„Der Fall wird ohne Rücksicht aufgeklärt“

Hypo-Vorstand Markus Jochum beruhigt die Kunden und auch die Mitarbeiter.
  • Hypo-Vorstand Markus Jochum beruhigt die Kunden und auch die Mitarbeiter.
  • hochgeladen von Sieghard Krabichler

120 Mio. Euro Verluste in Italien, eine hitzige politische Diskussion und verunsicherte Kunden: Hypo-Vorstand Markus Jochum hat alles andere als eine ruhige Zeit.

BEZIRKSBLÄTTER: Gibt es reelle Chancen, die Schuldigen – diesseits und jenseits des Brenners – zu finden?
MARKUS JOCHUM:
„Wir unternehmen alles, um den Fall aufzuklären. Es wurde bei der Finanzmarktaufsicht Anzeige erstattet. Hier sind die Vorstände der Zeit von 2003 bis 2008 namentlich genannt (Gruber, Pfeifer, Unterleitner, Anm.). Weiters wird Anzeige bei der Staatsanwaltschaft folgen, in Österreich wie in Italien. Und intern werden sämtliche Fakten ohne Rücksicht auf Personen geprüft. Auch zivilrechtliche Klagen werden folgen, denn es sieht so aus, dass hier auch vorsätzlich gehandelt wurde.“

Welche Auswirkungen hat eine Anzeige bei der Finanzmarktaufsicht?
„Es wird ein detailliertes Prüfungsverfahren eingeleitet, Experten werden die Italiengeschäfte durchleuchten. Dann wird Anzeige erstattet und diese an die Justiz weitergeleitet. Weiters kann es auch zu einem Berufsverbot von schuldigen Betroffenen kommen und auch Geldstrafen können verhängt werden.“

In welchem Zeitrahmen wird das alles stattfinden?
„In den nächsten Wochen sollte diese Überprüfung abgeschlossen sein.“

Wie beurteilen Sie die politische Diskussion nach Bekanntwerden der Verluste?
„Ich habe großes Verständnis für diese politische Diskussion, denn das Ausmaß ist enorm. Trotzdem stelle ich über Parteigrenzen hinweg fest, dass die Hypo Tirol Bank in der Politik ein starkes Rückgrat hat. Das nimmt auch unseren MitarbeiterInnen die Verunsicherung.“

Werden Mitarbeiter gehen müssen?
„Im Vordergrund steht jetzt die transparente und lückenlose Aufklärung des Falls und dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden – natürlich auch intern. Sonst wird es in diesem Zusammenhang keinen Abbau geben. Natürlich werden wir aber analysieren, wie viele Mitarbeiter wir für unser Geschäftsfeld brauchen, tendenziell werden es weniger, aber in einem sozial verträglichen Ausmaß durch natürliche Fluktuation.“

Wird sich die Hypo aus Italien zurückziehen?
„Diese Entscheidung ist noch nicht gefällt und wird mit dem Aufsichtsrat gemeinsam getroffen. Aus heutiger Sicht ist es eher unwahrscheinlich, die Hypo wird sich aber ausschließlich auf Südtirol und das Trentino konzentrieren.“

Wie sehr wirken sich diese Italienverluste auf die Kunden aus?
„Wir haben viele Gespräche mit unseren Kunden geführt und die stehen sehr stark hinter uns. Natürlich kann ich nicht ausschließen, dass Kunden abwandern, aber wir können keine Kundenflucht in vermehrtem Ausmaß feststellen. Das aufgebaute Vertrauen in der Vergangenheit macht sich jetzt bemerkbar.“

Schafft die Hypo diese Verluste aus eigener Kraft oder wird es Landesmittel oder eine Beteiligung brauchen?
„Die Finanzmarktaufsicht hat die Eigenkapitalquote angesprochen, das wird sich erst nach dem Prüfungsverfahren entscheiden. Es gibt mehrere Möglichkeiten, diese zu heben. Einmal, wenn das Land als Eigentümer Kapital zuschießt, oder wenn das Kreditvolumen reduziert wird. Unbestritten ist, dass die Hypo Tirol alle Mindestanforderungen locker erfüllt und derzeit über Eigenmittel in der Höhe von 510 Mio. Euro verfügt. Außerdem verfügen wir über eine gute Liquidität.“

Wenn ich ein Sparbuch mit 8000 Euro bei der Hypo habe, muss ich mir Sorgen um die Einlagen machen?
„Ein ganz klares Nein. Das Land Tirol haftet einmal bis 2017 für bestimmte Einlagen und Wertpapiere, auch die staatlich garantierte Einlagenhaftung des Bundes bis zu 100.000 Euro ist selbstverständlich nach wie vor gültig.“

Interview: Sieghard Krabichler

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