Eine Woche ohne Wasser

In Alkoven ist Hasna aufgrund ihrer Deutschkenntnisse eine wichtige Bezugsperson für die 18 anderen Flüchtlinge.
  • In Alkoven ist Hasna aufgrund ihrer Deutschkenntnisse eine wichtige Bezugsperson für die 18 anderen Flüchtlinge.
  • hochgeladen von David Hollig

ALKOVEN/DAMASKUS. Unerwartet gefasst wirken Hasna (55) und Mohanad (24), als sie über ihren Fluchtweg von Damaskus nach Österreich mit Endstation Alkoven sprechen. Die Angst um ihre Liebsten, die noch dort sind und der Schrecken über das Erlebte ist ihnen eigentlich kaum anzumerken. "Sie versuchen, das hier nicht so zu zeigen. Außerdem tauschen sie sich untereinander aus. Da hören sie vielleicht noch schlimmere Geschichten von anderen Flüchtlingen", sagt Josef Leitner, Geschäftsführer des Instituts Hartheim sowie der neu geschaffenen NOAH Sozialbetriebe GmbH, welche für die Unterbringung der 19 Flüchtlinge in Alkoven verantwortlich ist. Dennoch sieht man den beiden an, dass sie sich hier wohl fühlen und in Sicherheit wiegen.

Über Wellen und Berge

Die Flucht der beiden startete in Damaskus. Hasna, die von 1984 bis 1990 in Deutschland den Doktor in Pädagogik machte, sagt in gutem Deutsch: "Wir hatten viele Probleme auf unserem Weg." Dieser führte sie mit zwei ihrer vier Kinder (21, 23, 25 und 26) von Damaskus aus zunächst in den Libanon, wo sie in ein Flugzeug in die Türkei stiegen. "Ab dort begannen unsere Probleme. Wir sind von der Türkei nach Griechenland mit dem 'Plastic Boat' gefahren und hatten ungefähr 1,5 Stunden Schwierigkeiten auf dem Meer." Sie überlebten den Wellengang und blieben, nach dem Weg von Rhodos in die Hauptstadt, eine Woche lang in Athen. Von Griechenland aus ging es für die 15 Personen umfassende Gruppe weiter nach Mazedonien. Danach nahmen sie die "Balkan-Route" neben den Gleisen – zu Fuß, 16 Stunden lang – nach Serbien. "Es gab fünf große Berge, da waren wir drei Tage unterwegs", erzählt die vierfache Mutter, deren Mann weiterhin in Damaskus ist. Er ist ebenfalls Syrer, ihn lernte Hasna während ihres Studiums in Deutschland kennen und lieben: "Da hat er auch studiert. Er ist Mathematiker. Wir haben in Deutschland geheiratet."

Hungern und dursten

Neben den Gleisen bekam die Gruppe eine Woche lang kein Essen und Trinken. "Es gab kein Wasser und kein Essen im Grenzgebiet zwischen Mazedonien nach Serbien." Von Belgrad bis zur ungarischen Grenze fuhren sie zu vierzigst in einem Schlepperauto mit. "Wir hatten dabei auch einen Unfall, wir hätten sterben können", erinnert sich Hasna. Insgesamt benötigte die Gruppe für den Weg von Damaskus nach Alkoven etwas mehr als einen Monat. Dort ist die 55-Jährige sehr zufrieden mit den Bedingungen, auch wenn ihr Ziel ein anderes Land war. In Deutschland studieren nämlich ein Sohn (Mathematik) und eine Tochter (Englisch) von Hasna. Aber das ist für sie in Ordnung: "Das Leben hier ist sehr gut. Wir haben alles, können gut essen. Das große Problem für uns war die Zukunft. Hier können wir arbeiten und die Jungen können studieren. Wir können leben. Darum wollen die Leute bleiben." Sie bekommen täglich Frühstück und Deutsch-Unterricht. "Das ist für uns so gar nicht normal." In Damaskus bildete Hasna an der Universität Lehrer aus, sie schrieb elf Bücher über Lehrmethoden. Nach Deutschland ging sie in ihrer Studienzeit, weil die Möglichkeiten dort größer sind als in Syrien. Dort befindet sich weiterhin ihr Mann, ein Mathematiker. Hasnas Stimme wird zittrig: "Ich habe jeden Tag Kontakt mit ihm. Man kann aber sehr schwer sagen, wann er kommen kann. Es wird immer schlimmer in Syrien. Es gibt jeden Tag Bomben und Raketen. Viele Leute sterben. Eine Rakete hat die Universität Damaskus erwischt. Drei oder vier Studenten sind gestorben."

