Bauen und Wohnen
Barrierefreies Bauen – so geht’s

Der Lift im Atrium der Österreichischen Bundesforste in Stahl und Glas. | Foto: ThyssenKrupp
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  • Der Lift im Atrium der Österreichischen Bundesforste in Stahl und Glas.
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In der heutigen Zeit ist barrierefreies Wohnen durchaus aktuell. Architekt Herwig Ronacher erzählt uns mehr darüber.

Wie kann man Altbestand barrierefrei machen?
Herwig Ronacher: Mit dieser Frage ist bereits die schwierigste zu diesem Thema gestellt: erstens verfügen viele Bestandsgebäude über andere Niveaus im Inneren als im Äußeren und die Herstellung von Zugangsrampen ist vor allem bei historisch wertvollen Gebäuden oftmals zwar funktional gut lösbar, aber optisch problematisch. Des Weiteren gibt es manchmal Niveauunterschiede im Inneren von einem Raum zum anderen, die kaum auszugleichen sind. Zum Dritten ist die Herstellung eines Liftes, in einer bestehenden Grundrissstruktur, baulich meist sehr aufwändig als auch nachteilig für die Grundrissstruktur. Ein Liftzubau im Äußeren ist meistens grundsätzlich möglich, aber bedarf eines hohen Maßes an Einfühlungsvermögen, um das Gebäude nicht zu „verschanteln“.

Was ist Ihre Meinung zu diesem Thema? Kann man Barrierefreiheit übertreiben/untertreiben?
Wir erleben diese Thematik vielfach in öffentlichen Gebäuden wie Schulen, Kindergärten und dergleichen und es sollte hier kritisch hinterfragt werden, ob es nicht doch auch für ein öffentliches Gebäude ausreichen sollte, eine Ebene barrierefrei zu gestalten, da ja meistens in jeder Ebene mehrere Schulkassen, Kindergartengruppen untergebracht sind. Um die Sinnhaftigkeit der Barrierefreiheit in Gebäuden nicht zu übertreiben und ihr den angemessenen Stellenwert zu geben, ist es natürlich sinnvoll in Grenzsituationen mit einem Behindertenvertreter die Situation zu diskutieren, um zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen.

Worauf sollte man bei Neubauten achten, damit die Häuser auch barrierefrei sind?
Bei Neubauten ist die Sache natürlich wesentlich einfacher. Innerhalb der einzelnen Ebenen versucht man heute grundsätzlich keine Niveausprünge einzuplanen, wie etwa in den 60er und 70er Jahren, als es hochmodern war, sogenannte Splitlevels innerhalb von Gebäuden als gestalterischen Gründen beziehungsweise um eine gewisse Differenzierung der Raumqualität zu erreichen. Hinsichtlich der Kosten bei neuen Liftanlagen sollte man bemüht sein, Ein- und Ausstiegstelle an der gleichen Seite in allen Geschoßen zu installieren, da dies die kostengünstigste Lösung ist. Sogenannte Durchlader sind durchaus auch noch erschwinglich. Lifte welche über Eckausstiege verfügen, sind extrem teuer und sollten tunlichst vermieden werden. Wir bemühen uns bei Neubauten grundsätzlich den Lift an jener Stelle zu platzieren, wo die größte Dachhöhe gegeben ist, um Liftüberfahrten über die Dachflächen zu vermeiden, außer man setzt den Lift ganz bewusst als Gestaltungsmittel an der Fassade (z.B. in Holz, Glas, Stahl) ein, um diesen Bauteil bewusst herzuzeigen (siehe Beispiel Hotel Post Bad Kleinkirchheim). Kosten für Stahl-Glas-Lifte sind jedoch ungleich höher und sind daher eher zur Ausnahme geworden.

