Gestatten: Ich bin dein Neffe!
Wie fiese Gauner gefinkelt ältere Mitbürger per Telefonanruf um ihr Erspartes bringen
(pb). Die Abzocke unserer älteren Mitmenschen nimmt immer dreistere Formen an. Trotz eindringlicher Warnungen zieht der so genannte Neffen- oder Nichtentrick immer noch.
Gertrude M.* ist eine liebenswerte, rüstige Pensionistin mit einem wachen Geist. Letzteres war unlängst ihr Glück, denn die Margaretnerin wurde beinahe Opfer einer miesen Gaunertour, „Neffentrick“ genannt.
„Was? Du kennst mich nicht?“
Eines Tages erhielt die Pensionistin einen Anruf. Der Mann am Telefon sprach mit deutschem Akzent und stellte sich als ihr „Neffe aus Deutschland“ vor. Gertrude M. war skeptisch, weil sie die Stimme niemandem zuordnen konnte. Sie hat zwar Familie in Deutschland, aber wenig Kontakt. Der Anrufer blieb hartnäckig und verunsicherte die alte Dame: „Was? Du kennst mich nicht? Aber Tante Gertrude! Ich bin es doch, dein Neffe!“ Die Pensionistin blieb dabei, ihn nicht zu kennen, doch der Mann ließ nicht locker: „Jetzt bin ich aber beleidigt, Tante Gertrude!“ Die alte Dame begann an ihrem Verstand zu zweifeln: „Sind Sie etwa der Rainer?“ „Ja, Tantchen, der Rainer!“
Gertrude M. war sofort unwohl zumute. Ihr Gefühl sollte sie nicht täuschen, denn da rückte der „Neffe“ mit der Sprache heraus: „Tante Gertrude, ich bin gerade in Wien und möchte mir hier unbedingt eine Eigentumswohnung kaufen. Eine Überweisung von den Eltern dauert drei Tage und an der Wohnung sind schon drei andere Interessenten dran. Kannst du mir bitte 10.000 Euro für die Anzahlung borgen?“
„Tante“ Gertrudes kleine grauen Zellen arbeiteten sofort auf Hochtouren: „Ach, wirklich? 10.000 Euro wollen Sie von mir? Lieber Herr Rainer oder wer auch immer Sie sein mögen, von mir bekommen Sie nichts“, sprach’s und beendete das Telefonat.
Ein Anruf bei der deutschen Verwandtschaft ergab: Neffe Rainer war zu jenem Zeitpunkt sicher nicht in Wien gewesen.
Hohe Dunkelziffer an Opfern
„Die Dunkelziffer alter Menschen, die keine Anzeige machen, ist sehr hoch“, erklärte Chefinspektor Baumühlner von der Wiener Polizei. „Diese Situation stellt eine sehr große psychische Belastung dar und hat immer etwas mit Scham zu tun.“ Der Spezialist rät eindringlich, diese Geschehnisse der Polizei zu melden. Wichtig dabei ist vor allem, was die Gauner gesagt haben und ob die Stimme am Telefon das Opfer an eine bekannte Person erinnert hat.
* Name der Redaktion bekannt
Tipps von CI Baumühlner
– Seien Sie misstrauisch, wenn sich Personen am Telefon als Verwandte und Bekannte ausgeben und Sie diese nicht erkennen.
– Geben Sie keine Auskünfte über Ihre finanziellen Verhältnisse.
– Lassen Sie sich niemals zu Geldabhebungen drängen!
– Übergeben Sie niemals Geld an unbekannte Personen!
– Informieren Sie bei verdächtigen Anrufen sofort die Polizei.
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