Problematische Beton-Vergabepraxis?
Die bauausführende HABAU vergibt die Betonierarbeiten offensichtlich nur „step by step“ und nicht generell
Beim Kasernenbau in Güssing befürchten einheimische Bauunternehmer nicht nur, bei den Gewerkevergaben leer auszugehen, sie bezweifeln auch die Kontrollmöglichkeit der Qualitätsstandards bei Auslandsvergaben.
GÜSSING (kk). Hauptverantwortlich für die gesamte Gewerkevergabe ist die BIG (Bundes Immobilien Gesellschaft), die bauausführende Firma HABAU hat die Möglichkeit, diverse Aufträge direkt zu vergeben.
„50% der diesbezüglichen Subunternehmen sind noch nicht vergeben,“ teilt LRin Verena Dunst auf Anfrage mit. „Davon betroffen sind Innenputz, Estrich, Vollwärmeschutz (Fassade), Schwarzdecker (Dachdecker). Das heißt, hier besteht weiterhin die Möglichkeit, dass noch zusätzliche Unternehmen aus der Region Aufträge erhalten!“
In dasselbe Horn stößt Mag. Ernst Eichinger, der Pressesprecher der BIG in einem Telefonat mit den Bezirksblättern: „Die BIG unterliegt für alle Vergabeverfahren den festgelegten Richtlinien des Bundevergabegesetzes, wir müssen uns daher buchstabengetreu an diese Normen halten und auch alle Ausschreibungen EU-weit tätigen. Es können daher auch nicht freihändig Aufträge an ungarische Firmen erfolgen, sondern die Aufträge sind den Bestbietern zu erteilen. Selbstverständlich sind nach wie vor alle regionalen Firmen eingeladen, zu unseren laufenden Ausschreibungen Anbote zu legen!“
Betonwerke skeptisch
„Der Auftakt der Betonierarbeiten vor Ostern war kein Ruhmesblatt!“, hört man dagegen aus Unternehmerkreisen des Südburgenlands. „Wir wissen, dass der erste Beton aus Ungarn antransportiert wurde und dann keiner mehr nachkam. Daraufhin hatte es - nach einer viel zu langen Steh- bzw. Wartezeit - bis zum Abend gedauert, bis zwei südburgenländische Unternehmen die restlichen zwei Drittel der erforderlichen Betonmenge einbringen konnten.“
Hier wird auch die Frage gestellt, wer - wie vorgeschrieben - die Baustoffqualität überprüft („Wo ist die Bauaufsicht?“) und ob die Baustoffe auch über das bindend vorgeschriebene ÜA-Zeichen verfügen. Der Versuch der Bezirksblätter, vor Ort mit Verantwortlichen der HABAU über die Geschehnisse ins Gespräch zu kommen, scheiterte daran, dass alle Informationen über den Kasernenbau ausschließlich über BIG-Sprecher Eichinger erfolgen.
Betonvolumen 27.000 m3
Insider-Berichten zufolge handelt es sich bei den Betonaufträgen für die Kaserne immerhin um eine Größenordnung von rund 27.000 m3, was einem Auftragsvolumen von ca. 2 Millionen Euro entspricht.
Auch in dieser Richtung weiß man sich auf Unternehmerseite zu äußern: „Hier werden österreichische Steuergelder verbetoniert. Sollen damit ausländische Firmen subventioniert werden? Diese immense Wertschöpfung sollte doch in der Region bleiben!“
Politikerversprechen
Sehr zwiespältig werden Politikerversprechen sowohl von Unternehmerseite als auch von BIG-Sprecher Eichinger eingestuft.
Dieser meint, sehr vorsichtig formuliert, „dass leider allzu oft Versprechungen in einer Form gemacht werden, wie sie aufgrund der Richtlinien des Bundesvergabegesetzes nicht erfüllbar wären“.
Die Unternehmer wiederum fragen sich: „Es werden immer wieder vollmundig Aufträge für die heimische Wirtschaft versprochen, aber wer kümmert sich nach den diversen Spatenstichen darum, wie es dann auf den Baustellen wirklich abläuft?“
LR Dunst: „Ständiger Kontakt!“
Darauf angesprochen, lässt LRin Verena Dunst wissen: „Als Landesrätin und Vertreterin des Südburgenlandes war und ist es mir extrem wichtig, dass die Region von dem Kasernenbau profitiert. Und sie tut es auch! Ich bin ständig mit den Vertretern der größeren Gewerke, wie zum Beispiel mit der Firma HABAU, in Kontakt. Zudem habe ich mehrmals öffentlich kundgetan, dass sich so viele regionale Unternehmen wie nur möglich an den Ausschreibungen beteiligen sollen. Ich habe auch noch rechtzeitig vor dem Stichtag einen Brief an alle Wirtschaftstreibenden des Bezirkes Güssing geschickt, in dem ich darauf besonders hingewiesen habe, dass die kleineren Gewerke ausgeschrieben sind. Ich bin bemüht, jede wichtige Information an die Wirtschaftstreibenden umgehend weiterzuleiten!“
Dunst weist auch auf zusätzliche positive Auswirkungen des Kasernenbaus hin: „Die Region profitiert zusätzlich von den vielen Bauunternehmern und den Bauarbeiten. Die Wertschöpfung wird für die gesamte Bauzeit erheblich in die Höhe gehen. Unterkünfte werden vermehrt angemietet, die Gastronomie profitiert, die Friseure zum Beispiel freuen sich bereits jetzt über mehr Umsätze. Ich bemühe mich sehr, dass so viel Wirtschaftskraft wie nur irgendwie möglich im Bezirk und in der Region bleibt. Die positiven Aspekte bei diesem größten Bauprojekt des Bezirks Güssing überwiegen mit Abstand!“
Meinung:
Regionalitätsbeton?
Offensichtlich wird das Prestigebauwerk „Musterkaserne Güssing“ auch zur Nagelprobe für gelebte Regionalität: Wie weit soll und darf sie gehen? Hört sie an der Grenze zu Ungarn auf, die nach EU-Verständnis eigentlich gar nicht (mehr) existiert? Oder sind wir noch nicht so weit, gemeinsam zu wirtschaften? Geht es nach den heimischen Betonwerkern, dann verständlicherweise nicht: Die beiderseits der Grenze praktizierten Normen klaffen noch zu weit auseinander, vor allem was die Qualitätsanforderungen an Lieferbeton betrifft. In Österreich müssen Materialien für den Bau öffentlicher Gebäude ganz genau festgelegten Qualitätskriterien entsprechen und ihre (zertifizierten!) Verwender sich ständig (Fremd-)Prüfungen unterziehen. Könnte sich in diesem Punkt die Betrauung ungarischer Firmen als eine legistische Gratwanderung herausstellen, auch im Hinblick auf die vorgeschriebenen laufenden Qualitätskontrollen und die spätere Gewährleistung? Wer also vielleicht gar mit Ausschreibe-Spielchen Preisdruck erzeugen möchte, um gegebene Kalkulationsrahmen eventuell zu unterbieten, könnte schlussendlich sehr teuer bauen! Höchste Zeit also, das politische Versprechen der Auftragsvergabe an vornehmlich heimische Unternehmer zu erfüllen!
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