Vorzugsstimmen Landtagswahl
Hollabrunn - "Stimmen-Kaiser" unter Druck

- Diskussion über Vorzugsstimmen in der ÖVP.
- Foto: Sandra Schütz
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Vorzugsstimmen sollen bei Wahlen künftig abgewertet werden. Das sagen die Politiker im Bezirk Hollabrunn.
BEZIRK HOLLABRUNN. Das österreichische Wahlrecht ist kompliziert. Vorzugsstimmen sind zwar rechtlich vorgesehen, in der Realität entscheidet aber der Listenplatz, welcher Kandidat ein Mandat bekommt. Einen besser platzierten Kandidaten mit Vorzugsstimmen zu überholen ist rechtlich fast unmöglich.
Das VP-Modell
Unter Erwin Pröll hat die ÖVP als einzige Partei eine interne Regelung eingeführt. Die Kandidaten in den Wahlkreisen erhalten die Mandate rein nach Vorzugsstimmen. Bei der letzten Landtagswahl war die ÖVP daher die einzige Partei, bei der Umreihungen stattgefunden haben. In Amstetten, Melk, Tulln und Waidhofen an der Thaya setzten sich jeweils die zweitplatzierten Kandidaten gegen die Spitzenkandidaten durch.
Ums Leiberl rennen
Die Vorteile des reinen Vorzugsstimmen-Modells liegen auf der Hand. Wer sein Mandat nicht fix in der Tasche hat, sondern jedes Mal um sein Leiberl rennen muss, wird sich einerseits im Wahlkampf mehr anstrengen, andererseits auch versuchen, während der Legislaturperiode viel für seinen Wahlkreis zu erreichen. Und schließlich bestimmen die Wähler, wer die Region vertreten soll und nicht die Parteiführung.
Platz schlägt Stimme
Nun steht diese Regelung parteiintern unter Druck, bei einer Sitzung wurde das System kürzlich massiv infrage gestellt. Auch in der ÖVP soll es demnach zurück zur Listenplatzreihung gehen, was die Vorzugsstimmen massiv entwertet. Wir haben die Vorzugsstimmenkaiser der Parteien in der Region befragt, was sie von diesem Vorschlag halten.
ÖVP - Richard Hogl - 2.911 Vorzugsstimmen
Richard Hogl (ÖVP), der bei der Landtagswahl 2023 beeindruckende 2.911 Vorzugsstimmen erhielt, kennt die immer wiederkehrende Diskussion um das Vorzugsstimmen-System. Dennoch sieht er keinen Grund, das bewährte Modell abzuschaffen: "Die Menschen wollen eine konkrete Person wählen, und wer sich aktiv im Wahlkampf engagiert, muss keine Angst vor der Wahl haben. Viele Vorzugsstimmen, besonders bei meiner dritten Wahl und der zweiten Wiederwahl, sind sowohl eine Bestätigung meiner geleisteten politischen Arbeit als auch Motivation und Ansporn für zukünftiges Engagement."
FPÖ bekennt sich zum Vorzugsstimmen-System
Michael Sommer (FPÖ) bekennt sich klar zum Vorzugsstimmen-System: ‚Ich bin ein Befürworter dieses Wahlsystems, weil es die ehrlichste Form der Wählermeinung widerspiegelt. Man sieht deutlich, welcher Politiker und welche Persönlichkeit wirklich gewünscht ist. Aus diesen Gründen habe ich das Vorzugsstimmen-System auch in Hollabrunn bei der Gemeinderatswahl eingeführt. Natürlich freut man sich über jede einzelne Vorzugsstimme – und sie zeigt auch, dass sich persönlicher Einsatz lohnt. Der größte Vorteil liegt aber eindeutig darin, dass der Wählerwille direkt sichtbar wird."
Grüne: Inhalte zählen mehr als Vorzugsstimmen
Die Grünen orientieren sich beim Wahlrecht grundsätzlich an der Reihung auf der Liste. Erst ab einem bestimmten Prozentsatz können Funktionäre durch Vorzugsstimmen nach vorne rücken. "Vorzugsstimmen können besonders eine Unterstützung für eine Person ausdrücken. Wir sehen den Ansatz „Name vor Partei“ kritisch, da er für Wähler oft irreführend ist", erklärt Grüne Landtagsabgeordneter Georg Ecker. Natürlich wolle man als Spitzenkandidat ein starkes Ergebnis erzielen und viele Stimmen sammeln – und jede Vorzugsstimme sei eine Würdigung der eigenen Arbeit. "Dennoch möchte ich betonen, dass meine Hauptmotivation in den Inhalten liegt", so Ecker.“
SPÖ äußert sich nicht zu ÖVP-internen Diskussionen
SPÖ-Bezirkschef Stefan Hinterberger kennt dieses Thema als ÖVP-interne Diskussion und äußert sich dazu nicht, meint aber grundsätzlich: "In der NÖ-Landtagswahlordnung ist ein klares Vorzugsstimmenmodell geregelt, das ein Wahlpunktesystem für Vorzugsstimmen nach der Listenreihung beinhaltet. Das stärkt meiner Meinung nach schon die Verbindung zwischen Politikerinnen und Politikern und ihrem Wahlkreis."
Zur Sache
Bezirks-Kaiser
Das waren bei der Landtagswahl 2023 die Vorzugsstimmen-Kaiser im Bezirk Hollabrunn.
VPNÖ: Richard Hogl (2.911), Stefan Lang (832), Florian Hinteregger (809)
FPÖ: Michael Sommer (920), Christian Lausch (160), Manfred Baumgartner (120)
SPÖ: Stefan Hinterberger (845), Elke Stifter (107), David Rein (95)
GRÜNE: Georg Ecker (495), Christoph Valdaus (83), Daniela Friedl (48)
NEOS: Jürgen Margetich (214)
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