Hass im Netz:
"Zuerst lesen, dann denken, dann posten"

Hass im Netz stellt ein großes Problem in der heutigen Gesellschaft dar.  | Foto: PantherMedia/opicobello
  • Hass im Netz stellt ein großes Problem in der heutigen Gesellschaft dar.
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Ein weit verbreitetes und leider immer wiederkehrendes Thema ist Hass im Netz. Wie man ihn vermeiden kann, wie man damit umgeht wenn es doch passiert und an wen man sich am besten wenden soll, erklären Robert Sluga vom Jugendservice Kirchdorf, Gerald Greimel, Bezirksinspektor Bezirkspolizeikommando Kirchdorf und Sascha Reischl von Zukunft Jugend. 

KIRCHDORF. Vor allem in der heutigen Gesellschaft spielt das Internet eine immer wichtigere Rolle. Jeder besitzt ein Handy, die meisten sind auf Social Media Kanälen vertreten, alles wird sofort gepostet und das halbe Leben spielt sich teilweise schon im Internet ab. Alles gut und schön, wäre da nicht ein großes Problem: Cyberhass.

Was fällt unter Cybermobbing?

Sascha Reischl, Geschäftsführer von Zukunft Jugend, listet unterschiedliche Begrifflichkeiten auf:

● Cyberstalking: Fortwährende Belästigung/Verfolgung
● Cyberthreat: Androhung von körperlicher Gewalt
● Exclusion: Sozialer Ausschluss
● Flaming: Gegenseitiges Provozieren, Beschimpfung
● Happy Slapping: Online-Veröffentlichung entwürdigender Videos/Fotos
● Harassment: Wiederholte Belästigung und Schikane
● Impersonation: Identitätsdiebstahl

Wie kann man Hass im Internet vermeiden?

Gerald Greimel vom Bezirkspolizeikommando Kirchdorf ist der Meinung, dass sich Hass im Internet nie ganz vermeiden lassen wird:

"Wir gehen als Gesellschaft zu leichtfertig mit Sprache und Gesten, beziehungsweise mit dem Gegenüber als Individiuum um. Gerade wir als Erwachsene geben da oft ein schlechtes Beispiel für unsere nächste Generation ab."

Greimel weißt darauf hin, dass man dies tagtäglich nicht nur in den sozialen Medien, sondern auch in Printmedien, sowie im öffentlichen und privaten Rundfunk und Fernsehen, bei politischen Akteuren und Auseinandersetzungen im Parlament et cetera sieht.
Vielfach gehe es laut Greimel dabei darum, andere Menschen herabzuwürdigen und ganz bewusst Hass und Ängste zu schüren, um sich selbst besser darzustellen oder sich einen Vorteil daraus zu verschaffen. "Das setzt sich natürlich auch in der Kommunikation von Jugendlichen und Kindern fort. Die Anonymität des Internets ermuntert manche, leichtfertig zu Postings, die man so real nicht abgeben würde. Dazu kommen Verschwörungstheorien oder das in Umlauf bringen von erfundenen Tatasachen."
Laut Greimel wäre es hier wichtig, Behauptungen zuerst zu überprüfen und einem Faktencheck zu unterziehen, bevor man sich an einer Diskussion beteiligt oder Inhalte teilt:

  • Behauptetes hinterfragen
  • Überlegen: Ist die Quelle vertrauenswürdig? Welche Interessen könnten dahinter stecken? Hat die Website ein Impressum? Handelt es sich um eine persönliche Meinung?
  • Plattformen welche vor Falschmeldungen, Fakes und Betrugsversuchen warnen aufsuchen, zum Beispiel www.hoax-info.de, www.watchlist-internet.at, www.mimikama.at.
  • Verschiedene Internetseiten vergleichen, ob verbreitete Behauptungen überhaupt stimmen können.
  • Bilder-Check: Damit kann man überprüfen, ob ein Bild oder Video überhaupt zum behaupteten Ergebnis gehört – fragwürdige Fotos in die umgekehrte Bildersuche, beispielsweise Google, hochladen. Oft stellt sich dann heraus, dass es sich um ein bereits älteres Foto handelt.

