Alte Spiritusfabrik
Rauchwart hat eine hochprozentige Vergangenheit

- Alkohol wurde in der Rauchwarter Spiritusfabrik, die heute unter Denkmalschutz steht, von 1910 bis 1938 gebrannt.
- Foto: Gemeinde Rauchwart
- hochgeladen von Martin Wurglits
Jeder, der auf der Bundesstraße zwischen Stegersbach und Güssing fährt, kennt das große, gelbe Gebäude mit Backsteindekor, aber nur wenige wissen noch um seine frühere Funktion. Es handelt sich um die Spiritusfabrik, die zum Gutshof Rauchwart ("Dora-Meierhof") gehörte.
Alkoholerzeugung
Errichtet wurde die Brennerei in den Jahren 1909/10 zur Verwertung landwirtschaftlicher Produkte, vor allem zur Erzeugung von Spiritus durch Erdäpfel. Der Gutshof gehörte zum Batthyànyschen Besitz und wurde 1892 von Fürst Alfred von Montenuevo an Graf Adalbert Kottulinsky aus Neudau verkauft. Das Ehepaar Kottulinsky verkaufte den ungarischen Teil ihres Gutes, darunter auch die Spiritusfabrik, an die Parzellierungsbank in Budapest.
1917 erwarb Anton Hirsch, ein jüdischer Kaufmann aus Budapest, das Gut samt Fabrik. 1937 musste er Konkurs anmelden. Arthur Munk, ebenfalls jüdischer Geschäftsmann, erwarb große Teile des Gutes und die Fabrik.
Kriegsschäden
Im Zuge des Anschlusses Österreichs an Deutschland wurde das Gut von der Deutschen Ansiedlungsgesellschaft übernommen. Die Spiritusbrennerei wurde durch die Kriegshandlungen, aber vor allem nach dem Krieg durch Soldaten der sowjetischen Besatzungsmacht stark in Mitleidenschaft gezogen. Verwaltet wurde das Gut ab 1945 durch die sowjetische Eigentumsverwaltung USIA. Das gesamte Inventar wurde aber entweder gestohlen oder vernichtet.
Wechselnde Besitzer
1956 erfolgte die Rückgabe des Gutes durch den Staat Österreich an den letzten Besitzer Arthur Munk. Dieser veräußerte den Großteil des Gutes inklusive Brennerei 1961 an Baron Georg Drasche-Wartinberg. 1974 wechselte das Gut abermals den Besitzer, und zwar erwarb Familie Fischer das Anwesen.
Heute Wohnhaus und Atelier
Im Jahre 1977 kaufte der bildende Künstler Franz Vana die Spiritusbrennerei. Er gestaltete diese in ein Wohnhaus und in ein Atelier um. Heute steht das Objekt unter Denkmalschutz.
Ungarische Aufschrift
Auf dem Gebäude ist noch heute große und deutlich die ungarische Aufschrift "Mezögazdàsàgi Szeszgyàr" zu sehen, auf deutsch "Landwirtschaftliche Spiritusfabrik". Es handelt sich um eine der letzten ungarischen Bezeichnungen auf Gebäuden im Burgenland und deutet auch noch 2021 auf die ungarische Verwaltung zu Anfang des 20. Jahrhunderts hin. Der offizielle Betrieb war freilich bereits 1938 stillgelegt.


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