Gemeinde-Schulden sind leicht gesunken
Kommunalkredit-Chef Steinbichler lobt Sparsamkeit der Kommunen, hofft aber auf mehr Investitionen.
von Karin Strobl
Die Gemeinden haben ihre Aufgaben gemacht und ihre Schulden um 43 Mio. Euro reduziert. Sie sprechen von einer Trendumkehr. Warum?
ALOIS STEINBICHLER: „Diese positive Tendenz liegt sogar über unseren Prognosen. Die Finanzschulden sind gesunken. Die Ausgabendynamik, vor allem bei den Personalkosten und der Verwaltung, wurde gebremst. Bei den vorgeschriebenen Kosten für Pflege, Gesundheit und Soziales sind die Ausgaben um 3,9 Prozent gestiegen.“
Gehen die Einsparungen zulasten der Investitionen?
„Die Investitionen sind um 154 Millionen Euro oder 9,2 Prozent gesunken und es wurde etwas weniger in Siedlungswasserwirtschaft investiert. Dennoch leisten die Gemeinden noch immer rund 30 Prozent der öffentlichen Investitionen.“
Werden sich die Finanzierungen etwa für Kanalbauten in Zukunft allein über das Budget abdecken lassen?
„Investitionen müssen sich zunehmend auch über Projektansätze finanzieren, die Kostendynamik sollte über den gesamten Zeitraum abgebildet werden. Es gibt nicht nur Errichtungs-, sondern auch Instandhaltungskosten. Und es gibt nicht nur das öffentliche Budget, sondern auch privates Kapital. Der Nachteil der Kameralistik ist, dass man dies nur in einem Jahresabschnitt abbilden kann.“
Klingt nach Privatisierung der öffentlichen Aufgaben...
„Für mich ist das keine Frage von ‚entweder-oder‘, sondern von ‚sowohl-als auch‘. Es gibt viele Beispiele in der öffentlichen Verwaltung, wo dies bereits aktiv gelebt wird, so wie etwa im Gesundheits- oder in Wien auch im Verkehrsbereich.“
Welchen finanziellen Handlungsspielraum sollen die Gemeinden dabei haben?
„Die Kommunen haben eine sehr verantwortungsvolle Finanzverwaltung, die in der Regel auch recht transparent ist. Und in jedem Bundesland gibt es eine Gemeindeaufsicht, die sehr wirkungsvoll arbeitet.“
Was kann die Kameralistik und was die doppelte Buchhaltung?
„Der große Unterschied ist, dass die Kameralistik die Dauerbelastungen nicht erfasst. Die doppelte Buchhaltung zwingt die Erfassung von Dauerbelastungen als Verbindlichkeiten. Sie ist aber nicht die alles heilbringende Antwort alleine.“
Was wäre Ihre Antwort auf die derzeit stark kritisierten Finanzgebarungen?
„Es gibt drei Ansätze: Zum einen müssen alle Verbindlichkeiten, Dauerbelastungen und Leasingvereinbarungen erfasst werden. Dasselbe gilt für ausstehende Haftungen. Und es muss kommuniziert werden, welche Geschäfte zulässig sind und welche nicht. Dann hätten wir 90 Prozent der relevanten Fragen beantwortet, ohne gleich die doppelte Buchhaltung einzuführen.“
Hintergrund:
Die Kommunalkredit präsentiert jährlich den Gemeindefinanzbericht. Das Standard-Nachschlagewerk wurde von der Kommunalkredit gemeinsam mit dem Österreichischen Gemeindebund und dem Österreichischen Städtebund zum achten Mal herausgegeben. Der Bericht bietet einen umfassenden Überblick über die wirtschaftliche Situation der österreichischen Städte und Gemeinden und beinhaltet die wichtigsten Ergebnisse und Analysen zum Rechnungsjahr sowie Prognosen. Erstmals seit der Datenerfassung (1985) sinken die Finanzschulden leicht um 0,4 % bzw. 43,2 Millionen auf 11,64 Milliarden Euro. Zudem erwirtschaften die Kommunen seit 2002 wieder einen Gesamtgebarungsüberschuss von 226 Millionen Euro.
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