Archaeologischer Park auf der Hohen Birga?

Ausgrabungsarbeiten im Haus Nr. VI | Foto: Florian Müller
7Bilder
  • Ausgrabungsarbeiten im Haus Nr. VI
  • Foto: Florian Müller
  • hochgeladen von Manfred Hassl

Bei Ausgrabungen konnten Archäologen der Universität Innsbruck ein über 2000 Jahre altes Gebäude aus der Eisenzeit auf der „Hohen Birga“ in Birgitz freilegen. Dabei wurden reiche Funde gemacht: Neben Objekten des täglichen Alltags auch zahlreiche Schmuckstücke aus Bronze und Glas sowie eine keltische Silbermünze.

In den letzten beiden Jahren konnte unter tatkräftiger Unterstützung zahlreicher Mitglieder des Vereines „Archaeotop Hohe Birga“ der Bereich ganz im Westen des Hügels näher erforscht werden. Hier sollte sich angeblich eine Regenwasserzisterne befunden haben, welche die Siedlung mit Wasser versorgt hatte. Zu ihrem Aussehen gab es nur spärliche Angaben aus den alten Grabungsberichten. Um bessere Informationen zur angeblichen Zisterne zu erhalten, wurde in dem deutlich durch eine tiefe Senke erkennbaren Bereich eine Nachuntersuchung vorgenommen. „Bei diesen Grabungen fanden sich aber keinerlei Spuren einer Zisterne“, berichtet Mag. Florian Müller, der aus Axams stammende Grabungsleiter der Universität Innsbruck. „Im Gegenteil zeigte sich ein völlig anderer Befund, nämlich der sehr gut erhaltene in Trockenbauweise errichtete Gang eines weiteren Gebäudes.“ Der Gang war ursprünglich mit massiven Steinplatten abgedeckt gewesen, die im Laufe der Jahrtausende aber eingestürzt waren. Das Gebäude selbst war in den gewachsenen Lehm- bzw. Schotterboden eingetieft worden. Über den Korridor konnte man den nördlich davon gelegenen rechteckigen Innenraum betreten, dessen Wände ursprünglich aus Holz bestanden hatten und der eine Ausdehnung von mindestens 7 x 3 m aufwies. Flache Steinplatten dienten dabei als Auflager für die hölzernen Innenstützen des Daches.

Datierung in die Eisenzeit
Im Inneren des Gebäudes fand sich noch der originale Fußboden aus gestampftem Lehm mit einer Herdstelle. „Im Bereich dieses Estrichs konnten zahlreiche bedeutende Objekte gefunden werden, die eine Datierung des Hauses in die jüngere Eisenzeit, also vor mehr als 2000 Jahren, belegen“, erläutert Mag. Verena Schumacher, die verantwortliche Grabungstechnikerin, die aktuellen Erkenntnisse. Bei der Siedlung auf der „Hohen Birga“ handelt es sich um die älteste und größte geschlossene rätische Siedlung in Tirol. Die Räter bewohnten seit dem Ende des 6. Jh. v. Chr. den Alpenraum vom Unterengadin im Westen bis in das Virgental im Osten und im Süden bis an den Gardasee. 15 v. Chr. begannen die Römer ihren Feldzug, um die Alpen zu erobern. Im Zuge der militärischen Besetzung des heutigen Nordtirols dürfte auch die Siedlung auf der „Hohen Birga“ niedergebrannt worden sein.

Große Zahl an Fundstücken
Außer Objekten, die auf den Alltag in dieser Zeit hinweisen, wie keramische Gefäße, Messer aus Eisen und Tierknochen, fanden sich auch zahlreiche Schmuckstücke: Neben zwei reich verzierten Gewandnadeln ein Anhänger, Ringe sowie eine Nadel aus Bronze, die Reste eines Armreifens aus bemaltem Glas sowie eine Glasperle. Der bedeutendste Fund war allerdings eine keltische Silbermünze. „Diese war im süddeutschen Raum geprägt worden und belegt die Handelskontakte der Räter, die selbst keine eigenen Münzen besaßen“, erklärt Müller.

Archäologischer Park
Neben den neuen wissenschaftlichen Untersuchungen auf der „Hohen Birga“ und den damit einhergehenden Restaurierungs- und Konservierungsmaßnahmen der bisherigen Befunde wird auch an der Erschließung des Hügels als archäologischer Park für Besucherinnen und Besucher gearbeitet. Das vor zwei Jahren ergrabene „Haus X“ wurde mittlerweile konserviert. Dabei wurden die Zwischenräume der Trockenmauern originalgetreu mit lokal anstehendem Lehm verfüllt und dadurch stabilisiert, erläutert der Grabungsleiter. Auf Basis der Grabungsbefunde konnten im Innenraum an allen vier Seiten in unterschiedlicher Höhe die ursprünglich vorhandenen Holzeinbauten in Blockbauweise rekonstruiert und ein Lehmstrich verlegt werden.

Sicherheitsüberdachung
Zur weiteren Sicherung der freigelegten Überreste wurde das gesamte Gebäude von einem Schutzbau überdacht. Dieser hebt sich durch die moderne Gestaltung deutlich von den rekonstruierten Befunden ab, passt sich aber durch die Dachschräge der durchsichtigen Überdachung optimal dem abfallenden Gelände des Hügels an. Sowohl für Touristen als auch Einheimische wird nach Abschluss der Arbeiten mit der in der näheren Umgebung singulären Kombination von archäologischem Freigelände und zugehörigem Museum ein attraktiver, in unmittelbarer Nähe zur Landeshauptstadt gelegener kultureller Anziehungspunkt geschaffen.

Bei der Hohe Birga
... handelt es sich um einen kleinen bewaldeten Hügel nördlich von Birgitz, der sowohl Schutz gegen Vermurung und Hochwässer als auch gegen mögliche menschliche Feinde bot. Im Jahre 1937 waren dort die Überreste einer alten Siedlung entdeckt worden, aber erst nach dem Krieg konnten von 1949-1956 die archäologischen Ausgrabungen fortgesetzt werden. Dabei wurden eine Reihe von Gebäuden und zahlreiche Funde entdeckt. In den folgenden Jahrzehnten geriet der Platz zunehmend in Vergessenheit, die bislang entdeckten Überreste verfielen und wucherten zu. Vor zwei Jahren begann daher das Institut für Archäologien der Universität Innsbruck in Zusammenarbeit mit dem „Verein Archaeotop Hohe Birga“, die Ausgrabungsstätte zu säubern und im Zuge von Nachgrabungen den Erhaltungszustand des Mauerwerks zu klären, um allfällig notwendige Restaurierungs- und Konservierungsmaßnahmen einzuleiten. Dabei wurde auf der obersten Terrasse ein erstes Gebäude, das sog. Haus X, freigelegt.

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.