Durchwachsene Geschichte des alten Schießstandes in Sölden
Sölder Schießstand mit langer Geschichte

Zum Sölder Schießstand gibt es viel zu erzählen. | Foto: Knabl
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  • Zum Sölder Schießstand gibt es viel zu erzählen.
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Im Sommer 2021 stellen die Ötztaler Museen wöchentlich denkmalgeschützte Gebäude im Ötztal vor. Dazu zählt der “Alte Schießstand” in Sölden, der 2018 unter Denkmalschutz gestellt wurde.

SÖLDEN: Denn das spektakulär errichtete Gebäude stellt eines der wenigen erhaltenen baulichen Beispiele für Propaganda-Architektur dar und ist ein Mahnmal aus der Zeit des Nationalsozialismus. Diese Woche wurde an der Fassade des Gebäudes eine Tafel angebracht, die über die Geschichte und Bedeutung des Gebäudes informiert.
Das NS-Regime legte in Tirol Wert auf die Inszenierung der Heimatkultur. Tiroler Tracht oder Volkstänze sollten die Zugehörigkeit zur Volksgemeinschaft und zum NS-Staat ausdrücken. Auch das Brauchtumswesen wurde im nationalsozialistischen Sinne gelenkt: so wurden alle Schützen-, Trachten- und Volkstanzvereine sowie Musikkapellen in eine Einheitsorganisation überführt: den Standschützenverband.
Dem Gauleiter und Landesoberschützenmeister Franz Hofer war das Schützenwesen ein besonderes Anliegen. Öffentlichkeitswirksam inszenierte er und förderte auch finanziell großzügig. Schießstände wurden modernisiert oder neu erbaut.

Ein Zeitdokument

Der Schießstand sollte dabei der Kirche als sonntäglicher Treffpunkt der ganzen Familie Konkurrenz machen. Das jährliche Tiroler Landesschießen in Innsbruck wurde zur größten Schießveranstaltung im Dritten Reich, die sich als riesiges Volksfest generierte. 1943 waren über 30.000 Teilnehmer anwesend.
Beim Schießstand in Sölden handelt es sich um ein besonders anschauliches und zugleich auch seltenes historisches Zeitdokument eines verbrecherischen und kriegerischen Regimes, das sich der gesamten Bevölkerung bedienen, und diese für den Krieg missbrauchen wollte. Es steht daher auf die Initiative Markus Wilhelms hin seit 2018 unter Denkmalschutz.
In Kooperation mit dem Bundesdenkmalamt, dem Kunstkataster des Landes Tirol und der Gemeinde Sölden und mithilfe von Unterlagen aus dem Archiv Markus Wilhelm haben die Ötztaler Museen eine Informationstafel erstellt, die diese Woche montiert wurde. Die Tafel soll die Bedeutung des Gebäudes unterstreichen und besser nachvollziehbar machen, warum der alte Schießstand unter Denkmalschutz steht, bzw. auch warum es wichtig ist, mitunter auch Gebäude aus der NS-Zeit als Denkmäler unter Schutz zu stellen.
Die neu montierte Tafel informiert über die Geschichte und den Denkmalschutz des Gebäudes und macht auch durch einen QR-Code die originalen Filmdokumente der Eröffnung aus dem Jahre 1941 zugänglich, der ebenfalls unter www.oetztalermuseen.at anzusehen ist.

Zum Sölder Schießstand gibt es viel zu erzählen. | Foto: Knabl
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