Fast 900 Überstunden nicht bezahlt

Unbezahlte Mehrarbeits- und Überstunden sind ein aktuelles Schwerpunktthema der Arbeiterkammer Kirchdorf. | Foto: Stauke/Fotolia
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BEZIRK. Fast 900 Mehrarbeits- und Überstunden – geleistet binnen eines Jahres – blieb ein Arbeitgeber aus dem Bezirk seiner Beschäftigten schuldig. Als das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufgelöst wurde, wandte sich die Frau an die Arbeiterkammer (AK) Kirchdorf, um die Endabrechnung überprüfen zu lassen.

Laut AK fehlten sämtliche Mehrarbeits- und Überstunden samt Zuschläge, ein Teil der Sonderzahlungen sowie die Urlaubsersatzleistungen. Die Frau hatte während der gesamten Beschäftigungsdauer keine einzige Lohnabrechnung erhalten. Zum Glück hatte sie ihre Arbeitszeiten genau aufgezeichnet, die folglich als Beweismittel dienten. Die AK reichte Klage beim Arbeitsgericht ein. Das Urteil ist noch ausständig, für die Arbeitnehmerin geht es laut Berechnungen der Arbeiterkammer um 14.000 Euro.

Dass das nicht der einzige Fall ist, bei dem Endabrechnungen nicht richtig sind oder im laufenden Arbeitsverhältnis Entgelt nicht korrekt ausbezahlt wird, zeigen Zahlen aus der AK-Beratung: Im ersten Halbjahr 2018 wandten sich 3.117 Arbeitnehmer aus dem Bezirk an die Rechtsexperten. Durch außergerichtliche Interventionen und auf dem Gerichtsweg hat die AK Kirchdorf in diesem Zeitraum rund 130.500 Euro erkämpft. In vielen Fällen ging es um unbezahlte Mehrarbeits- und Überstunden. Daher legt die AK einen Schwerpunkt auf dieses Thema.

"Rund ein Fünftel der Überstunden unbezahlt"

Im vergangenen Jahr leisteten die österreichischen Arbeitnehmer rund 250 Millionen Über- und Mehrarbeitsstunden, verteilt auf 663.100 Beschäftigte, die regelmäßig und im Durchschnitt 7,2 Überstunden bzw. Mehrarbeitsstunden pro Woche leisten mussten. Für diese Stunden gebührten den Arbeitnehmern geschätzt rund zwei Milliarden Euro an Zuschlägen. Von diesen Überstunden wurde laut Arbeiterkammer fast ein Fünftel gar nicht bezahlt, weder in Geld noch in Zeitausgleich. Den Arbeitnehmern in Oberösterreich entgingen durch diesen "Mehrarbeits- und Überstundenklau" rund 150 Millionen Euro - pro Kopf sind das rund 9.800 Euro.

"Ich habe kein Verständnis dafür, dass der Leidtragende der Dienstnehmer ist", sagt dazu Hannes Stockhammer, Leiter der Arbeiterkammer Kirchdorf.

Gutes Klima zwischen Arbeitgebern und Mitarbeitern

"Grundsätzlich darf am Wirtschaftsstandort Bezirk Kirchdorf von einem guten Klima zwischen Arbeitgebern und Mitarbeitern gesprochen werden", entgegnet Kirchdorfs Wirtschaftskammer-Obmann Klaus Aitzetmüller. "987 offene Stellen - laut AMS-Statistik - zeigen, wie schwierig es ist, engagierte Mitarbeiter zu bekommen und zu halten. Die Mitarbeiterbindung ist steht daher bei den meisten Unternehmen an erster Stelle. Es ist daher unlauter und irreführend, von einzelnen schwarzen Schafen auf die gesamte Wirtschaft zu schließen und dieser zu unterstellen, dass sie in vielen Fällen Über- und Mehrarbeitsstunden nicht ordentlich bezahlt.

83 Prozent der im Rahmen einer aktuellen, unter 1.200 Arbeitnehmern durchgeführten Market-Umfrage Befragten gaben an, dass Überstunden in ihren Betrieben immer korrekt abgerechnet werden. Aber auch hinsichtlich des „Restes“ müssen die Zahlen – wie das WIFO selbst in einer Studie bestätigt – hinterfragt werden: Denn Überstunden, die nicht einzeln verrechnet, sondern durch Zeitausgleich oder pauschal abgegolten werden, werden oftmals als „nicht bezahlt“ deklariert. "Daher ist die Zahl der als unbezahlt ausgegebenen Überstunden schlicht nicht aussagekräftig“, erklärt Aitzetmüller, der auch darauf verweist, dass den höchsten Anteil unbezahlter Überstunden die Führungskräfte und akademische Berufe angeben – also Gruppen, bei denen Pauschalvergütungen, konkret All-in-Verträge besonders häufig sind. Von allen Branchen weist übrigens der öffentliche Bereich „Erziehung und Unterricht“ bei weitem die meisten als unbezahlt deklarierten Überstunden auf: Mehr als ein Viertel entfallen auf diesen Sektor.

"Wirtschaft nicht pauschal schlecht reden!"

Statt die Wirtschaft pauschal schlecht zu reden, sollte die Diskussion vielmehr faktenorientiert geführt werden. Und: 2007 wurden noch 375 Mio. Überstunden geleistet, 10 Jahre später waren es nur noch 250 Mio. Überstunden. Und dass nur 15 Prozent aller Befragten laut IMAS „lieber weniger Überstunden machen würden“, hat laut WKO auch seinen Grund: In keinem anderen europäischen Land sind die Zuschläge für Überstunden so hoch wie in Österreich!

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