Bilanz Teil 2
Das sagen die Floridsdorfer nach einem Jahr Parkpickerl
Zuletzt haben wir schon einen ersten Blick auf die Meinung unserer Leserinnen und Leser zum Thema Parkpickerl geworfen. Jetzt folgt der zweite Teil der Einsendungen aus Floridsdorf.
WIEN/FLORIDSDORF. Seit über einem Jahr begleitet das Parkpickerl nun auch die Menschen in Floridsdorf. Während zuletzt die politischen Parteien ihr Resümee über das erste Jahr gezogen haben, kommen jetzt die Floridsdorfer Leserinnen und Leser zu Wort. Dabei zeigt sich, warmgeworden mit dem Pickerl sind bei weitem nicht alle Menschen im 21. Bezirk.
"Aus meiner Sicht ist es eine nicht angemessene Bevormundung der Wiener Bürger sie mit aller Gewalt auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel 'umzuerziehen'," kritisiert Michael Schulz. Ein Bekannten- oder Verwandtenbesuch mit dem Auto in einem anderen Bezirk sei von Montag bis Freitag mit einer gesetzlich verordneten „Besuchs-Abgabe“ zu vergleichen. Nicht alle Wiener Bewohner sind jung und fit, viele sind trotz, zugegeben nicht schlechten Öffi-Netz in Wien, auf das Auto angewiesen.
"Die Öffi-Intervalle nach 20 Uhr sind auch nicht einladend anstelle des Autos die Öffis zu benutzen", so der Floridsdorfer. Fast alles sei machbar, aber z.B. um 23 Uhr vom 23. in den 21. Bezirk zu kommen gleiche einer Odyssee.
Einfluss aufs Vereinsleben
Auch auf die Vereine im Bezirk hat das Pickerl Einfluss. Das berichtet auch Werner Bichler: "In unserem Turn- und Fitnessverein haben wir seit der neuen Parkpickerlverordnung einige langjährige Clubmitglieder aus anderen Bezirken und aus Niederösterreich leider verloren." Die Zeitplanung sei für viele nicht mehr machbar.
"Daher wäre es nach unserer Erfahrung lebenswerter, allgemein geschäfts – und familienfreundlicher, die Pickerlgültigkeit auf mindestens drei Stunden und bis maximal 19 Uhr zu ändern", regt der Floridsdorfer an.
Für Don Alfredo hat das Pickerl seine Tücken mit sich gebracht: "Es nur ein Abkassieren der Bürger. Ich habe einen fixen Parkplatz und nehme mir deshalb kein Parkpickerl. Aber ich fahre in Floridsdorf deshalb nicht mehr zum Heurigen, stattdessen eben nach Hagenbrunn, und das machen auch viele Andere bzw. Freunde."
Es brauche zumindest eine Verkürzung der Kurzparkzonen bis maximal 19 Uhr und eine Verlängerung der Parkdauer auf drei Stunden, fordert auch er.
Entschärfte Hotspots, aber ...
Das Parkpickerl habe „Hotspots“ entschärft, betont Herr Wawra, dann aber folgt ein großes "aber": Es ist reine Abzocke, denn man hätte, um Pendler auszuschließen, analog zu den Anrainerparkplätzen, Wien kostenfrei zur Anrainerzone machen können." In Außenbezirken sei der generelle Sinn zu hinterfragen.
Zudem ärgert sich Wawra, dass gewonnenen Parkplätze wieder rückgebaut werden. Zudem sei das Parkpickerl familienfeindlich: "Wenn eine Familie mit Kleinkindern und Kinderwagen die Eltern, Großeltern etc. besuchen will, sind zwei Stunden Parkdauer ein Witz."
"Auch für uns ist das Parkpickerl eine große Enttäuschung. Wir wohnen in der Trillergasse und es ist außerhalb der Geschäftszeiten kaum möglich einen Parkplatz zu bekommen. Ab Freitag ist alles vollgeparkt mit Firmenfahrzeugen bis Montag früh", betont Familie Wopaterny. Gerade am Wochenende möchte man Ausflüge machen oder Einkäufe.
