Gewöhnung - oder: Die Zeit die wir nicht haben. Ein Denkzettel

Gewöhnung

oder:

Die Zeit die wir nicht haben

eine Betrachtung von G. O. Gschwandler

Ein Stein möchte man sein in diesen Tagen. Dann wäre das mit dem Fühlen vom Tisch, alle Emotion getilgt, kein Mitleid oder was auch immer störend. Oder aber auch nicht. Vielleicht hat sich der Stein ja auch nur gewöhnt, so wie wir, an die Welt und das was uns als so unabänderlich präsentiert wird? Vielleicht hat er sich an alles gewöhnt - an das Ozonloch, das Waldsterben, die Umweltverschmutzung, das Licht und den Lärm den wir produzieren, den Raubbau an der Natur, Mord und Totschlag, die Kriege, Weltraumschrott und Drogenmafia, die verrohte Jugend, das „Ohne-Sinn-Sein“, Junkfood und Massentierhaltung, Korruption und Bildungsnotstand, Genmais und geklonte Schafe, Sollbruchstellen, Flüchtlingswellen, Verbotsmentalität, Terrorismus und alles was sonst noch ist und kommt. Er muss sich gewöhnt haben der Stein, anders ist es nicht zu erklären dass er so ruhig da liegt in all dem Sturm.

Und wir? Wir werden dem Stein ähnlich, ganz sicher sogar. Wir haben uns ja auch an all das gewöhnt und es bedarf heute schon einer mächtigen Erschütterung im gefüge der Normalität um uns aufzurütteln! Die Schmerzgrenze hat sich weit nach oben verschoben. Dorthin wo der Sauerstoff knapp wird, in die Todeszone und noch ein wenig darüber.

Wir haben Zeit uns zu entwickeln, sagen die einen. Die anderen mahnen aber zur Eile! Und man selbst steht irgendwo dazwischen, noch betrunken von all dem digitalen Firlefanz um uns herum und auf der Suche nach der einen, guten Nachricht, dem nächsten Update, das doch nur die Neuauflage des bereits Existierenden sein kann - besser natürlich, bunter und mit mehr an Auflösung, Pixel, Frequenz, Watt, PS, Höhe, Tiefe, Gewicht, Geschmack, Effizienz, Reichweite, Opfern.

Daran möchte man gerne glauben, an die Zeit und dass sie es gut meint mit uns. Man möchte sich die Zeit als Freundin der Evolution vorstellen und dass beide gemeinsam uns Menschen etwas unter die Arme greifen, auf unserem Weg zur Perfektion. Allein so ist es nicht. Weil die Evolution unbarmherzig aussortiert und die Zeit hungrig ist und schon jetzt grosse Stücke aus unseren Leben beisst! Da hilft nur die Flucht in ein samtweiches Bild, dass uns den Menschen als edles Wesen vorgibt. Als ein Wesen, auf das die Welt, vor allem die Natur gewartet hat! Man müht sich zu glauben, dass es uns bräuchte. Ganz so, als ob ein Schöpfer uns zur Hege und Pflege des Garten Edens abbestellt hätte. Aber seien wir ehrlich! Die Natur kommt ohne uns weit besser zurecht. Es braucht uns nicht, weder um die Bäume zurückzuschneiden noch um das Gras zu mähen, die Ozeane sind auch ohne uns nass, und dem Fisch sind wir ebenso wenig Freund wie dem Vogel. Da hat nie eine Gefahr bestanden, dass die Erde zuwächst, verwildert oder überwuchert wird, selbst der Tierbestand regelt sich selbst. Nein, es braucht uns wirklich nicht! Auch die Zeit kommt ohne uns klar, und selbst der Evolution scheinen wir eher im Weg zu sein.
Aber nun sind wir hier. Nicht lange, im Vergleich, selbst das Krokodil ist älter, und so manches Bakterium ist uns an Friedfertigkeit weit überlegen. Wir tun was wir am besten können: fressen, verbrauchen, zerstören, vertilgen, plündern. Das liegt uns im Blut. Und es scheint nichts zu geben was wir dagegen tun könnten.
Also gewöhnen wir uns. Tag für Tag ein wenig mehr. So wird dann alles normal, auch das Schlechte, das Üble, das selbst Verschuldete. Das Aktuelle kann man sich sogleich zu Nutze machen und sich bekennen, sich darstellen, das Gute in einem zeigen, virtuell versteht sich. Da wird die Not der anderen zur Selbstdarstellung missbraucht - aussergewöhnlich empfindet man das nicht, nein, es ist normal.

Und auch an das Gewöhnen wird man sich gewöhnen. Und an die Zeit die uns davon läuft weil wir sie totzuschlagen versuchen. Alles wird uns normal werden, das ist das ekelhafte daran. Mehr und mehr werde ich zum Fan der Sintfluttheorie. Das ist natürlich unsozial, aber ehrlich. Man erkennt: So braucht es den Menschen nicht. Es braucht ihn anders!

Da drängt die Frage in meine Denkräume wie das „Anders“ sein kann, und wie es erreichen? Zunächst hilft vielleicht die Erkenntnis, dass wir keine Zeit haben, keine Zeitreserven und auch kein Substitut, sie stirbt, die Zeit! Und zum zweiten gilt es gegen die Gewöhnung anzugehen - das gelingt aber nur im Aufbegehren! Also auf! Sich wehren gegen das schwache Selbst, sich nichts gefallen lassen von sich selbst. Hinhören und hinsehen bis zu den wahren Ursachen! Oh, wie unbequem das ist! Wie grausam wahr und so klar in den Bildern, dass man sich schnell wieder abwenden möchte!

Man braucht schon jemanden der um einen ist und mitmacht, jemanden der einen den Kopf in die richtige Richtung zwingt und die Augen öffnet! Alleine ist es kaum zu schaffen, doch zu zweit, zu dritt oder gar zu zehnt?! Es geht! Aber es braucht eine Losung, einen Spruch den man sich auf die Fahne stickt, den man vor sich her trägt, wie zur Erinnerung, den man rufen kann, auch singen, der sich als Parole auf die Wände schmieren lässt und in Flugblättern das Alltägliche stört! Einen Spruch, der als letztes Wort geeignet ist und den man auf Schilde graviert, in die Schwerter ritzt und dem Verständigen als geheime Wahrheit, dem eigenen Kind als Vermächtnis und dem der bereit ist loszuschlagen, als Signal ins Ohr flüstert: TOD DER GEWÖHNUNG! RETTET DIE ZEIT!

www.curandero.at

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