit späten Folgen
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G’sunde Watsch’n oder regelmäßige Schläge: Jedes zweite Kind hat dies bereits erlebt, mit späten Folgen.
Ärzte und Psychologen sind laufend damit konfrontiert: Gewalt an Kindern. Und: Wenn Kinder leiden, bleiben Folgeschäden bis ins Erwachsenenalter. Psychologe Martin Sakrausky gibt Einblick: „Während Ohrfeigen und Schläge sichtbare Spuren hinterlassen, sind seelische Gewalt wie Drohungen und Vernachlässigung oder sexueller Missbrauch schwieriger zu erkennen.“ Dabei können permanente Demütigungen wie „Du bist nichts wert“ oder „Dich wollte ich nie“ genauso eine verletzte Seele hinterlassen.
Körperliche und seelische Gewalt kann psychosomatische Leiden hervorrufen. Folgen wie Bettnässen, Migräne oder Konzentrationsschwierigkeiten kommen häufig vor. „Je nach Charakter reagieren Kinder mit sozialem Rückzug oder aggressivem Verhalten“, erklärt Sakrausky. Bei Mädchen äußert sich das in Unsicherheit und Selbstverachtung bis zu Selbstverletzung wie Ritzen. Buben zeigen Akzeptanz von Gewalt, auffälliges Dominanzverhalten sowie abwertendes Verhalten gegenüber Mädchen.“
Untersuchungen zeigen, dass Frauen, die als Kind Gewalt durch den Vater erlebt haben, später einen Partner wählen, der dem Vater ähnlich ist. „Hier werden erlebte Beziehungsmuster der Eltern auf das eigene Beziehungsleben übertragen.“ Dieses Muster kann über Generationen weitergehen. „Eltern, die ihre Kinder schlagen, erzählen mir häufig, dass sie selbst eine schwere Kindheit hatten.“
Gewalt und Missbrauch kommen in allen sozialen Milieus vor, wobei Familien in denen es Probleme mit Alkohol, Arbeitslosigkeit, Drogen oder Krankheit gibt, besonders gefährdet sind. Sakrausky: „Die Täter sind zum Großteil männlich, die Opfer meist weiblich.“ Er erlebt in Gesprächen immer wieder, dass speziell Menschen, die sich im Alltag sehr kontrolliert verhalten, unter Alkoholeinfluss einen Kontrollverlust erleiden.
Die Signale richtig deuten!
Wie kann ich erkennen, dass ein Kind in meinem Umfeld misshandelt wird? Nicht nur Eltern oder Familienmitglieder, auch Personen im Umfeld sollten Anzeichen erkennen können. „Auffällig ist es, wenn Kinder öfter an unüblichen Stellen verletzt sind, die nicht von Unfällen beim Spielen sein können“, so der Experte. Brandwunden, Blutungen, Blutergüsse, Striemen oder blaue Flecken, speziell am Hals, auf den Händen oder dem Rücken, können Hinweise sein.
„Wenn der Verdacht besteht, dass ein Kind misshandelt wird, muss man eingreifen“, fordert Sakrausky auf. Bei Auffälligkeiten im Verhalten wie sozialer Rückzug, plötzlich auftretende Ängste oder schulische Probleme sollte man das Kind vorsichtig ansprechen. Direkte Fragen wie „Schlagen dich deine Eltern“ sind tabu. Besser: „Wie geht es dir? Möchtest du mir etwas erzählen?“
Oft hilft es auch bei Eltern, Lehrern oder im Kindergarten nachzufragen. Hinweise sammeln und Fakten vorsichtig beurteilen. Bestehen Zweifel, können Experten von Beratungsstellen zu Rate gezogen werden.
Man soll Anzeige erstatten
Für Ärzte gibt es eine Anzeigepflicht, wenn ein Verdacht auf Missbrauch oder Misshandlung vorliegt. „Auch Privatpersonen sind zur Anzeige berechtigt und sollten das auch tun, wenn Gefahr in Verzug ist“, rät Sakrausky. Es macht einen Unterschied, ob man den Täter nur flüchtig kennt oder es sich um ein Familienmitglied handelt. „Gewalt gegen Kinder ist ein Hilferuf.“ Man kann den Täter vorsichtig fragen, ob er Hilfe benötigt. „Setzt man ihn unter Druck, kann das die Gewalt sogar noch steigern“, warnt Sakrausky.
Kontakt: Kinder- und Jugendanwaltschaft, Tel.: 05 0536-31 355;
www.kija.at, E-Mail: kija@ktn.gv.at.
In Zahlen:
Eine aktuelle Umfrage der Kärntner Kinder-& Jugendanwaltschaft zeigt, dass 4 von 10 Kindern Erfahrungen mit Gewalt machen.
Von den 579 befragten Kindern …
• … machten 235 (40,6 Prozent) bereits Erfahrung mit der so genannten „gesunden Watsche“.
• … wurden 154 (26,6 Prozent) an den Haaren gezogen.
• … haben 82 Kinder (14,2 Prozent) eine Kopfnuss erhalten.
In Österreich werden jedes Jahr rund 700 Sexualdelikte an Kindern unter 14 Jahren angezeigt.
Autorin: Anja Skribot
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