„Die Bayern zogen alle übern Tisch!“

Ex-Hypo-Vorstand und Aufsichtsratschef Wolfgang Kulterer im WOCHE-Interview
  • Ex-Hypo-Vorstand und Aufsichtsratschef Wolfgang Kulterer im WOCHE-Interview
  • hochgeladen von Vanessa Pichler

WOCHE: Sie werden sich unschuldig bekennen?
Kulterer: Ja. Es liegen genügend Argumente und Unterlagen vor, dass es gerade im Fall Styrian Spirit ein Landesunternehmen war, das da finanziert wurde.

Im Fall Styrian Spirit wirft Ihnen die Staatsanwaltschaft vor, dass Sie den 2-Mio.-Kredit in Kenntnis der schlechten Lage vergeben haben.
Den Kredit der Österreich-Tochterbank konnte ich gar nicht vergeben, weil ich gar nicht Vorstand in dieser Tochterbank war. Abgesehen davon hätte jede Bank diesen Kredit vergeben. Denn es lagen positive Gutachten, eine Gesellschafterhaftung über das Land Kärnten und Zusagen des Landes Steiermark vor.

Im Fall Guggenbichler hat sich die HB Österreich, die den 150.000-Euro-Kredit vergeben hat, sogar bei Ihnen, der HB International, rückversichert, weil das Risiko so hoch war …
Auch diese Kreditvergabe war gerechtfertigt. Es gab die klare Aussage auf entsprechende Aufträge und damit Einkünfte. Guggenbichler hat auch seine Kreditraten über lange Zeit pünktlich getilgt.

Solche Fälle sind Tagesgeschäft?
Es fällt schon auf, dass bewusst die zwei einzigen Fälle herausgezogen wurden, bei denen der Name Haider vorkommt. Jeder Kredit, egal von welcher Bank, ist immer auch ein Risiko, sonst würden wir ja keine Banken brauchen. Und jede Bank hat immer auch Kreditausfälle. Ich werde mich daher nicht scheuen, die beiden Fälle bis zum Obersten Gerichtshof zu treiben. Weil wenn das Fälle sind, die sogar einen Aufsichtsrat in die Privathaftung ziehen, kann kein Bankmitarbeiter mehr einen Kredit vergeben.

Sind denn Aktenvermerke, in dem die Tochter – HB Österreich – die Konzernmutter zur Haftung heranzieht, normal?
Wenn die Auftragslage des Klienten wie in diesem Fall mit Aufträgen aus der Hypo Int. zusammenhängt, dann kann man so was machen.

Zum Vorwurf, Sie hätten vor dem U-Ausschuss 2007 falsch ausgesagt: Sie sagten, vor dem 19. 2. 2007 habe es kein Gespräch mit der Bayern LB gegeben. Deren Ex-Chef sagte, es gab Gespräche, am 19. 1. 2007.
Wenn man auf die Ebene geht, dass jedes Gespräch mit einem Bankdirektor ein Vergehen ist, dann wird das Ganze lächerlich. Entscheidend ist, ab wann es eine konkrete Kaufabsicht der Bayern gab und die lag erst Ende März mit dem „Letter of Intent“ (LOI, Absichtserklärung, Anm.) vor. Das ist also nur politisches Theater, das da abgezogen wird.

Sie bezeichnen sich als „Bauernopfer“.
Ja, denn die Jahre 2006 bis 2010 werden in der Öffentlichkeit totgeschwiegen. Obwohl die Bayern LB als Haupteigentümer der Hypo ein gigantisches Wachstum von 12 Mrd. verordnet, auf volles Risiko gesetzt hat und damit für die Probleme der Hypo verantwortlich ist.

Wie sind denn die Milliardenverluste entstanden?
Das ist bei allen Banken im ganzen Osten so. Es hat ja nicht nur die Hypo die Probleme mit den Immobilienwerten. Durch eine von Hypo-Vorstand Pinkl beauftragte Bewertung am Höhepunkt der Wirtschaftskrise entstanden am Papier riesige Verluste – 90 Prozent davon wurden aber nie realisiert. Hätte man die Erholung von der Wirtschaftskrise abgewartet, wären gänzlich keine Kapitalverluste passiert.

Trotzdem haben sich Raiffeisen (RBI) und Erste gut gehalten – anders als die Hypo.
Raiffeisen-Boss Stepic hat in einem Interview bekannt gegeben, dass die faulen Kredite der RBI im Ostgeschäft auf 10 Prozent angewachsen sind und weiter steigen. Bei der Hypo sind es 14. Bei Raiffeisen ist das aber kein Problem – warum? Weil immer Kapitalaufstockungen stattgefunden haben, die Hypo hat von ihrem Eigentümer nie Kapital bekommen.

Das zeigt, dass das Risiko bei der Hypo enorm hoch war.
Vor der Krise hat niemand von Risiko in dieser Region gesprochen. Alle wollten dorthin. Weil der Boom da war. Die Preise werden wieder steigen.

