Höchtl lud zum „Justizgipfeltreffen“ mit Justizminister Wolfgang Brandstetter
HORN verbindet: Präsident Höchtl lädt Justizminister Wolfgang Brandstetter als Publikumsmagnet zum „Justizgipfeltreffen“ durch „Österreichische Gesellschaft für Völkerverständigung“
Kaum ein halbes Jahr Justizminister, reicht die Ankündigung eines grundlegenden Vortrages von Universitätsprofessor Wolfgang Brandstetter bereits aus, um den Festsaal selbst bis zum letzten Stehplatz zu füllen. Dem von Gastgeber eh. NRabg. Prof. Josef Höchtl, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Völkerverständigung, gestellten Thema „Aktuelle Herausforderungen der Justizpolitik“ entsprechend war die Veranstaltung ein österreichisches Justizgipfeltreffen ersten Ranges. Brandstetter, von der ÖVP in die Bundesregierung entsandter parteifreier Justizminister und guter Freund von Präsident Höchtl-beide Herren haben in HORN studiert- , hielt sich bei seinen Ausführungen konsequent an das eingangs gegebene Versprechen auf offene, ungeschminkte Worte. Die Justiz in Österreich zähle zwar weltweit zu den Bestperformern, doch sei es weniger die Aufgabe des Ministers, diese öffentlich zu loben, als auch noch die letzten Schwachstellen zu analysieren und zu beheben.
Deshalb habe sich der zwischen seinem Wohnort EGGENBURG und der Zweitwohnung in Wien pendelnde Universitätslehrer, Wirtschafts-Strafverteidiger und anerkannte Antikorruptionsexperte die Lösung zahlreicher Aufgaben in dieser Legislaturperiode vorgenommen.
Thema Nummer eins nennt Brandstetter die Verfahrensbeschleunigung bei gleichzeitig mehr Zeit für die Ermittlungsverfahren. Dies möchte er in engem Austausch auch mit den Bezirksrichtern erreichen. Gleichzeitig solle der Beschuldigtenbegriff enger gefasst und auf einen konkreten Tatverdacht eigeschränkt, sowie bei größeren Verfahren ein zweiter Berufsrichter wieder eingeführt werden. Im Rahmen einer für nächstes Jahr geplanten, derzeit auf Expertenebene in Vorbereitung stehenden, Strafrechtsreform sollen die Strafdrohungen bei Gewaltdelikten gegenüber Vermögensdelikten erhöht werden. Im Zivilrecht schwebt dem Minister eine Reform des Erbrechtes und des Sachwalterrechtes mit dem Ziel von weniger Besachwaltung und mehr „unterstützter Entscheidungsfindung“ vor, bei welcher die Autonomie hiLfsbedürftiger und alter Menschen so lange wie möglich erhalten bleiben soll. Im Bereich des Patietentestaments und der Vorsorgevollmacht hegt er Hoffnung auf Aktivitäten seitens der Notariatskammer. Als weitere Vorhaben spricht Brandstetter Richtlinien für „verwaiste Werke“ im Zuge einer Reform des Urheberrechts, die Anpassung von nicht mehr zeitgemäßen Fristen bei den Mietrechtsgesetzen und Neuregelungen bei der Fortpflanzungsmedizin, insbesondere im Zusammenhang mit den Rechten gleichgeschlechtlicher Paare und homosexueller Menschen an. Dass schwule Männer jedoch über den Umweg einer Leihmutterschaft Kinder in die Welt setzen, sei für ihn allerdings ein Tabu.
Der Justizminister nimmt für sich in Anspruch, ein profunder Kenner auch des Strafvollzuges, insbesondere auch der Vollzugsanstalten selbst, zu sein. Dort ortet er ein tiefgreifendes Strukturproblem. Speziell im erst kürzlich ins Gerede gekommenen Maßnahmenvollzug sei ein Sinneswandel mit teilweiser Verlagerung in psychiatrische Kliniken erforderlich, aus welchen er übrigens bereits konkrete Hilfsangebote erhalten habe. Budgetfragen seien dabei sogar eher unbedeutend, jedoch stünden solche dem an sich wünschenswerten Neubau von Haftanstalten außerhalb von Ballungszentren massiv im Wege. Eine Privatisierung des Strafvollzuges werde es unter ihm als Justizminister jedoch auf keinen Fall geben.
An der dem Vortrag folgenden Publikumsdiskussion beteiligte sich die fast vollzählig anwesende Justizprominenz in Form der früheren Justizministerin Mag. Claudia BANDION-ORTNER, der Vizepräsidentin des Verfassungsgerichtshofes Dr. Brigitte BIERLEIN und der Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Eckhart RATZ, des Verwaltungsgerichtshofes Dr. THIENEL und des NÖ-Landesgerichtes Korneuburg Dr. TSCHUGUELL. Auch aus den Reihen anwesender Mandatare aus Nationalrat (Schmuckenschlager),Landtag und etlicher Bürgermeister kamen Fragen und Anregungen. So stellt etwa der Landtagsabgeordnete Lukas Mandl, die Nutzung von „Open Government Data“ zur Diskussion, welche unter anderem einen wichtigen Beitrag zur Unfallverhütung leisten könnten. Damit findet er durchaus Verständnis bei Justizminister Brandstetter, der einer Fahrradkennzeichnungspflicht hingegen eher skeptisch gegenübersteht.
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