Ein Kunstwerk am Kopf
Das Modistenhandwerk, also die Hutmacherei, war viele Jahrhunderte aus der Mode nicht wegzudenken. Heute gibt es nur wenige Manufakturen, wie in der Sechsschimmelgasse 7, in der exquisite Einzelstücke entstehen.
(uss). Noch zu James-Bond-Zeiten in den 60ern trug „Mann“ Hut. Die Damen sagten dem Kopfschmuck schon früher Adieu und schmückten sich nach dem Höhenflug der Hutmode in den 40ern und 50ern stilvoll beim Pferderennen.
Doch seit kurzem erlebt die Begeisterung für schicke Kopfbedeckungen eine Renaissance. „Auch wenn sich viele Damen noch nicht ganz über große, auffallende Kreationen trauen, es werden immer mehr“, freut sich Cindy Steffens, die ihre Besucherinnen und Besucher nur allzu gerne in ihr Hut- und Schneideratelier in der Sechsschimmelgasse lädt. „Viele Kunden möchten sehen, wie meine Kreationen entstehen und bleiben dann oft Stunden da, um mir bei der Arbeit zuzusehen. Dazu haben sie ja bei normalen Geschäften, in denen Massenware verkauft wird, keine Möglichkeit.“
Beruf aus Leidenschaft
Im kleinen Ort Tangerhütte in Sachsen-Anhalt geboren, wusste die 30-Jährige schon früh, dass sie später in den Bereichen Textiles Werken und Kostümbildnerei beruflich tätig sein will. Ihre besondere Leidenschaft galt aber dem Hutdesign. Ihr Weg führte sie über Ausbildungen in Hamburg, Hannover und Berlin und nach ihrer erfolgreichen Teilnahme an der Modemesse „Blickfang“ im MAK 2007 direkt nach Wien. „Schon kurz darauf hatte ich mein eigenes Atelier“, erzählt sie begeistert von ihrem doch auch für sie überraschenden Umzug nach Wien.
Auch in Wien ist das Handwerk vom Aussterben bedroht. Vor allem selbständige, junge Hutkünstler haben es schwer, sich auf eigene Beine zu stellen. „Ich habe einige Stammkunden, die nicht nur Hüte, sondern auch die dazu passende Maßmode bei mir schneidern lassen.“ Auch das ist Teil des kreativen Repertoires der jungen Hutmacherin. Der passende Kopfschmuck muss nicht immer ein Hut sein. Manchmal ist es auch ein Gesteck, eine Schleife, ein Haarreifen.“ Das Hauptgeschäft und ihre eigentliche Leidenschaft ist und bleibt aber die Hutmacherei. Und die in bester „alter“ Tradition. Über Holzmodeln wird der jeweilige Rohling gezogen, im Winter Filz, der sehr viel beweglicher ist als die Materialien des Sommers, Stroh oder Papier. Rund drei Tage braucht ein Hut, bis er die finale Form hat. Dazwischen wird gespannt, gebügelt und getrocknet. Und danach kommt der für Cindy Steffens interessanteste Teil der Arbeit: das Aussuchen, Gustieren, Finden von schmückendem Beiwerk. Von Ästen, Federn, Leder, Seide, Stachelschweinstacheln (hier hat sie einen Freund im Zoo, der abgefallene Stacheln für sie einsammelt) und Perlen bis hin zu alten Schmuckstücken und Spitzen aus Omas Zeiten kommt je nach Entwurf einfach alles in Betracht. Und wie sieht die Zukunft aus? „Mundpropaganda ist besonders wichtig, denn Laufkundschaft gibt es hier in der Sechsschimmelgasse Nr. 7 eher weniger. Aber die vielen Modeevents in Wien sind wohl meine beste Referenz.“
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