In Bad Großpertholz wird Spitalwäsche zu Papier

- Siegfried und Margarethe Mörzinger halten mit viel Liebe eine uralte Tradition am Leben.
- hochgeladen von Bettina Talkner
1789 sicherten noch Lumpensammler die Papierproduktion, heute sind es Krankenhäuser.
BAD GROSSPERTHOLZ. Zwar wird das Wasser im Bottich heute mit einem Heizstab auf angenehme Temperaturen gebracht, und die Presse muss nicht mehr mit Muskelkraft betrieben werden, im Großen und Ganzen wird in der Papiermühle Mörzinger aber noch so gearbeitet wie schon 1789. In diesem Jahr wurde sie von Martin Wurz erbaut, seit 1961 ist sie im Besitz der Familie Mörzinger, und heute ist die Papiermühle in Bad Großpertholz die einzige in Mitteleuropa, die noch echtes handgeschöpftes Hadern-Büttenpapier nach ursprünglicher Art produziert. Dieses ist absolut holzfrei und wird aus reinen Baumwoll-Lumpen, den Hadern, gewonnen. Die Bezirksblätter haben sich angesehen, wie das funktioniert.
Baumwolle ist rares Gut
Mit der Baumwolle ist das so eine Sache. Damals wurden Lumpensammler losgeschickt, um die alte Bekleidung der Leute in der Region einzusammeln. Doch der Papierbedarf stieg dermaßen an, dass schließlich kaum mehr Hadern aufzutreiben waren. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Rohstoff gewechselt, die Lumpen wurden vom Holz abgelöst. Doch in der, damals noch, Wurzermühle wurde weitergemacht. Als Franz Mörzinger übernommen hat, erlebte auch die Papiermühle mit dem Aufschwung der Textilindustrie ein Hoch. Bis der Kunststoff ins Spiel kam. "Es war keine reine Baumwolle mehr zu bekommen", erinnert sich der jetzige Betreiber Siegfried Mörzinger an die schwierigen Zeiten. Doch der heute 55-Jährige hat eine Lösung gefunden: Krankenhausbettwäsche muss zu 100 Prozent aus Baumwolle bestehen und ist daher bestens für die Papierproduktion geeignet.
Holländer ist Herzstück der Mühle
Während der Baumwollstoff früher noch so lange der Außenwitterung ausgesetzt wurde, bis der Faulungsprozess einsetzte, startet die Produktion heute im Hadernschneider. Darin wird die Bettwäsche zerschnitten. 30 Kilo der Baumwollfetzerl werden im sogenannten Holländer anschließend mit 1.000 Liter Wasser vermengt und 40 Stunden lang gemahlen. So entsteht der Papierstoff, der in einem Bottich, der Bütte, mit Wasser verdünnt wird. Nun kann das Schöpfen losgehen: Dazu wird das Schöpfsieb samt Schöpfrahmen langsam in die Masse getaucht. Beim Hochziehen tropft das Wasser ab, und der Papierstoff bleibt im Sieb. Nach dem Gautschen, dabei wird die Masse vom Sieb auf Filz gedrückt, und dem Pressen wird das Papier zum Lufttrocknen aufgehängt. Bis solch ein Blatt Papier fertig ist, vergehen etwa zwei Wochen. Das erklärt auch, warum ein A4-Bogen stolze zwei Euro kostet.
Extrem langlebiges Endprodukt
Pro Jahr wird die Papiermühle Mörzinger etwa von 6.000 Gästen besucht. Sie alle dürfen selbst Papier schöpfen und es mit eigenen Prägezeichen versehen. Dieses Andenken ist extrem langlebig: "So ein Blatt Papier von Hadern kann man weit über 200 Jahre aufheben, ohne dass es vergilbt", weiß Siegfried Mörzinger. Besonders beliebt ist es daher bei Künstlern und Restauratoren. Gattin Margarethe Mörzinger ist für die Gestaltung besonderer Billets und Einladungen zuständig. Indem sie Blumen und Gräser sammelt und diese in das Papier presst, entstehen wunderschöne Unikate. "Ich denke doch, dass jetzt auf Qualitätspapier hoffentlich wieder ein bisschen mehr Wert gelegt wird", ist der Papiermacher optimistisch.
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