Leserbrief
Warum zu viel Schnitzel und Grillhendl die Ernährungssicherheit in Krisenzeiten gefährden

Leserbrief von Manuela Schoisswohl aus Hinterstoder | Foto: Grafik BRS
  • Leserbrief von Manuela Schoisswohl aus Hinterstoder
  • Foto: Grafik BRS
  • hochgeladen von Martina Weymayer

Leserbrief von Manuela Schoisswohl aus Hinterstoder

Man mag den Eindruck gewinnen, dass mehrere landwirtschaftliche Interessensvertretungen in Österreich bzw. der EU aus der aktuellen Krise Kapital schlagen wollen: Indem sie den Green Deal der EU als eine Gefährdung der Ernährungssicherheit ausweisen, rechtfertigen sie eine fortschreitende Intensivierung des Ackerbaus angesichts drohender Lieferausfälle vonseiten Russlands und der Ukraine. Anstatt ernsthaft über die Verwendung heimischer Flächen nachzudenken, sollen sie demnach noch intensiver bewirtschaftet werden, um das Maximum herauszuholen. Es scheint, als seien (nicht nur in den Verbänden) ernährungsbezogene und ökologische Probleme der Gegenwart nicht angekommen. Oder sie werden gekonnt ignoriert.

Herr und Frau Österreicher/in essen durchschnittlich zu viel Fleisch, was sich nicht förderlich auf die Gesundheit auswirkt. Die Österreichische Gesellschaft für Ernährung empfiehlt 300 bis 450 Gramm Fleisch und Fleischprodukte pro Woche – das entspricht zwei bis drei Portionen. Männer konsumieren im Schnitt das Dreifache der Empfehlung; Frauen überschreiten die Empfehlung auch, allerdings maximal um ein Drittel (Details siehe Österreichischer Ernährungsbericht 2017). Das hat Auswirkungen: Jedes Tier, dessen Produkte wir verzehren (mit Ausnahme extensiv gehaltener Wiederkäuer), braucht Futtermittel, die auf Ackerböden kultiviert werden. Dass ein großer Teil des Problems auf die andere Seite des Atlantiks, nämlich auf die Böden ehemaliger Regenwälder, ausgelagert wird, macht die Problematik umso brisanter. Klarerweise ist das Verhältnis zwischen Futtermittel und Fleischprodukt nicht bei 1:1. Beispielsweise sind für ein Kilogramm Schweinefleisch 6,4 kg Futtermittel erforderlich. Für ein 150g-Schnitzel ist also fast ein Kilogramm Futter notwendig – stellen Sie sich den Vergleich am Teller vor. Ein tierisches Produkt benötigt somit ein Vielfaches mehr an Ackerfläche als ein rein pflanzliches (z. B. Hülsenfrüchte) für die gleiche Kalorienmenge.

Im Vorjahr wurde etwa ein Drittel des österreichischen Ackerlandes zur Produktion von Futtergetreide verwendet (siehe Grüner Bericht 2021). Auf Teilen dieser heimischen Flächen, die derzeit für unser geliebtes Schnitzel und Grillhendl beansprucht werden, könnten aber theoretisch Kulturen gepflanzt werden, die unmittelbar (ohne Veredelung dgl.) dem menschlichen Verzehr zukommen, z. B. Brotgetreide, Hülsenfrüchte und Ölsaaten. Das würde, gemessen an der Fläche, die produzierte Kalorienmenge deutlich erhöhen und darüber hinaus mit heimischem Angebot den Markt bereichern. Klarerweise bedarf das einer entsprechenden Planung im Voraus (Fruchtfolge, Kosten usw.); so kurzfristig können die Betriebe nicht reagieren.

Für die Zukunft aber – und da meine ich durchaus bereits das nächste Erntejahr – sollten, nein MÜSSEN wir überlegen, ob uns das viele Fleisch eine Reduktion der Ernährungssicherheit und -souveränität wert ist. Die aktuelle Krise muss als Denkanstoß diesbezüglich wahrgenommen werden: für weniger Fleisch, für fruchtbare und langfristig produktivere Böden, für aktiven Klimaschutz und für mehr Gesundheit. Es ist äußerst kurzsichtig zum Zwecke weiterhin übermäßigen Fleischkonsums jetzt sämtliche ökologische Bestrebungen über den Haufen zu werfen. Das gilt für die gesamte EU. Denn in naher Zukunft werden uns die Folgen zu intensiv beanspruchter (Acker-)Böden und damit verbundene Umweltprobleme einholen – vom Klima ganz zu schweigen. Besonders das massive Artensterben (z. B. der Biomasseverlust bei Insekten) und seine komplexen Ursachen müssen wir als Weckruf wahrnehmen – Produzent/innen, Konsument/innen und politische Verantwortungsträger/innen gleichermaßen! Viele dieser künftig gravierenden Unannehmlichkeiten sind unseren Gewohnheiten der Gegenwart geschuldet. Sie werden nicht kurzfristig reversibel sein und sie werden uns teuer zu stehen kommen. Und dann ist es zum Jammern, aber richtig. So viel sei uns versprochen.

Manuela Schoisswohl
Hinterstoder

Anzeige
1:46
1:46

WKOÖ Maklertipp
Rechtsschutzversicherung: Sichern Sie Ihr Recht!

Eine Rechtsschutzversicherung schützt Sie vor den Folgen von vielen möglichen Konfliktfällen – vor allem finanziell.  Es gibt viele Gründe für einen Streit vor Gericht: Angenommen, Ihr Vermieter erhöht den Mietzins in ungerechtfertigter Weise, Ihr Hund läuft einem Biker vor das Rad, Ihnen wird nach einem Verkehrsunfall das Schmerzensgeld verwehrt oder Ihr Arbeitgeber zahlt die Überstunden nicht. Von all diesen Fällen haben Sie schon gehört oder Sie haben sogar schon selbst eine solche oder eine...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Kirchdorf auf MeinBezirk.at/Kirchdorf

Neuigkeiten aus Kirchdorf als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Kirchdorf auf Facebook: MeinBezirk.at/Kirchdorf - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Kirchdorf und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.