Eltern taub, Frau in Syrien

Ähnlich gestaltet sich die Geschichte des 24-jährigen Mohanad. In gutem Englisch erzählt er: "In Mazedonien geben sie dir gar nichts. Also kannst du den Bus und den Zug nicht nehmen." Er kam von Serbien bis nach Österreich mit dem Schlepperauto. In Wien endete die Fahrt, von dort aus ging es ins Erstaufnahmezentrum Thalham. "Auf das Auto mussten wir zwei bis sechs Stunden warten. Das brachte uns dann von Belgrad zur ungarischen Grenze. Die überquert man zum Beispiel durch den Wald. Danach wartet wieder ein Auto. Das brachte uns nach Wien. Wenn du Ungarn überquert hast, bist du in der sicheren Zone." Österreich, Deutschland, die Niederlande oder auch Schweden seien kein Problem. Ungarn jedoch sei "kein gutes Land, du musst mehr zu Fuß gehen. Die bieten nicht die selben Bedingungen an." Mohanads Frau und Schwester sind weiterhin in Damaskus. Sie haben Kontakt übers Internet. Seine Eltern, beide taub, brachte der 24-Jährige in den Libanon. "Sie können ja nicht hören, wenn etwas rund um sie passiert. Sie können also nicht abhauen", erklärt Mohanad. In Alkoven ist sein Tagesablauf geregelt, neben einem Deutschkurs gibt es viele Aktivitäten. "Wir spielen Fußball, gehen ins Sprachcafé oder kaufen Essen. Die Lehrer nehmen sich zusätzlich Zeit, um uns Expertisen zu geben. Wir gehen manchmal zum See zum Schwimmen. Wir haben zwei dabei, die im Alkovener Klub Fußball spielen. Außerdem haben wir einen Boxer dabei, der dazu immer nach Linz fährt. Wir haben schon Freunde gefunden innerhalb des Gebäudes und außerhalb." Mohanad weiß, dass es Leute gibt, die es nicht befürworten, dass die 19 syrischen Kriegsflüchtlinge hier sind, aber „es hat mich noch überhaupt niemand schlecht behandelt hier." Es sei mehr, als er erwartet hatte.

Über FPÖ kanalisiert

Auch NOAH-Geschäftsführer Leitner hat bis jetzt keine schlechten Erfahrungen mit aufgebrachten Alkovnern gemacht: "Solche Personen, die derzeit in Deutschland randalieren, sind in Österreich über die Partei FPÖ kanalisiert. Die haben jemanden, der sie politisch vertritt. In Deutschland gibt es de facto keine politische Partei, die diese Gegner der Asylwerber vertritt. Insofern bleibt Österreich von Randalen und Angriffen auf Asylwerber eher verschont." So können sie sich darauf konzentrieren, das Erlebte so gut wie irgendwie möglich zu verarbeiten.

Den Deutschunterricht gibt eine Gruppe von ehrenamtlichen Lehrern. Manche der Flüchtlinge arbeiten bei der Alkovner Gemeinde, helfen im Bauhof mit. "Da bekommen sie ein bisschen Geld. Sie dürfen aber nur drei Tage arbeiten, damit haben sie diese 100 Euro beisammen, die sie dazuverdienen dürfen. Jede Woche gehen zwei andere hin", sagt Leitner, der fortfährt: "Die Bevölkerung soll spüren: Die wollen etwas Sinnvolles machen und Nutzen stiften." Die beiden, die in Alkoven Fußball spielen, waren in der syrischen U17-Nationalmannschaft. Die 19 Flüchtlinge warten jedoch seit zwei Monaten auf ihre Arbeitsbewilligung. Bei Hasna könne das laut Leitner etwas schneller gehen: "Sie hat hier eine wichtige Funktion. Sie hilft unseren Begleitern, dass vieles übersetzt werden kann. Aber auch für ihre Gruppe ist es gut, weil dadurch Bedürfnisse oder Anliegen über Hasna kommuniziert werden können." Ab Oktober möchte NOAH in Hartheim auch unbegleitete Minderjährige aufnehmen, 24 sind geplant. "Da soll uns Hasna auch unterstützen und ich bemühe mich, dass ihr Asylverfahren beschleunigt wird."

