Kameritsch/Graz
Herr Apotheker sorgt fürs Wohlbefinden ohne Nebenwirkungen
Den Magistertitel in Pharmazie, das Doktorat in Molekular- und Zellbiologie, eine Post-Doc-Stelle an der Harvard Medical School in Boston (USA), Mitarbeit in der präklinischen Forschung zur Impfstoffentwicklung gegen Alzheimer. Jetzt hat Wolfgang Brandner in Graz eine Apotheke eröffnet. Der 46-jährige Gailtaler aus Kameritsch im Interview.
Herr Brandner, selbständig mit einer Apotheke – war das immer schon Ihr Ziel?
Wolfgang Brandner: Nein. Ich wollte immer im wissenschaftlichen Bereich landen und dann später in die pharmazeutische Forschung gehen, entweder an einer Universität oder in der Industrie. Nachdem ich den Sprung in die USA geschafft hatte, wurde mir bald klar, dass eine akademische Karriere an der Universität nichts für mich ist. Nach der Rückkehr nach Europa kam die Wirtschaftskrise 2008. In der Industrie gab es keine Jobs für Neueinsteiger. Daher habe ich wieder in einer Apotheke zu arbeiten begonnen und festgestellt, dass die Arbeiten meiner Chefs viel interessanter und vielfältiger sind, als die reine Arbeit als Angestellter. So wuchs der Wunsch selbst eine Apotheke zu führen.
Seit 1. Februar 2021 sind Sie Eigentümer und Konzessionär der zweitältesten Apotheke von Graz. Da schwingt sicher Stolz mit.
Die Apotheke hat eine wechselvolle Geschichte über mehr als 450 Jahren hinter sich. Ich habe sie übernommen, um die Apotheke auf den Hauptplatz von Graz zu verlegen. Das ist nun mit Anfang August geschafft. Es ist ein schönes Gefühl, am Grazer Hauptplatz auf die Straßenbahn zu warten und dabei in sein eigenes Geschäftslokal zu schauen. Leider frisst der Alltag sehr viel von diesem Gefühl, da man ja permanent mit Fragestellungen beschäftigt ist, die dann das große Ganze überdecken. Aber manchmal, in einer ruhigen Minute, bin ich schon recht stolz, diesen Schritt gewagt und dann auch geschafft zu haben.
Was macht Ihren Job so attraktiv?
Die Vielfältigkeit, sowohl in der täglichen Beratung und im Kundenkontakt, aber auch die vielfältigen Aufgabenbereiche, die man im Hintergrund erledigen muss. Ich könnte, wie alle Apotheker, tausende Geschichten erzählen, was für lustige, aufregende, absurde Situationen man in der Apotheke erlebt. Von der banalen Schmerzmittelabgabe, Notfällen mit Wiederbelebung oder spritzenden Blutungen bis hin zu Lustigen oder Absurden Dingen ist fast alles was man sich vorstellen kann dabei. Im Hintergrund bin ich Eigentümer und somit für alles verantwortlich, Planer, Kundenbetreuer, Personalchef mit all seinen Facetten, Buchhalter, Gesellschafter, EDV Betreuer, permanenter Problemlöser, etc…
Graz ist Ihr Lebensmittelpunkt. Was spricht für das Leben in der Stadt?
Wir haben uns aktiv für ein Leben in der Stadt entschieden. Dabei waren die kurzen Wege der Hauptgrund, und der Lebenskomfort und Zeitgewinn dadurch. Vor allem kein Auto für jede Kleinigkeit in Anspruch nehmen zu müssen. Dass die Apotheke 25 Gehminuten oder zehn Fahrradminuten von zu Hause weg ist genieße ich sehr. Meine Frau arbeitet schon seit vielen Jahren rein im Homeoffice und hat daher noch einen kürzeren Arbeitsweg als ich. Graz als Stadt ist einfach wunderschön, hat eine lange Geschichte, ein sehr angenehmes Klima und ist im Vergleich zu anderen Städten noch leistbar.
Und das Gailtal?
Es ist und bleibt meine Heimat. Auch heute werde ich noch oft auf meinen Kärntner Dialekt angesprochen, was ganz schön ist. Meine Eltern sind fest verwurzelt und wir besuchen sie so oft es geht. Inzwischen ist es für uns ein wenig eine Urlaubsregion geworden.
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