Nach 20 Jahren ist Schluss
Hernals-Bezirkschefin Ilse Pfeffer spricht Klartext
Bezirkschefin Ilse Pfeffer (SPÖ) geht in Pension. Zum Abschied sprechen wir über 20 Jahre als Vorsteherin.
Frau Bezirksvorsteherin, nach 20 Jahren machen Sie Schluss. Wie kann man Ihr Wirken in einem Satz zusammenfassen?
ILSE PFEFFER: Es war sehr spannend, schön und sehr herausfordernd.
Warum treten Sie gerade jetzt ab?
Wenn Sie mich vor einem Jahr gefragt hätten, dann hätte ich anders geantwortet. Aber ich habe mich gefragt, ob ich bei der nächsten Wahl antrete und mir auch mein Alter ausgerechnet. Mein Entschluss war, nicht mehr anzutreten. Daraus ergaben sich zwei Fragen: Mache ich die Periode zu Ende oder übergebe ich das Amt auf halber Strecke? Mein 20-Jahr-Jubiläum war dann symbolisch aufgelegt für den Abschied.
Wer hat als Erster von Ihrem Entschluss erfahren?
Mein Nachfolger Peter Jagsch. Er war im Büro gerade am Gehen, da habe ihn hereingeholt und gefragt, ob er es machen will.
Haben Sie einen Rat für Ihren Nachfolger?
Lass dich von Terminen nicht überfahren. Es ist wichtig sich Zeit für eine ordentliche Nacharbeit einzuteilen. Gut arbeiten kann man nur in einem Tempo, dass einem selbst entspricht. Man bringt auch viel weiter, wenn es auch mal langsamer geht. Das habe ich in der Pandemie gelernt. Man darf sich nicht zu viel einteilen. Auch wenn alle etwas von einem wollen. Sonst muss jeder sein Entscheidungen selber treffen. Politische Ratschläge wird es von mir keine geben.
Hat Corona Ihre Entscheidung in Pension zu gehen beeinflusst?
Nein.
Und der Krieg in der Ukraine?
Meine Entscheidung stand vorher fest. Man weiß dennoch nicht, wie sich das weiter entwickelt. Putin weicht keinen Schritt zurück. Das sehe ich als besorgniserregend.
Hat sich die politische Arbeit in den vergangenen 20 Jahren verändert?
Sie ist rascher geworden. Früher hat man Briefe geschrieben und gewartet. Die Bedürfnisse und Anliegen der Menschen haben sich verändert (denkt nach). Die Armut ist gleich geblieben. Persönliche Bedürfnisse stehen heute oft im Vordergrund. Früher war das anders. Wenn gestritten wurde, dann wurden Anwälte eingeschalten. Heute ist das weniger der Fall. Viele machen sich schlau und erklären heute der Behörde, was zu tun ist. Hier nimmt manches Überhand.
Wie würden Sie Ihre Arbeit rückwirkend beschreiben?
Ich habe immer versucht, die Leute zu nehmen, wie sie sind. Jeder hat seine Eigenheiten, auch ich. Es hat schon auch oft harte Worte gegeben. Immer Samt und Seide war es nicht. Aber wir konnten uns immer mit Respekt begegnen. Natürlich muss man auch Tacheles reden. Ich liebe euch alle, das bin ich nicht (lacht).
Sind Sie "eine große Rote"?
Ich bin überzeugte Sozialdemokratin. Man hat bei mir aber nie ein Parteibuch gebraucht. Ich hatte für alle ein offenes Ohr und hab versucht, mich immer um alle zu kümmern.
Wo steht die Sozialdemokratie?
Die Sozialisten haben gute linke Sozialpolitik gemacht. Für Menschen da sein, die sich selbst nicht wehren können. Wir können uns über alles Moderne unterhalten, aber man muss bei der Basis bleiben. Wenn es um Geld für Kindergarten oder eine Anrainerstraße geht, dann ist es klar, dass man einen Kindergarten saniert.
Was werden Sie am ersten Tag nach Ihrem Abgang machen?
Einen anderen Alltag kennenlernen und andere Strukturen haben. Nicht von einem Projekt in ein anderes springen. Ich muss die Zeit nützen, um wieder andere Gedanken einziehen zu lassen. Für mich beginnt ein völlig neuer Lebensabschnitt – Hernals bleibe ich natürlich treu.
Zum Rücktritt von Ilse Pfeffer bereits erschienen:
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