Paralympics: Thomas Haller will in Top Ten
Dressurreiter Thomas Haller und „Dessino“ wollen in London vorne mitmischen.
RAINBACH, FREISTADT (lk). Der Wahlfreistädter Thomas Haller leidet seit seiner Geburt an sogenannter spastischer Diplegie. Das bedeutet, er kann nur mit Krücken gehen. In der Schulzeit wurde er dafür oft gehänselt, doch hat er durch sein Handicap gelernt, sich im Leben durchzusetzen. Heute ist der 47-Jährige sowohl in sportlicher als auch in wirtschaftlicher Hinsicht erfolgreicher als die meisten Nichtbehinderten.
Hippotherapie wider Willen
Im Alter von zwölf Jahren begann der gebürtige Wiener - vorerst wider Willen - mit einer Hippotherapie. Schnell fand er Gefallen am Reiten und bemerkte auch positive Auswirkungen auf seine Gesundheit. „Die Arbeit mit Pferden gibt einem viel Energie und unterstützt die Menschen sowohl in physischer, aber vor allem auch in psychologischer Hinsicht sehr“, sagt Haller, der mit bislang drei Starts bei Paralympischen Spielen (Sydney 2000, Athen 2004 und Peking 2008) einer der erfolgreichsten Parareiter Österreichs ist.
„Die Paralympics sind ein ganz besonderes Erlebnis. Mehr als 4000 Menschen unterschiedlichster Mentalität, Nationalität und Behinderung leben drei Wochen zusammen – ein wahnsinniges Feeling“, erzählt Haller. Sein bisher bestes Ergebnis war der vierte Platz bei den Spielen in Sydney im Jahr 2000. „Da mein Warmblutwallach ‚Dessino‘ mit acht Jahren das jüngste und unerfahrenste Pferd im ganzen Wettkampffeld ist, wäre ich mit einem Top-Ten-Ergebnis bereits zufrieden“, antwortet Haller auf die Frage nach seinen Erwartungen an die bevorstehenden Paralympics Ende August in London.
Da ein Parareitsport in Österreich so gut wie gar nicht vorhanden ist, bestreitet Thomas Haller viele internationale Paraturniere aber auch zahlreiche „normale“ Dressurwettkämpfe. „Der Reitsport ist zur Zeit die einzige Sportart, in der Behinderte und Nicht-Behinderte gegeneinander antreten können.“
ZUR PERSON THOMAS HALLER
Thomas Haller besitzt fünf Pferde, die meisten von ihnen haben seit einem Jahr ihr Zuhause im Reitstall der Familie Stöglehner in Rainbach. Ins Mühlviertel verschlagen hat es den Wiener der Liebe wegen. Seine Lebensgefährtin, die Freistädterin Samantha Slezina, wird Thomas Haller in London die Daumen drücken. Die Reise dorthin werden sie mit „Dessino“ mit Auto und Hänger antreten. Als Besitzer eines erfolgreichen Transport- und Mietwagenunternehmens in Wien keineswegs ein Problem für Haller: Seinem persönlichen Motto „Geht nicht, gibt’s nicht“ Folge leistend, setzte er sich gegen die Ärzte und Behörden durch, machte den Taxischein und kaufte 1986 sein erstes Taxi. Mittlerweile weist seine Firma „Haller Mobil“ einen Fuhrpark von 60 Fahrzeugen auf. Tag für Tag werden damit mehr als 1000 Menschen mit besonderen Bedürfnissen befördert.
SIE BRAUCHEN KEIN MITLEID (Kommentar von Lisa Klein)
David Alaba, Jürgen Melzer oder Anna Fenninger - wir kennen die österreichischen Sportstars. Wir lieben ihre trickreichen Übersteiger, ihre präzisen Grundlinienschläge und ihre eleganten Schwünge. Doch können wir auch einen erfolgreichen heimischen Behindertensportler beim Namen nennen? Wenn wir lange genug grübeln, fällt uns Rollstuhlweltmeister Thomas Geierspichler ein. Das war’s dann aber. Der Parasport findet in Österreich leider noch immer viel zu wenig Beachtung. Die Paralympischen Spiele in London sind eine ideale Gelegenheit, um Menschen mit Beeinträchtigung in den Fokus zu rücken. Denn sie brauchen kein Mitleid, aber sie verdienen es, dass man ihre sportlichen Höchstleistungen genauso anerkennt wie die von Alaba, Melzer oder Fenninger.
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