Musik – ein Brückenschlag zwischen Psychiatrie und Gesellschaft
Der Monat im Dienst der Öffentlichkeitsarbeit für die psychiatrische Versorgung in Tirol endete am 6. April mit einem fulminanten Konzert des Orchesters der Akademie St. Blasius unter der Leitung von Karlheinz Siessl und dem Tiroler Meisterpianisten Michael Schöch als Solisten. Armin Montana war dabei!
INNSBRUCK (Armin Montana).
Auf dem Programm stand das selten zu hörende Klavierkonzert Nr. 1 von Sergej Rachmaninow. Mit 17 Jahren hatte dieser das Werk geschrieben, noch bevor er nach der Kritik an seiner Symphonie Nr. 1 in eine tiefe Schaffenskrise und Depression schlitterte. Dank ärztlicher Behandlung durch Hypnose gelang es ihm, wieder Selbstvertrauen zu fassen und weiter zu komponieren.
Als zweite Rarität erklang die Symphonie E-Dur des Wiener Komponisten Hans Rott. Niemand geringerer als sein Kompositionslehrer Anton Bruckner sagte ihm Großes voraus. Dazu kam es aber leider nicht: Johannes Brahms, als Gegner Bruckners im gnadenlosen Wiener Musikbetrieb, hatte den Erstling des 20-Jährigen vernichtend kritisiert. Eine Uraufführung kam nicht zustande. Rott verfiel im Folgejahr der Schizophrenie und wurde in eine Anstalt eingewiesen. Ihm konnte mit den damaligen Behandlungsmethoden nicht geholfen werden und er verstarb dort erst 25-jährig. Rotts Symphonie erschien posthum und erlebte 1989 ihre Uraufführung. 110 Jahre verspätet zeigen sich so die erstaunlichen Ähnlichkeiten mit der ein Jahrzehnt später komponierten Symphonie Nr. 1 seines Mitschülers Gustav Mahlers, der in Rott den „Begründer der neuen Symphonie“ sah.
Im Klavierkonzert waren ungewöhnlich deutlich die gemeinsamen Linien zwischen solistischen Bläsern und Piano herausgearbeitet. Schöch entwickelte ganz aus der Ruhe ein Spiel, das sich ideal in den Orchesterklang einschmiegte, statt daraus virtuos hervorzutreten. Bei Brahms‘ Rhapsodie op. 79/1 entwickelte der Pianist feinsinnig das Liniengeflecht aus dem rhythmischen Eingangsmotiv. Die groß angelegten Steigerungen in der Symphonie funktionierten exemplarisch. Musik und Musiker entfachten große Begeisterung im vollen Saal: 15 Jahre Akademie St. Blasius bedeutete einmal mehr lustvolles, waches und farbreiches Musizieren in bester Spiellaune.
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