Eine Ode an die Elektronenröhre

Foto: alle Fotos von Macheiner Richard
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Während draußen der Asphalt aufgrund der sommerlichen Hitze glühte, glühten Mitte Juli Elektronenröhren in den Räumlichkeiten der Schlierbacher Volksschule. Der pensionierte Lehrer Josef Haindorfer und andere Liebhaber der Glühkolben haben ihre Röhrenverstärker einem breiten Publikum präsentiert.

Schlierbach. 1969 brachte Jimi Hendrix beim legendären Woodstock-Festival seine Fender mit Marshall-Röhren-Amps zum Jaulen, die Hippies fuhren mit Bussen nach Kabul. Bei Josef Haindorfer drehten sich Vinyls mit Musik der Beatles, Pink Floyd, Doors und Led Zeppelin auf seinem Mono-Kofferplattenspieler. „So richtig Wumms machte es zwar nicht an meinen Boxen, aber die Musik war cool“, erinnert sich der Schlierbacher. Zuhause am Dachboden fand der Musikliebhaber ein altes Röhrenradio und baute den Lautsprecher mit der grünen Papiermembran, einen echten Greencone, aus. „Der Klang dieser Tröte faszinierte mich“, sagt Haindorfer „von meinem Zimmerkollegen in der HTL Vöcklabruck erntete ich zwar Spott, aber das war mir egal“. Er war seit diesen Tagen vom Röhrenfieber infiziert.

Röhrenfieber

Ist es das geheimnisvolle Glühen der Kathoden oder ist es die Nostalgie nach der guten alten Zeit? Röhren wohnt ein unwiderstehlicher Retrocharme inne wie Oldtimer-Autos, andere versprühen Science-Fiction-Stimmung. „Die ganze Prozedur macht fiebrig“, beschreibt der Röhrenliebhaber die Symptome, „das Tüfteln und die Eigenheiten dieser Technik machen die Faszination aus“. Meistens passt es beim Verstärkerbauen nicht gleich, irgendwas rauscht und brummt. Mitten in der Nacht hat er dann oft eine Eingebung, wie es funktionieren könnte.

Lang lebe der Röhrenverstärker!

Er sammelt seit zwanzig Jahren alte Elektronenröhren, „die älteste stammt aus dem Jahr 1928“. Anfang des 20. Jahrhunderts gelang es erstmals, Glaskolben unter ein Vakuum zu setzen. „Ansonsten würde der Draht im Inneren verglühen“, erklärt Josef Haindorfer diese Revolution, die Technologien wie Telefonie oder Kinovorführungen erst möglich machte. „Danach wurden sie von Transistoren verdrängt“, weiß der Röhrenliebhaber, „viele High-End-Verstärker der Spitzenklasse werden aber nach wie vor in Röhrentechnik gebaut“. Und da er die nötigen Röhren hatte, fasste er auf seiner Suche nach dem perfekten Sound den Entschluss, einmal selbst einen eigenen Röhrenverstärker zu bauen. „Da ich anfangs elektronisch wenig erfahren war, fragte ich einen Freund, ob er mir bei den notwendigen Bau- und Lötarbeiten hilft“. Die mechanischen Komponenten wie das Chassis bauen und Schaltpläne lesen bereiteten dem Hobbyelektroniker viel Überlegungsarbeit. Nach zahlreichen Anrufen beim befreundeten HiFi-Freak und Einlernen ins Löten, Drahtauswahl und Sockelbelegung war es dann irgendwann soweit: der Verstärker lief. Mittlerweile hat er zehn gebaut, die er ständig verbessert. „Ein gewisses Know-How und vor allem handwerkliche Fähigkeiten sollten vorhanden sein. Wer es aber mal geschafft hat, kann sich über feinste Musik freuen“, schwärmt der Elektronik-Bastler.

Tiefer in die Röhre schauen

Haindorfer lässt ins Innenleben eines „handverdrahteten“ Röhrenverstärkers blicken: Glaskolben aller Art, bunte Kabeln, Widerstände und mächtige Kondensatoren. „Der Eingangstransformator sorgt für die Heizspannung der Röhren,“ beweist der HiFi-Enthusiast sein Wissen rund um Röhren. Mittig vor dem Transformator sitzt die Gleichrichter-Röhre, die die Wechselspannung aus dem Stromnetz in Gleichspannung umwandelt. „Jede Röhre klingt anders“, beschreibt Josef Haindorfer das Geheimnis der unterschiedlichen Sounds. Kombiniert mit Boxen, Plattenspieler oder CD-Player sorgen diese Musik-Anlagen für ein ganz besonderes Klangerlebnis. Digital-Enthusiasten ahnen gar nicht, was ihnen so alles an Sound und Wärme verloren geht. „Bei meinen Hörsessions stellten manche fest, dass sie Details gehört haben, die ihnen noch nie zuvor aufgefallen sind“.

Haindorfer moderiert jeden Montag auf Radio B138 die Sendung „Röhrenfieber“ und um all jene, die dieses faszinierende Hobby betreiben, untereinander besser zu vernetzen, hat der Schlierbacher die Internetseite roehrenfieber.com eingerichtet.

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