Mein Hut, mein Begleiter – Hutmacher Martin Wiesner im Interview

Martin Wiesner ist seit Kindesbeinen an mit der bayerischen Tradition verbunden, in der die trachtige Kleidung – vor allem die Hüte – eine große Rolle spielen. Ein Praktikum beim Hutmacher Franz Bittner in Bad Ischl ließ den Entschluss Wiesners reifen, Hutmacher zu werden und er absolvierte bei Bittner schlussendlich seine Lehre. Der junge Bayer betreibt seit zehn Jahren in Kreuth am Tegernsee (D) die Hutmacherei Wiesner. | Foto: Max Dhom
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  • Martin Wiesner ist seit Kindesbeinen an mit der bayerischen Tradition verbunden, in der die trachtige Kleidung – vor allem die Hüte – eine große Rolle spielen. Ein Praktikum beim Hutmacher Franz Bittner in Bad Ischl ließ den Entschluss Wiesners reifen, Hutmacher zu werden und er absolvierte bei Bittner schlussendlich seine Lehre. Der junge Bayer betreibt seit zehn Jahren in Kreuth am Tegernsee (D) die Hutmacherei Wiesner.
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Jagd in Tirol: Wie ist es um den Trend des Huttragens momentan bestellt?
Martin Wiesner: Was den Hut anbelangt, suchen immer mehr – auch junge Leute – eine individuelle Variante für den Alltag.

JIT: Jäger, ohne einen Hut: Ist das für Sie denkbar?
Martin Wiesner: Der Hut verleiht seinem Träger immer ein gewisses Lebensgefühl. Neben den Aufgaben, die ein Jäger im Wald erfüllt, pflegt er mit der Kleidung auch einen wesentlichen Teil der Tradition und da passt eine Mütze einfach nicht. Natürlich hat eine Mütze ihre Vorteile, aber wenn man sich beispielsweise den Bruch ansteckt, stößt man mit der Mütze bereits an ihre Grenzen.

JIT: Welche Materialien verwenden Sie für einen Jägerhut?
Martin Wiesner:
Im Jagdbereich werden die Hüte aus Wolle oder aus Haarfilz gefertigt. Das Haar ist im Vergleich zur Wolle leichter, spendet dafür weniger Wärme. Ein Haarhut wiegt nur 110 Gramm, man spürt ihn beim Tragen kaum und schwitzt weniger. Manche Bergsteiger – darunter auch Jäger – tragen im Sommer vermehrt auch Strohhüte.

JIT: Wo liegen in der Produktion eines Hutes die Unterschiede zwischen einem aus Ihrer Manufaktur und einem aus der Massenproduktion?
Martin Wiesner: Im Rahmen der Massenproduktion werden sogenannte Hutrohlinge über eine Form gespannt und mithilfe eines Gegenstückes gepresst. Alle Hüte sehen gleich aus, haben die gleiche Breite und dieselben Falten. Der Stoff ist überdehnt, was dazu führt, dass der Hut erst gar keine Spannung hat, und wenn doch, sie sehr schnell verliert. Ein Hut bekommt bei der Fertigung eine Seele und die kann ich als Hutmacher an den Charakter des Trägers anpassen. In meiner Hutmanufaktur gibt es ähnliche, aber nie idente Hüte, schließlich gibt es auch nicht zwei Menschen, die exakt gleich sind.

JIT: Würden Sie uns die wesentlichen Arbeitsschritte skizzieren, die für die Fertigung eines Hutes notwendig sind?
Martin Wiesner:
Der Hutrohling wird von Hand über die Form gezogen, was einen schonenden Umgang mit dem Material ermöglicht. Das ist auch der Grund, warum diese Hüte nicht so stark einlaufen. Erst wenn der Kunde den Hut aufsetzt, werden die Falten des Hutes in Form gedrückt, je nach dem, wie der Kopf des Trägers beschaffen ist bzw. was ihm gefällt. Außerdem wird der Hutrand steiler angesetzt als er es später tatsächlich ist. Der Stoff strebt dadurch nach oben und behält so seine Spannung. Je nach Kundenwunsch kann der Hutrand in seiner Breite bzw. Steilheit verändert werden. Das ist auch das Entscheidende beim Hutmacher-Handwerk: Der Hut muss einfach zum jeweiligen Gesicht passen.