Robert Sluga vom Jugendservice Kirchdorf erklärt:

"Es bedarf eines Bewusstwerdens und aktiven Entgegenwirkens der Gesellschaft und jedes Einzelnen, um das Problem von Hasspostings zu lösen. Hass ist nie okay. Es ist vor allem wesentlich, dass eine Diskussion über Hass im Netz öffentlich geführt wird und für das Thema sensibilisiert wird."

Aus diesem Grund sei es so wichtig, den Jugendlichen Medienkompetenz zu vermitteln, damit sie mit dem Internet verantwortungsvoll und sicher umgehen können. Dazu gehöre beispielsweise auch eine Aufklärung wie man sich online verhält, ist Sluga überzeugt. "Das Internet ist heutzutage ein ständiger Begleiter im Alltag, deshalb ist ein respektvoller Umgang im Netz von größter Wichtigkeit."

Sluga meint, dass jeder zum besseren zwischenmenschlichen Umgang im Netz beitragen kann:

  • Keine fremden Fotos ohne Einverständnis nutzen oder weiterleiten.
  • Keinen Streit online austragen, lieber mündlich als schriftlich klären.
  • Nichts Persönliches oder Intimes über Andere schreiben.
  • Nicht ungeduldig werden, wenn jemand nicht sofort antwortet.
  • Auf Beleidigungen Anderer sachlich bleiben.
  • Mit anderen Internetnutzern so umgehen, wie man selbst gerne behandelt werden möchte.
  • Erst lesen, dann denken, dann posten.

Wie geht man mit Hass im Netz um?

Trotz allen Bemühungen und guten Vorsätzen ist es passiert: Jemand entfacht Hass im Netz und die Diskussion entflammt. Nun kann jeder Nutzer mithelfen, etwas dagegen zu tun: "Zuerst sollte man die Hassrede oder das Hassposting aufzeigen. Das geht am besten, wenn man in einem eigenen Posting die Hassrede Anderer benennt, zum Beispiel mit Ausrücken wie rassistisch, frauenfeindlich, et cetera. Dann kann die Person, welche das Hassposting eingesetzt hat, gesperrt werden. In den meisten sozialen Netzwerken sind Hasspostings unerwünscht. Tauchen trotzdem welche auf, können Jugendliche die Betreiber einer Website über Hasspostings auf der Seite aufmerksam machen, beziehungsweise können sie die Hasspostings melden und somit dazu auffordern, die Inhalte zu löschen. In sozialen Netzwerken, Online Foren oder Kommentarbereichen von Online-Zeitungen gibt es oft einen eigenen Melde-Button.", so Sluga.
Er gibt den Tipp, auch eine Gegenrede zu verfassen. Das heißt man sollte mitteilen, dass man mit dem Hassposting nicht einverstanden ist. Auch wenn damit der Ersteller nicht überzeugt wird, werden das vielleicht die Mitlesenden. Wichtig dabei sei wieder, unbedingt sachlich zu bleiben.
Hetze, Beledigungen und Beschimpfungen seien auch online strafbar und jeder könne solche Beiträge bei einer Polizeidienststelle anzeigen. Jedoch müsse ein Beweis, beispielsweise durch Screenshots, sichergestellt werden.
Jugendliche müssten das nicht alles alleine machen. Am besten holen sie sich Unterstützung von Menschen denen sie vertrauen oder sie wenden sich an eine Beratungsstelle, sind die drei Experten überzeugt. Strafbar sei laut Greimel nicht immer jedes Hass-Posting, da manches unter "Meinungsfreiheit" falle. Jedoch gibt es schon einige strafbare Tatbestände wie zum Beispiel:

  • Beleidigung
  • Üble Nachrede
  • Gefährliche Drohung
  • Cyber-Mobbing
  • Verhetzung
  • Verstoß gegen das Verbotsgesetz (nationalsozialistische Widerbetätigung)

Auch er merkt an unbedingt Screenshots von zweifelhaften Postings zu machen und bei der Polizei anzuzeigen.

