Der Berufsjäger als Diplomat – Wildmeister Martin Egger im Portrait

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Die ersten Vorboten des Frühlings sind unterwegs, auch wenn in Gerlos der Winter noch genüsslich auf den Feldern ruht. Sonnenstrahlen fluten die Stuben im Gasthaus „Kühle Rast“ – Wildmeister Martin Egger lädt ein zum Gespräch und gewährt Einblicke in sein Leben als Berufsjäger. „Mein Urgroßvater hat dieses Gasthaus gebaut, er war selbst auch Berufsjäger“, beginnt Martin Egger zu erzählen. An den Wänden hängen Bilder aus längst vergangenen Tagen. Könnten sie sprechen, sie wüssten viel zu erzählen von den Begegnungen zwischen Mensch und Wild, die sich im Laufe der Zeit in den Revieren in Gerlos zugetragen haben; wer selbst kein Jäger ist, verliert sich beim Anblick dieser Bilder womöglich rasch in romantischen Träumen. „Als Berufsjäger braucht man Geduld, Ausdauer, eine dicke Haut sowieso, Menschenkenntnis und diplomatisches Geschick“, erklärt Martin Egger. Denn so manch einer stellt sich den Gang ins Revier einfacher vor, als er es dann tatsächlich ist: Der eine wird müde oder nervös, dem anderen versagen die Beine oder er verliert die Geduld, hat Hunger oder Durst. „Es ist meine Aufgabe, für die Jagdgäste da zu sein, sie gut vorzubereiten, ehe wir gemeinsam ins Revier ziehen. Man lernt interessante Menschen kennen und gewinnt mit der Zeit viele Kameraden“, ergänzt der Wildmeister. Weit über 1000 Jagdgäste führte Martin Egger im Laufe seiner Berufsjägerkarriere erfolgreich auf die Pirsch. „Im Durchschnitt kümmere ich mich im Jahr um 40 Jagdgäste“, so Egger. „Diese Aufgabe nimmt viel Zeit in Anspruch, selten läuft es so, wie man es sich vorher zurechtgedacht hat. Deshalb freut es mich umso mehr, wenn jeder für sich ein schönes Jagderlebnis mitnehmen kann“, ergänzt der Wildmeister.

Aufgaben & Herausforderungen
Martin Egger beschreibt die Aufgaben des Berufsjägers zwar als körperlich oft anstrengend, er würde aber mit zahlreichen unbezahlbaren Momenten belohnt werden – Strapazen müsste man von Zeit zu Zeit „einfach“ aushalten. Der Wildmeister lächelt zufrieden. Wenn er von seinen Jagderlebnissen und der Arbeit im Revier erzählt, tut er das mit Begeisterung. Und dennoch scheint es manchmal so, als würde es ihm erst im Moment des Erzählens bewusst werden, wie viele unterschiedliche Aufgaben und Rollen er als Berufsjäger übernimmt. Im Winter muss gefüttert werden, zu Frühlingsbeginn werden die Abwurfstangen eingesammelt, der Wildbestand erhoben und die Spielhahnen verlost. Wenig später betreut er dann auch schon die ersten Jagdgäste und kümmert sich um die Regulierung des Rotwildbestandes. „Die größte Herausforderung ist die Erfüllung des Abschussplans. Kahlwild erfolgreich zu bejagen ist eine wahre Knochenarbeit. Wir, das heißt alle Jagden in Gerlos, erstellen und erfüllen den Abschussplan für das Rotwild gemeinsam. Dabei ist es notwendig, dass die Jäger ehrlich und offen zueinander sind“, erklärt Martin Egger. Ein reger Austausch mit den Grundeigentümern und Bauern sorgt dafür, dass bei etwaigen Problemen rasch und effektiv eingegriffen werden kann. „Ich hatte – Gott sei Dank – immer das Glück mit und für Pächter zu arbeiten, die der Hege und Pflege des Reviers eine große Bedeutung beigemessen haben.“

Die Last der Gamsräude
Bereits Martin Eggers Großvater kämpfte in Gerlos mit dem Problem der Gamsräude. Besonders stark im Vormarsch war sie in den 1920er Jahren. „Hegeabschüsse haben sich schon damals bewährt – früher nannte man sie ‚Sanitätsabschüsse‘. Der Hegegedanke wird in Gerlos von allen Beteiligten getragen. Es wird insbesondere danach selektiert, wie es um den Gesundheitszustand einzelner Stücke bestellt ist. Damit nähern wir uns dem Ziel, einen gesunden Gamsbestand aufzubauen“, erklärt Martin Egger.

Wenn Geduld Probleme löst
„Schwammerlsucher“ sind eine Beunruhigungsquelle für das Wild. Martin Eggers Meinung dazu: „Ich gönne jedem sein Hobby. Dem Wild schaden die Schwammerlsucher nicht; lästig werden sie dem ein oder anderen Jäger, weil sie ihm das Wild verschrecken. Aber auch hier hat es sich – zumindest für mich – bewährt, einfach zu warten; das Stück taucht nach einiger Zeit schon wieder auf.“ Es sei auch notwendig, mit den Leuten zu reden, sie aufzuklären oder auf – meist unbeabsichtigtes Fehlverhalten – hinzuweisen.

Über Wildmeister Martin Egger:
Revier: Schönach in Gerlos im Zillertal
Geburtstag: 5. Oktober 1955 in Gerlos
Bildungsweg: Berufsjägerlehre bei Krupp in Gerlos (1972) bei Wildmeister Sepp Stock, Erlangung der Tiroler Jagdkarte (1973), Berufsjägerprüfung (1974), Revierjägerprüfung (1979)
Beruflicher Werdegang: Betreuung des Reviers Krimmler Achental (1975), Betreuung des Reviers Schönachtal (seit 1976)
Auszeichnungen: Ernennung zum Oberjäger in der Krupp Jagd Gerlos (1999), „Wildmeister“ (seit 2014), Oberjäger im Revier Schönach (seit 2014)
Besonders erwähnenswert: Berufsjäger in 4. Generation, Martin Egger war jahrzehntelang als Hegemeister bei sieben Eigenjagden tätig, Anerkennung zum Lehrberechtigten sowie Ausbildung des damaligen Lehrlings Hermann Egger (2002), Hundezüchter bei den BGS und Leistungsrichteranwärter, bestellter Sachverständiger in der Bewertungskommision der Jagdbehörde (2008), Ortsvertrauensobmann der Landwirtschaftskammer, Deligierter des TJV, Wiedereinbürgerung des Steinwildes in Gerlos gemeisam mit Fritz Egger, Öffentlichtkeitsarbeit mit Schulkindern

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