,Ohne Krise wäre das nicht möglich‘
EU-Kommissar Hahn über die Entwicklung schwacher Regionen und blöde Politiker.
EU-Regionalkommissar Johannes Hahn auf Kärnten-Besuch und im WOCHE-Gespräch.
WOCHE: Ziel der Regionalpolitik ist es, das Ungleichgewicht zwischen einzelnen Regionen in der EU zu beseitigen – davon ist man ja, wenn man sich etwa Griechenland anschaut, weit entfernt.
HAHN: Natürlich, das ist ein hehres Ziel, aber wenn man sich die nächste Förderperiode anschaut, werden mindestens 16 Regionen in einer niedrigeren Förderkulisse sein – das heißt, dass 35 Mio. Menschen ein höheres Wohlstandsniveau haben. Das ist nicht ausschließlich, aber auch auf die Regionalpolitik zurückzuführen.
275 Mrd. stehen zwischen 2007 und 2013 zur Verfügung. Ist das Geld immer gut investiert?
Ich würde sagen: Ja. Natürlich kann man für mehr als zwei Mio. Projekte keine Garantie abgeben, dass sie immer der Weisheit letzter Schluss sind. Wir sind sehr dahinter, dass die Mittelverwendung korrekt stattfindet. Und wir haben auch aus der Vergangenheit gelernt: zwei Drittel der Gelder sind für bestimmte Themenkreise zu verwenden. Beim nächsten Mal wollen wir das noch viel stärker an die Europa 2020-Strategie binden.
Sie sagten einmal, über die reine Mittelverwendung für Infrastrukturmaßnahmen sind Sie nicht glücklich – etwa in Spanien.
Unterentwickelten Regionen geben wir Geld, damit sie in Infrastruktur investieren können. Aber ich leiste auch für diese Länder Überzeugungsarbeit: Wenn sie nur Autobahnen bauen, dann wird sich die Wirtschaft schön entwickeln, aber keiner fährt drüber. Ich muss mehrfach ansetzen – deswegen bringen wir uns stärker ein. In Griechenland geht es um die Verbreiterung der wirtschaftlichen Basis, damit es nachhaltig lebensfähig ist. Das ist, was in der Vergangenheit versäumt wurde.
Der Wachstumsmotor in Europa kommt zum Stillstand – wie groß sind Ihre Sorgen, gibt es Gegenrezepte?
Sorgen hat man zwangsläufig, aber wir haben auch viele Optionen und Potenziale. Viele Maßnahmen wirken nicht von heute auf morgen – Cluster-Strukturen, die in Ländern Österreichs erfolgreich verfolgt werden und die wir nach Griechenland exportieren werden.
In Italien regieren jetzt ausschließlich Nicht-Politiker – ein Modell für andere Länder?
Entscheidend ist, dass eine Regierung auch einen entsprechenden Rückhalt im Parlament hat. Ich würde davor warnen, zu sagen, alle Nicht-Politiker sind g’scheit und alle Politiker blöd. Das wäre eine Schwarz-Weiß-Malerei.
Viele machen sich berechtigte Sorgen um den Euro.
Es gibt keine Alternativen. Der Euro ist nicht gefährdet, einige Volkswirtschaften haben Schwierigkeiten. Die Entkoppelung einer gemeinsamen Währung ohne gemeinsame Wirtschaftspolitik ist nicht haltbar à la longue. Wir haben jetzt Integrationsschritte gemacht, die ohne Krise gar nicht möglich gewesen wären.
Zur Sache - Kärnten:
Johannes Hahn über Kärnten:
Zum Wettbewerb der 271 Regionen in der EU:
„Kärnten ist ganz gut aufgestellt. Was mir sehr gefällt ist die hohe Forschungsquote, hier ist Kärnten an der Spitze, was den Anteil der Privatwirtschaft anbelangt. Das ist ein gutes Signal. Der Weg, den Kärnten mit EU-Landesrat Martinz und seinen Kollegen beschreitet – eine stärkere Zusammenarbeit mit Slowenien und den italienischen Regionen – ist sicher der richtige. Das sind die Absatzmärkte der nahen und mittleren Zukunft.“
Zum Vergleich von Ministerin Fekter mit Griechenland:
„Da hat es Probleme in der Vergangenheit gegeben; die brauchen wir gar nicht leugnen, aber wir müssen in die Zukunft schauen. Kärnten ist von den sonstigen Kennziffern de facto so stabil um nachhaltig erfolgreich zu sein.“
Autor: Uwe Sommersguter
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