Von Fraisenketten, Drudmessern und vom Warzenwenden
Die Wenderin Sonja Raab erzählt von den alten Zeiten, als die Menschen noch gezaubert und geflucht, gehext und geheilt haben.
WALLERN/OPPONITZ (bic). Sonja Raab wurde 1975 im niederösterreichischen Opponitz geboren, ihre Mutter war jedoch Oberösterreicherin und auch Sonja lebte mit ihrem ersten Mann sieben Jahre lang hier. Als junge Frau begann sie sich für indigene Völker und deren Spiritualität zu interessieren. Auf ihren Reisen nach Estland und Kanada sammelte sie Wissen von vielen spirituellen Menschen. "Ich streifte durch die Wildnis, heulte mit den Wölfen, betete an heiligen Orten und lauschte alten Geschichten." Erst 15 Jahre später begann sie, nach den österreichischen Traditionen und nach ihren Wurzeln zu suchen. "Ich wollte nicht mehr Gebete und Rituale in einer fremden Sprache lernen, aber mit meiner katholischen Herkunft konnte ich auch nichts mehr anfangen."
Schneiderkreide
Viel altes Heilwissen lernte sie von ihrer Großmutter, die ihr auch den Segen für die Tätigkeit des Wendens gab. "Eines Tages schenkte mir die Oma ein Stück weiße Schneiderkreide und meinte, die werde ich zum Wenden gut brauchen können." Die Farbe Weiß stellt symbolisch Reinheit dar, säubert also alles, was krank ist. Das Raabenweib, wie Sonja gerne genannt wird, unternimmt zuerst eine schamanische Reise zum Wesen der Krankheit, um herauszufinden, was fehlt oder was zu viel ist. Dann erst ist Heilung möglich. Beim Ritual des Warzenwendens wird das Unbewusste überzeugt, wodurch im Körper Mechanismen ausgelöst werden, die die Hautwucherungen absterben lassen.
Die vierzehn Nothelfer
"Auch wenn nicht alle Wender Christen sind, rufen sie gerne die Nothelfer zu bestimmten Leiden an", so die 38-Jährige. Die vierzehn Nothelfer waren allesamt Christen, die als Märtyrer gestorben sind. Die heilige Barbara gilt als Helferin gegen Feuergefahr. Bekannt sind auch Blasius, der Beschützer des Viehs, oder Christophorus, der Schutzheilige für Reisende.
Regeln beim Wenden
Damit die Warze verschwindet und der Wender seine Fähigkeit nicht verliert, müssen einige Regeln eingehalten werden. Das Ritual soll an einem Freitag im abnehmenden Mond stattfinden. Während des Wendens darf kein fließendes Wasser zu hören oder zu sehen sein. Außerdem darf der Wender für seine Tätigkeit kein Geld verlangen.
Kontakt: Sonja Raab
www.facebook.com/Raabenweib
Email: pottwal@gmx.at
"Die Wenderin- eine schamanische Reise vom Ybbstal Nach Kanada und retour"
- Neuerscheinung von Sonja Raab
Broschiert: 133 Seiten
Verlag: Ennsthaler
ISBN: 978-385068-917-5
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