JIT: Die Beratung gehört demnach auch zu Ihrem Handwerk.
Martin Wiesner:
Genau so ist es. Wir sagen unseren Kunden auch, wenn wir der Meinung sind, dass ein Hut nicht wirkt. Die Hüte für Jäger sind in der Fertigung vergleichsweise einfach, aber auch er muss den Typ oder die Persönlichkeit des Trägers unterstreichen. Wenn wir einen Hut für einen Kunden machen und Änderungen am Hut vornehmen, wird er dadurch nicht teurer.

JIT: Wie langlebig sind handgefertige Hüte für Jäger?
Martin Wiesner:
Das lässt sich schwer sagen, aber beim Durchschnittsjäger beträgt die Lebensdauer eines Hutes aus unserer Manufaktur circa zehn Jahre.

JIT: Manche Jäger klagen darüber, dass ein neuer Hut nach drei-, viermaligem Tragen schrumpft. Was kann man dagegen tun?
Martin Wiesner:
Ja, das kommt vor. Jagdhüte werden meist aus Wolle gefertigt; bei qualitativ minderwertigen Hüten kann es auch sein, dass der Hut um bis zu zwei Nummern eingeht. Wer sich für einen Hut aus hochwertigen Materialien entscheidet, sollte den Hut eine Nummer größer kaufen. Wenn der Hut eine Nummer zu klein wird, könnte man noch etwas machen. Sowohl ein Hut aus Wolle als auch einer aus Haarfilz lässt sich dehnen, allerdings läuft der Woll- im Vergleich zum Haarhut schneller wieder ein.

JIT: Wie oft darf man seinen Hut reinigen?
Martin Wiesner:
Der Hut ist an und für sich ein sehr pflegeleichtes Produkt, wenn man entsprechend damit umgeht. Man sollte den Schmutz abbürsten, aber nicht mit Wasser oder Seife hantieren.

JIT: Welche Geschichten erzählen Ihnen die Hüte von Jägern?
Martin Wiesner:
Für die meisten ist der Hut nicht einfach nur eine Kopfbedeckung. Ein alter Hut, der einen Jäger beispielsweise viele Jahre begleitet hat, wird nicht einfach weggeworfen, auch wenn er schon lange nicht mehr getragen wird

JIT: Wie reagieren Sie auf den Online-Mitbewerb des World-Wide-Web?
Martin Wiesner (lacht):
Ich habe seit zehn Jahren nicht mehr nachgesehen, was es im Internet an Hüten zu bestellen gibt. Die Randbreite und Höhe eines Hutes kann der Käufer bei einem Angebot aus dem Internet nicht beurteilen, geschweige denn beurteilen, ob der Hut tatsächlich zu einem passt. Denn nur, wenn er wirklich passt, setzt man ihn wirklich gerne auf und nicht nur primär deshalb, weil man ihn braucht, sondern, weil er zu einem dazugehört.

Über Martin Wiesner

Martin Wiesner ist seit Kindesbeinen an mit der bayerischen Tradition verbunden, in der die trachtige Kleidung – vor allem die Hüte – eine große Rolle spielen. Ein Praktikum beim Hutmacher Franz Bittner in Bad Ischl ließ den Entschluss Wiesners reifen, Hutmacher zu werden und er absolvierte bei Bittner schlussendlich seine Lehre. Der junge Bayer betreibt seit zehn Jahren in Kreuth am Tegernsee (D) die Hutmacherei Wiesner.

www.hutmacherei-wiesner.de

(Hutmacherei Martin Wiesner)
Tegernseer Straße 69
83700 Reitrain/Kreuth
Telefon: 0049 8022 67 38 24

Hier geht's zur Online-Ausgabe (Feber 2015) des Mitgliedermagazins des Tiroler Jägerverbandes"Jagd in Tirol"

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