Neugestaltung in Peuerbach angekündigt
NS-Mörder noch auf Gedenktafel

Seit Herbst 2020 ist der Name von NS-Verbrecher Ferdinand Sammern-Frankenegg überklebt. | Foto: BRS
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  • Seit Herbst 2020 ist der Name von NS-Verbrecher Ferdinand Sammern-Frankenegg überklebt.
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"Die Glastafel wird erneuert" titelte die BezirksRundSchau im Februar 2021. Doch geschehen ist bis heute nichts dergleichen. Noch immer ist der Name eines NS-Verbrechers am Friedhof in Peuerbach lediglich überklebt. Bald soll sich das endgültig ändern.

PEUERBACH. Viele Jahre war es niemandem aufgefallen, doch gleicht die Glastafel des Kriegerdenkmals auf dem Peuerbacher Friedhof einem Schandmal. Denn nach wie vor führt sie den Namen des SS-Offiziers Ferdinand von Sammern-Frankenegg, der für die Deportation von rund 300.000 Jüdinnen und Juden aus dem Warschauer Ghetto verantwortlich zeichnete. Und das, obwohl Kritik daran bereits Ende 2020 laut geworden war, was zunächst zur provisorischen Überklebung des Namens geführt hatte. Dessen endgültige Tilgung durch eine Erneuerung der Tafel versprach man sich Anfang des Jahres 2021. Eine Kommission bestehend aus Wilhelm Achleitner, ehemaliger Direktor des diözesanen Bildungshauses Puchberg, der Schriftstellerin Elisabeth Schmidauer und der Künstlerin Elisabeth Kramer sollte sich der Sache annehmen – in Auftrag gegeben vom damaligen Bürgermeister Wolfgang Oberlehner (ÖVP).

Keine Zeit, keine Unruhe, kein Geld

Am 3. März 2021 fand die erste Sitzung statt, geschehen ist bisher wenig. Aufzeichnungen Achleitners zeigen: In der Stadt Peuerbach druckst man herum. So waren etwa zwei Mitglieder des Peuerbacher Kameradschaftsbundes  – ihm obliegt die Pflege des Kriegerdenkmals – der Arbeitsgruppe beigetreten. Nach knapp einem Jahr verabschiedeten sie sich jedoch wieder mit der Bemerkung:

„Wir hätten im November 2020 sofort den Namen beseitigen sollen, dann hätten wir sogleich wieder Ruhe gehabt.“

„Haben Sie kein Interesse daran, die Lücke in der Geschichte von Peuerbach 1930 bis 1945 zu schließen?“, fragte Achleitner auch SPÖ und Grüne. Keine zeitlichen Ressourcen für antifaschistische Aktivitäten habe man etwa auf Seiten der Grünen, indes wolle die SPÖ laut Achleitner keine Unruhe in der Stadt. Sowieso sei für Broschüren und NS-Forschungen kein Geld da, hieß es von den Peuerbacher Sozialdemokraten weiter.

Historiker zieht sich aus Projekt zurück

Für den Hartkirchner Historiker Clemens Gruber ist die Causa kein Einzelfall: „Der Umstand, dass der Name einer Person, die den Tod von mehreren Hunderttausend Menschen mitverantwortet hat, bis heute unkommentiert geblieben ist, reiht sich leider nahtlos in die lange skandalöse österreichische Tradition von Negierung und Verdrängung der unschönen Seiten der eigenen Geschichte.“ Seine Zusage vom Mai 2022, die NS-Zeit in Peuerbach zu erforschen, legte er daher mit Oktober 2022 zurück.

„Solange es in der Stadt Peuerbach keine offizielle Bereitschaft für eine ernsthafte Diskussion oder Mut für eine Veränderung des Denkmals an sich gibt, sehe ich persönlich derzeit keine Möglichkeit einer angemessenen Auseinandersetzung mit dem Thema, bei dem es erheblich mehr offene Fragen als Antworten gibt.“

Was passiert nun mit belastetem Namen?

Und was sagt Bürgermeister Roland Schauer, der das Amt in der Zwischenzeit von Oberlehner übernommen hat? Der habe sich bis zuletzt bedeckt gehalten, kritisiert Achleitner. Im Gespräch mit der BezirksRundSchau zeigt sich der Ortschef allerdings initiativ und verspricht: "In Abstimmung mit unserem Pfarrer Hans Padinger arbeiten wir seitens der Gemeinde gerade an einer Neugestaltung der Gedenktafel. In ein paar Wochen werden wir eine Lösung präsentieren können." Denn endlich müsse nun etwas geschehen, so Schauer entschieden.

Zur Person
Ferdinand von Sammern-Frankenegg wurde 1897 in Grieskirchen geboren. Nach seinem Einsatz im Ersten Weltkrieg und darauffolgender italienischer Gefangenschaft schloss er in Innsbruck ein Jusstudium ab und fungierte ab 1929 als niedergelassener Anwalt in Peuerbach. Im März 1933 trat Sammern-Frankenegg der österreichischen NSDAP bei, sein Beitritt zur SS erfolgte im Sommer. Nach dem "Anschluss" Österreichs wurde er im Jahr 1939 hauptamtlicher SS-Führer. Von November 1942 bis April 1943 hatte der Peuerbacher die Funktion des SS- und Polizeiführers im Distrikt Warschau inne und war damit für die Deportation von circa 300.000 Bewohnern des Warschauer Ghettos verantwortlich. Die meisten von ihnen kamen ins Vernichtungslager Treblinka. Sammern-Frankeneggs falsche Einschätzung des Aufstandes im Ghetto und mangelnde Härte sollen jedoch zu seiner Versetzung nach Kroatien geführt haben, wo er 1944 bei Kämpfen ums Leben kam.

Vom Schandmal zum Mahnmal
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