Sie hätten ab 2006 die Bank anders geführt?
Ich hätte zuerst die Mängel, die im Zuge der „Due Diligance“ (Prüfung vor dem Verkauf, Anm.) aufgetaucht sind, aufgearbeitet und erst dann wieder mit dem Wachstum begonnen. Die Bank wurde aber von den Bayern bis Ende 2008 mit Vollgas gefahren, dann hat man die Handbremse gezogen. Der Herr Pinkl ist elf Monate in der Bank gesessen, hat nichts entschieden, nur 62 Mio. Beratungskosten produziert. Das muss man erst zusammenbringen.

Ihnen wird vorgeworfen, die Kroatiengeschäfte mit Beziehungen zu Kriminellen hochgezogen zu haben.
Dagegen verwehre ich mich schärfstens. Ich komme in diesen Kreisen niemals, auch nicht mit meinem Namen, vor. Das bestätigen sogar die Ermittler.

Es gibt viele Indizien, dass die Hypo mit solchen Kreisen Geschäfte gemacht hat.
Die Länderverantwortung für Kroatien hatte Kollege Striedinger. Was dazu in diesem Buch von Schneider verbreitet wird, ist reine Lüge und Erfindung.

Woher kommen dann die ganzen Vorwürfe?
Ich glaube, dass vieles politisch getrieben ist, in Österreich und in Kroatien.

Wie ist der Umgang mit den Ermittlern?
Ich leiste jeden Beitrag, den ich kann, um die Dinge aufzuklären. Wo es Verfehlungen gegeben hat, soll es Konsequenzen geben. Es kann aber nicht sein, dass ein Mensch für 8.000 Mitarbeiter den Kopf hinhält. Das würde heißen, ich hätte 8.000 Roboter oder 8.000 dressierte Affen beschäftigt. Ich stehe dafür grade, dass die Wahrheit auf den Tisch kommt – und sie ist sehr viel anders als kolportiert wird.

Vorstellbar, dass Sie als Kronzeuge aussagen würden?
Die Kronzeugenregelung ist für mich völlig uninteressant.

Das Schlosshotel wurde zum Millionengrab.
Der Betreiber war eine Fehlentscheidung, er hat den Ruf in den ersten sechs Monaten kaputtgemacht. Wenn der richtige kommt, wird es funktionieren.

Sie sagen, die Hypo-Verstaatlichung war ein Fehler.
Und der aufgetauchte Kaufvertrag zwischen Republik und Bayern gibt mir nun voll Recht! Die Bayern haben der Hypo vor der Notverstaatlichung gezielt Kapital von mehr als einer Milliarde entzogen und damit die Hypo in die Pleite gedrängt. Durch die Verstaatlichung wurden sie dafür dann auch noch belohnt. Denn der österreichische Steuerzahler haftet nun für Milliarden der deutschen BayernLB. Bei einer Insolvenz oder staatlichen Aufsicht wäre das Geld der BayernLB als Eigenkapital der Hypo gewertet worden und damit für die Bayern weg gewesen.

Darüber schwebt ein Schreckgespenst: Das Land Kärnten haftet für die Hypo mit 19 Milliarden.
Dieses Schreckgespenst haben die Bayern den Österreichern eingeredet. Ein völliger Quatsch. Das sind nämlich Ausfallshaftungen, die bis ins Jahr 2017 gelten. Man hätte daher die Bank unter Staatsaufsicht stellen müssen, dann erst mit den Bayern verhandeln dürfen und bis ins Jahr 2017 Zeit gehabt, die Bank zu verwerten und zu sanieren. Die Ausfallshaftungen wären also nie schlagend geworden.

Gehen Sie davon aus, dass die Hypo zwischen Raiffeisen und Erste aufgeteilt wird?
Ich glaube, die ist schon aufgeteilt. Das ist lange ausgeredet.

In der „Zeit“ wird über Abhörprotokolle berichtet, wonach Sie sich Liaisonen in London und anderen Metropolen nicht mehr leisten könnten …
Es ist in den Abhörprotokollen nachzulesen, dass ich mich von meiner Lebensgefährtin im Herbst des Vorjahres getrennt habe, weil ich mir in London den Aufenthalt nicht leisten konnte, weil meine Geschäftsbasis komplett zerstört wurde. Ich habe meine Familie und meine Beziehung verloren – Was soll das also, das ist unter jeder Gürtellinie.

Die Notverstaatlichung vor gut einem Jahr wurde als „Rettung“ gefeiert.
In Wahrheit haben die Bayern alle über den Tisch gezogen. Die haben die Hypo bewusst fallen gelassen, weil sie selbst 80 Milliarden an Wertpapieren abschreiben mussten.

Und das Land hat mitgejubelt bei der Verstaatlichung …
Das Land Kärnten hat netto in den letzten sieben Jahren 900 Millionen Euro aus der Hypo bekommen. Ich kann Ihnen Hunderte Beispiele sagen, welche Projekte in dem Land ohne Hypo nicht existieren würden. Ich finde das so unfair – jetzt schauen die Politiker zu wie die Hypo kaputtgemacht und an die Großbanken verscherbelt wird. In drei Jahren wird es die Hypo nicht mehr geben.

Interview: Uwe Sommersguter

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