Traditionelle Europäische Medizin
Was wir vor dem Scheiterhaufen gerettet haben
WENDLING (bic). Die Naturheilkunde boomt. Asiatische Lehren wie Feng Shui, Shiatsu, Traditionelle Chinesische Medizin, Akupunktur, Yoga oder Ayurveda sind uns allen ein Begriff. Dass es auch bei uns in Europa eine traditionelle Medizin gibt, ist in Vergessenheit geraten. „Das liegt daran, dass das Christentum zunehmend die heidnischen Traditionen der Heilkunst bekämpft hat,“ erklärt Kräuterheilpraktiker Jeremy Griffiths, der seit zehn Jahren die Naturheilpraxis „The Green Man Centre“ in Wendling betreibt. „Man denke nur an die vielen Hexenverbrennungen im Mittelalter.“
Hildegard von Bingen konnte sich und ihr gesammeltes Heilwissen nur vor dem Scheiterhaufen retten, indem sie behauptete, Gott persönlich habe ihr alles im Traum zukommen lassen.
Paracelsus war ein berühmter österreichischer Arzt, dessen Lehren heute noch zum Teil so aktuell sind wie vor 500 Jahren. Er bezog sich bei seiner Arbeit auf altes überliefertes Wissen. Seinen Patienten riet er, der Natur zu lauschen, dann werde man erkennen, was die Krankheit und was das Heilmittel sei. Ebenfalls aus der Volksheilkunde übernahm er die Signaturenlehre, wonach die Form einer Pflanze Aufschluss darüber gibt, welcher Körperteil damit unterstützt werden kann. So kann beispielsweise die Walnuss, die der Form des Gehirns sehr ähnelt, auch unterstützend für dieses wirken.
In der Traditionellen Europäischen Medizin (TEM) wird mit pflanzlichen, mineralischen und tierischen Heilmitteln gearbeitet, aber auch mit manuellen und Bewegungstherapien. „Wenn man, wie in der modernen Medizin üblich, nur den kranken Körper behandelt, ignoriert man den Ursprung des Leidens. In allen traditionellen Heilmethoden wird Krankheit hingegen als ein verlorenes seelisch-körperliches Gleichgewicht gesehen,“ erklärt der Kräuterkundige. „Wir schauen daher immer auf den ganzen Menschen.“
Das Studium der Naturheilkunde, das er in Großbritannien absolvierte, dauerte fünf Jahre. Heilpraktiker sind dort den Ärzten in vielen Bereichen gleichgestellt. Bei seiner Arbeit macht sich Griffiths vor allem die Kraft von Heilkräutern zunutze.
Eine Heilpflanze besteht aus vielen verschiedenen Wirkstoffen, die sich gegenseitig unterstützen und ausgleichen. Durch die ganzheitliche Wirkungsweise können Pflanzen Symptome lindern, die Selbstheilungskräfte anregen, unsere Organe stärken und seelische Vorgänge unterstützen. "Beginnt man mit der Einnahme von Heilkräutern, so verstärken sich die Krankheitssymptome erst einmal. Es wird also noch schlimmer, bevor eine Besserung eintritt," erklärt der Heilpraktiker. "Das ist kein Grund zur Besorgnis, sondern ein wichtiger Teil des Heilungsprozesses."
Die stimmungsaufhellende Wirkung von Johanniskraut ist heute wissenschaftlich erwiesen, ebenso dass Fenchel krampflösend wirkt oder Lindenblütentee das Einschlafen erleichtert.
„Auch der Zeitpunkt der Einnahme ist von Bedeutung. Brennnesseln wachsen nicht zufällig im Frühling. Nach dem langen Winter sind sie wichtig zur Entgiftung des Körpers,“ weiß der Heilpraktiker. Wie jede traditionelle Medizin legt auch die europäische Wert auf ausgewogene Ernährung und eine gesunde Lebensführung.
Sager: „Die Heilkräuter, die wir brauchen, wachsen vor unserer Haustür.“
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