Gibt es Stolperfallen in Häusern, an die man als Laie vielleicht gar nicht denkt?
Ja, diese Stolperfallen gibt es und es wurde in den ersten beiden Fragen bereits darauf verwiesen.Es wird oftmals unterschätzt welch große Kubatur durch einen Liftzubau entsteht, vor allem hinsichtlich der Höhe, da ja ein Lift mindestens 3,5 Meter über die oberste Geschoßdecke ragen muss und dann noch ein Dach benötigt.

Was sind die Vor- und Nachtteile beim barrierefreien Bauen?
Die Vorteile des barrierefreien Bauens sind natürlich, dass es die Gleichstellung der beeinträchtigten Menschen ermöglicht. D.h. dass ein Rollstuhlfahrer wirklich alle Bereiche eines Gebäudes erreichen kann. Die Nachteile sind die höheren Kosten in Herstellung und Betrieb.

Wird es für den Häuselbauer auch teurer, wenn man barrierefrei baut oder macht das keinen Unterschied?
Viele Häuslbauer wünschen sich zwischenzeitlich ein barrierefreies Haus, was in der Regel Ebenerdigkeit bedeutet, denn der Einbau eines Liftes ist nur bei extremen Situationen (z.B. bei einem Steilhang) sinnvoll. Denn es ist zu bedenken, dass ein Lift nicht nur zusätzliche Herstellungskosten bedeutet, sondern auch jährliche Wartungskosten. Die Anschaffungskosten eines Liftes liegen etwa bei 25.000. Für die erforderlichen baulichen Maßnahmen der Umhüllung, zusätzliche Vertiefung, Fundamentierung und Liftüberfahrt, ist mindestens mit dem Doppelten anzusetzen. Wodurch das nur bei größeren und luxuriöseren Wohnhäusern Sinn macht. Ebenerdiges Bauen ist wiederum im Verhältnis teuer, da selbst bei einem kleinen Gebäude eine große Fundamentierungs- und Dachfläche die Folge eines solchen Konzeptes bedeutet. Eine sinnvolle Überlegung wäre es für Wohnhäuser im Erdgeschoß zumindest einen kleinen Schlafraum und ein barrierefreies Bad für den „Fall der Fälle“ miteinzuplanen oder zumindest ein Gebäude in diese Richtung später adaptieren zu können, um entsprechende Vorsorge zu treffen.

Was ist Ihnen zu diesem Thema noch wichtig, was fällt Ihnen noch ein?
Resümierend kann man also festhalten, dass gewisse bauliche Maßnahmen für die Barrierefreiheit nur geringe Mehrkosten bedeuten, wie etwa die Planung von Mindesttürbreiten, Vermeidung von Türschwellen und der Schaffung eines barrierefreien Zugangs. Ergänzt werden sollte bei diesen Überlegungen noch, dass es Liftanlagen gibt, welche etwas kostengünstiger sind, keine Unter- und Überfahrten benötigen und daher auch nachträglich recht gut eingebaut werden können. Allerdings sind diese Anlagen deutlich langsamer im Betrieb. Auch für solche Anlagen sollte man bei einem Neubau bereits im Zuge der Planung Überlegungen anstellen, wo solche Lifte nachträglich Platz finden und eventuell sogar schon die notwendigen Deckendurchbrüche miteinplanen bzw. in diesem Bereich die Massivdecken durch Leichtkonstruktionen zu ersetzen, damit nachträglich keine aufwändige Schneid- bzw. Schremmarbeiten erforderlich sind. Man kann natürlich aber auch mit Liftanlagen ganz bewusst gestalten. Die beiliegenden Fotos zeigen diese, sowohl für den Innen- als auch für den Außenraum. So wurde etwa das Haus der Steinböcke in Heiligenblut für alle Bereich barrierefrei geplant. Einerseits indem die verschiedenen Niveaus durch flache Rampen miteinander verbunden wurden, andererseits, um über einen Stahl-Glas-Lift die Besucher mit Rollstuhl in alle Ebenen zu befördern.

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