Neue Plätze in Eferding

Über Quartiere wie jenes in Alkoven kann Eferdings Bezirkshauptmann Michael Slapnicka froh sein, und das ist er auch: "Wenn man Glück hat wie mit Hartheim, dann fällt die Suche leicht. Bei kleineren Objekten dauert es aber länger, bis man eine größere Zahl zusammenbringt. Aber es teilt sich doch ganz schön auf." In den letzten beiden Monaten wurden in Eferding 140 neue Plätze für Flüchtlinge geschaffen. "Wir liegen da nicht so schlecht. Die Intention, welche unterzubringen, ist in jeder Gemeinde da. Auch die Bereitschaft der Bürgermeister ist groß", freut sich Slapnicka. Viele Quartiere würden im September und Oktober geschaffen, wie eben in Alkoven und auch in Haibach, Pupping und St. Marienkirchen. Die derzeitigen sind Wohnungen oder leerstehende Häuser. Zwischen 5 und 30 sind jeweils untergebracht.

Zwei neue Container

Doch nicht nur Bürgermeister engagieren sich, auch Private bieten immer wieder Möglichkeiten an. Die Betreuung der Flüchtlinge übernimmt dann meistens die Volkshilfe, das Rote Kreuz oder die Caritas. Im Bezirk Grieskirchen macht das neben den drei genannten Trägerorganisationen auch noch der Arbeitersamariterbund und das Diakoniewerk. Auch der dortige Bezirkshauptmann Christoph Schweitzer zeigt sich zufrieden: "Die Orientierungszahl an unterzubringenden Flüchtlingen variiert nahezu täglich, Grieskirchen ist aber gut dabei." Die Suche nach neuen Quartieren läuft. Bis vergangenes Wochenende waren 100 Asylwerber in der alten Hauptschule Grieskirchen untergebracht. Dieses Gebäude weicht jedoch Wohnungen. Auch die Landwirtschaftliche Fachschule in Waizenkirchen wurde wieder geräumt. Dafür kommen zwei Container-Standorte, voraussichtlich im Laufe nächster Woche, hinzu: Peuerbach und Weibern. Auch in Aistersheim, Gaspoltshofen und Haag/Hausruck gibt es beispielsweise Unterkünfte. "Es gibt aber keinen Wettbewerb, wer die höchste Quote erfüllt. Es gibt ja Gemeinden, die gerne würden und noch nichts haben, weil keine Häuser leer stehen", betont Schweitzer. Auch in Bauernhöfen würden Flüchtlinge untergebracht. Eine betreuende Institution oder Privatperson bekommt pro Tag 19 Euro für jeden Aufgenommenen. 5,50 Euro davon sind für die Verpflegung vorgesehen. Damit wird entweder Essen und Trinken bereitgestellt oder sie geben das Geld weiter an jeden Einzelnen. Mit den verbleibenden 13,50 Euro ist das Quartier zu bezahlen, die Betreuung zu betreiben, sowie benötigte Adaptierungsarbeit oder Personal zu bezahlen. Das ist im Grundversorgungsgesetz geregelt.

Rückkehr von syrischer Familie

In der Stadt Grieskirchen laufen nach dem Abriss der alten Hauptschule laut Bürgermeisterin Maria Pachner die Vorbereitungen für neue Unterbringungsmöglichkeiten auf Hochtouren: "Im Gebäude der Energie AG werden Ende September Flüchtlinge einziehen können. Das Rote Kreuz arbeitet an Fixquartieren für 20 bis 25 Personen." Außerdem bemühe man sich, eine syrische Familie mit Grieskirchner Wurzeln aus Aleppo zurückzuholen: "Die Oma ist von hier und Sohn sowie Enkel haben einen österreichischen Pass. Eine Wohnung wurde gemeinsam mit dem Außenministerium schon gefunden. In Aleppo fehlt ihnen jegliche Existenzgrundlage. Sie müssen dort um Leib und Leben fürchten." Auch zum tragischen Fall mit 70 Toten in einem Lkw im Burgenland nimmt die Bürgermeisterin Stellung: "Angesichts dieser Katastrophe sind wir umso mehr dazu angehalten, Hilfestellung zu geben und auch diesem hetzerischen Gedankengut wehrhaft im Weg zu stehen. Wir können nicht alle aufnehmen, aber im Rahmen unserer Möglichkeiten müssen wir unserem christlichen Gedankengut folgen. Österreich hat da immer Herz gezeigt und soll das auch weiterhin tun."

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