Komplizierter Familienbesuch
"Wir sind eine Großfamilie und die Kinder haben auch Parkpickerl für den 21. Bezirk, finden aber zum Wochenendbesuch kaum Parkplätze. Ich habe zum Glück einen Garagenplatz. Habe extra das Parkpickerl genommen, mich rechtzeitig schon rauszustellen, um meinen Garagenplatz meinen Kindern zu überlassen, wenn sie uns abends besuchen möchten" so Nina Wopatern.
Das Parkpickerl richte sich nicht nur gegen Autos ohne Wiener Kennzeichen, sondern gegen alle Autos aus den anderen 22 Wiener Bezirken, beklagt Vera Pummer. "Mehr Lebensqualität ist es sicher nicht, wenn man seine Verwandten in anderen Bezirken nicht mehr gebührenfrei und unbegrenzt besuchen kann."
Statt bisher 9 bis 22 Uhr, würde es durchaus von 9 bzw. 10 Uhr bis 19 Uhr genügen, um die Dauerparker aus anderen Bezirken/Bundesländern und aus dem Ausland fernzuhalten, findet Andrea Brandt-Schrenk. Das Parkpickerl sollte allerdings auch für Zweitwohnbesitzer und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Firmen im jeweiligen Bezirk erwerbbar sein.
Schlechte Zeiten
"Es ist eine absolute Frechheit in Zeiten wie diesen, mit Teuerung, Inflation und Krisen ohne Ende, auch noch ein Parkpickerl einzuführen", so Claudia Weiss. Eine Frechheit sei es, dass den Menschen vorgaukelt werde, dass das Parkpickerl nur 10 Euro im Monat kosten würde. Das stimmen aber nicht. Denn die Bearbeitungsgebühr von 45 Euro werde jedes Mal zusätzlich verrechnet.
Weiters sei es nicht in Ordnung, dass im 21. Bezirk das Parkpickerl bis 22 Uhr gelte: "Was bitte ist der Grund hierfür? Haben die Geschäfte jetzt bis 22 Uhr geöffnet? Wenn schon Parkpickerl, dann sollte es wenigstens für ganz Wien gelten und nicht nur bezirksweise", so Weiss abschließend.
Den Jubel mancher Bezirkspolitiker über die Einführung des Parkpickerls gar nicht nachvollziehen, könne Margret Machowetz: "Wir Bürger sollen Autos kaufen, tanken oder laden, damit die Wirtschaft floriert. Aber fahren sollen wir mit den Autos nicht. Wir sollen das Parkpickerl erwerben, aber immer mehr Parkplätze werden unter fadenscheinigen Vorwänden vernichtet."
"Öffis keine Alternative"
In diesem Zusammenhang denkt die Floridsdorferin vor allem an die Schleifgasse und den Kinzerplatz. Dazu komme, dass durch diverse aktuelle Bauprojekte nicht nur Parkplätze vernichtet, sondern dass zukünftige Bewohner dieser Bauten das Problem noch verschärfen würden.
"Die öffentlichen Verkehrsmittel sind keine Alternative zum Auto, weil sie stets überfüllt sind, von einem Sitzplatz gar nicht zu reden. Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt, werden wir uns wohl mit den öffentlichen Verkehrsmitteln bzw. mit dem zusammenklappbaren Elektrofahrrad zu unseren Autos quälen müssen, die sich irgendwo im Bezirk befinden", so Machowetz.
"Es gibt nach wie vor Gassen, wo es weder Vormittag noch Nachmittag oder am Abend Parkplätze gibt und auch genug Autos mit nicht Wiener Kennzeichen stehen", betont Herr Moser.
In den Randbezirken, z.B. auch in der Schwarzlackenau, seien die Menschen sehr verärgert, denn dort gebe es keine Parkplatzprobleme. "Und in den Siedlungen, wo die Hausbewohner über 50 Jahre wohnen und auch parken und es noch nie Probleme gegeben hat, dürfen die Autos nicht mehr vor den Häusern stehen! Wer soll das verstehen?", so der Floridsdorfer abschließend.
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