"Im Netz ist man nicht immer so anonym wie man glaubt. Strafbare Hasspostings können auch zum Poster zurückverfolgt werden.",

so Greimel.

Reischl fügt an: "Bemerken Eltern, dass ein Kinder Opfer von Cyber Mobbing ist, ist es wichtig offene Gespräche darüber zu führen, die Probleme benennen und verschiedene Hilfen anzubieten."
Laut Reischl gibt es einige Tipps, wie man als Elternteil reagieren sollte:

  • Die Probleme des Kindes ernst nehmen und es nicht verurteilen.
  • Nicht mit Handy- oder Internetverbot reagieren. 
  • Interesse zeigen und mit dem Kind über die Weitergabe persönlicher Daten sprechen. 
  • Als Entdecker eines Hasspostings gibt es die Möglichkeit das Posting zu melden, dieses neutral zu kommentieren und somit auch andere darauf aufmerksam zu machen, dass dies nicht in Ordnung ist.

Opfer von Cyber Hass – wer kann helfen?

Laut Sluga, Greimel und Reischl gibt es verschiedene Beratungsstellen wie zum Beispiel Rat auf Draht oder #GegenHassimNetz, welche kostenlose Beratungen und Informationen zum Thema Hass im Netz bieten. Auch die Internet Ombudsstelle habe kostenlose Hilfe bei Problemen mit Cyber Hass. Greimel nennt Stopline als Onlinehilfe, bei Beiträgen welche mit nationalsozialistischen Inhalten verfasst oder geteilt werden und ZARA - Zivilcourage und Anti Rassismus-Arbeit. Außerdem führt er die Hotline zur Beratungsstelle Extremismus an, welche ebenfalls kostenlos und anonym hilft, wenn sich beispielsweise ein Familienmitglied oder jemand aus dem Freundeskreis rechtsextremen oder radikal islamischen Gedankengut zuwendet, zu erreichen unter der Telefonnummer: 0800 20 20 44.
Sluga verweist auf das Jugendservice: "Durch unterstützende Gespräche können wir die Situationen der Jugendlichen erfassen und entsprechende individuelle Hilfsangebote setzten, wie das Schützen der Privatsphäre, Unterstützung beim Sammeln von Beweismaterial und dem Setzen entsprechender weiterer Schritte. Jugendliche können das Jugendservice auch anonym via Onlineberatung kontaktieren und Hilfe erhalten. "
Auch bei Zukunft Jugend könnten sich Betroffene melden, so Reischl: "Wir bieten den Jugendlichen Beratung und Zeit über dieses Thema zu reden und Opfer aber auch Täter die Risiken und Gefahren im Netz beizubringen."

Wie soll man reagieren?

Wenn man selbst von Hass-Postings betroffen sei oder Zeuge davon, sei es wichtig, tief durchzuatmen. Meistens werden emotionale Inhalte verbreitet, die sehr berühren. Man sollte sachlich bleiben und vorsichtig mit Anschuldigungen umgehen.
Greimel ist überzeugt davon, dass es wichtig sei, sich nicht auf diesselbe Ebene wie ein Hass-Poster zu begeben.

"Wir haben alle Verantwortung für den Umgang miteinander. Egal ob Erwachsene, Jugendliche oder letztendlich schon Kinder. Gute Persönlichkeitsstrukturen, ein geordnetes Umfeld und das eigene Internet-Verhalten tragen wesentlich dazu bei, das Opfer- aber auch das Täterrisiko zu minimieren. Dabei sollte im Vorfeld schon bedacht werden, was man mit Worten bewirkt, Bilder oder Videos in der virtuellen und realen Welt, damit ein anfänglich gemeinter "Spaß" nicht in einer Tragödie endet.",

appelliert Greimel.

Weitere Informationen und Tipps im Umgang mit Hass im Netz: www.saferinternet.at

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