Betreuungs-Agentur im Bezirk Güssing
Pärchen betrog 116 Familien von pflegebedürftigen Personen

- Schuldspruch wegen gewerbsmäßigen, schweren Betruges für ein Pärchen, das 116 Familien pflegebedürftiger Personen schädigte.
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Schwerer Betrug an 116 Familien pflegebedürftiger Menschen. Schaden mehr als 74.000 Euro. Ergaunert durch die Geschäftsführerin einer Personenbetreuungs-Agentur im Bezirk Güssing. Die gemeinsam mit ihrem im Büro beschäftigten Lebensgefährten jahrelang zu hohe Versicherungsbeiträge verrechnete. Jetzt gab es einen Schuldspruch und 10 Monate bedingte Haft.
BEZIRK GÜSSING. Mit absolut leistbarer „24-Stunden-Pflege & Betreuung“ bewarb das seit 2012 tätige private Unternehmen seine Dienstleistungen. Mit der Werbe-Info, dass es „...keine versteckten Kosten gibt. Wir garantieren Ihnen Ehrlichkeit, Fairness...“ So steht es zumindest geschrieben. Die Realität sah allerdings ganz anders aus.
116 betrogene Familien
Zuletzt vermittelte die Agentur aus dem Bezirk Güssing an insgesamt 116 betagte Personen Pflegepersonal. Für die anfallenden Kosten schickte die Ges.m.b.H direkt an die Familien ihre laufenden Rechnungen. Darin fakturiert waren auch die Sozialversicherungskosten für die Betreuerinnen. So weit. So gut.
Mit 1. Jänner 2017 allerdings haben sich die SV-Beiträge für über 60-jährige Pflegerinnen per Gesetz halbiert. Nicht aber in den Rechnungen, die das verantwortliche Agentur-Pärchen an die Familien schickte. Dadurch ergaunerten die beiden Angeklagten bis ins Jahr 2021 satte 74.178,54 Euro.

- Die Geschäftsführerin und ihr Lebensgefährte akzeptierten das Urteil von 10 Monaten bedingter Haft.
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Dass es sich nicht um ein „Versehen“ handelte, spiegelt sich darin, dass die betrügerischen Beträge von einem ursprünglichen Treuhandkonto auf das firmeninterne Betriebsmittelkonto umgebucht worden sind. Aufgedeckt wurde der Skandal durch einen weitschichtig verwandten Familienangehörigen, der zwecks Team-Leitung und Buchhaltung in der Ges.m.b.H beschäftigt worden ist.
Angeblich "Graubereich"
Nachdem er das Agentur-Pärchen bezüglich der zu Unrecht bezogenen SV-Beiträge angesprochen hatte, habe er die Auskunft bekommen, dass man intern darüber Bescheid wisse, es sich aber um einen Graubereich handle, verlas Richterin Mag. Knöchl im Saal 1 des Landesgerichtes Eisenstadt die Aussage des Mannes. Da der das nicht auf sich sitzen lassen wollte, erstattete er Anzeige.
Die Staatsanwältin führte aus, dass die beiden Beschuldigten absichtlich nicht die reduzierten Beiträge verrechnet, sondern bewusst und kontinuierlich die zahlenden Familienangehörigen getäuscht haben. Auch erwähnte sie, dass die Angeklagten „im Ermittlungsverfahren bis dato keine Angaben machten“, die zur Aufklärung des Verbrechens beigetragen hätten.
Geständnis des Pärchens
Seitens des Verteidigers hieß es, dass „bei seinen Mandanten Fehler passiert sind, es sich aber nicht um gewerbsmäßigen, schweren Betrug, sondern um Untreue" handle. Seine Klienten würden aber die Verantwortung übernehmen und sich dafür geständig zeigen, „dass Einnahmen nicht ordnungsgemäß weitergeleitet wurden.“ Auch erklärte er, dass es bereits zu einer umfangreichen Schadenswiedergutmachung seitens seiner Mandantschaft gekommen ist. „Bei über hundert betroffenen Familien konnten schon knapp 65.000 Euro zurückbezahlt werden."
Die Vorsitzende merkte an, dass diese Rückzahlungen aber erst nach Aufdeckung der Straftat stattgefunden haben, teils bis knapp vor dem Prozess. Auf ihre Frage, wie sich die Geschäftsführerin des Pflege-Unternehmens, 59, geschieden, Burgenländerin, mit rund 200.000 Euro Schulden, bezüglich der Vorwürfe verantworte, kam ein: „Schuldig!“ Dann gab die Frau zu, „Ich habe gewusst, dass da mit den Versicherungsbeiträgen etwas nicht stimmt. Das war aber nicht mein Bereich, dafür war mein Lebensgefährte zuständig.“
Gesetz nicht ernst genommen
Auf der Anklagebank meinte der dann: „Ja, ich bin schuldig. Ich habe die Gesetzesänderung 2017 nicht so ernst genommen, wie ich hätte sollen.“ „Sie haben also bewusst Rechnungen mit vollem Betrag an die Familien geschickt?“, hakte die Richterin nach. „Ja!“ Ehe von dem Niederösterreicher, 61, geschieden, arbeitslos, gut 120.000 Euro Schulden, ein „Ich entschuldige mich dafür!“, folgte.
10 Monate bedingte Haft
Mehr musste der Schöffensenat nicht mehr hören, zu klar und eindeutig waren Beweise und Geständnisse. Obwohl auf die Einvernahme von Zeugen verzichtet wurde, verkündete Mag. Karin Knöchl ihren Dank an den zuständigen Polizeibeamten, der im Rahmen seiner Erhebungen umfangreiche Aufklärungsarbeit geleistet hatte. Den Schuldspruch des Schöffensenats wegen gewerbsmäßigen, schweren Betruges mit je 10 Monaten bedingter Haft nahm das Pärchen an, die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab. Daher nicht rechtskräftig.
Vom Verlust der Gewerbeberechtigung sah das Gericht ab, weil in der Personenbetreuungs-Agentur das System dahingehend umgestellt worden ist, dass die Familien die SV-Beiträge der Pflegerinnen nicht mehr an die Ges.m.b.H, sondern direkt an die Sozialversicherung bezahlen müssen.


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