Kinder- und Jugendbetreuung in Molln vor Umbruch

Demonstration der Jugendlichen vor der geplanten Schließung des Mollner Jugendzentrums im Dezember 2017. | Foto: JCUV
  • Demonstration der Jugendlichen vor der geplanten Schließung des Mollner Jugendzentrums im Dezember 2017.
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MOLLN. Was im Dezember knapp gescheitert ist, ist nun doch eingetreten: Der Mollner Gemeinderat hat mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und eines Teils der Bürgerliste (BIM) beschlossen, das örtliche Gewerkschafts-Jugendzentrum (Juz) in der bestehenden Form zu schließen. Lösungen, wie man es dennoch fortführen kann, gibt es bereits. Trotzdem gehen in der Gemeinde die Wogen hoch, zumal auch auf den Hort Veränderungen zukommen. Hier soll das Angebot durch die schulische Nachmittagsbetreuung ersetzt werden.
„Neben der Überrumpelungstaktik, mit der die Juz-Gegner gearbeitet haben, verurteilen wir das kurzsichtige Sparen auf dem Rücken der Jugendlichen zutiefst“, kritisiert Rudolf Diensthuber, Vorsitzender des ÖGB Kirchdorf. Kurz vor Sitzungsbeginn sei noch schnell ein Dringlichkeitsantrag eingebracht worden, um den Jugendzentrumsbetrieb diesmal endgültig einzustellen. Vor allem die SPÖ-Fraktion wurde erst kurzfristig vor Sitzungsbeginn über den Antrag informiert, wodurch man ihr scheinbar die nötige Zeit zu einer umfassenden Vorbereitung nehmen wollte.
„Irgendwie habe ich ganz stark den Eindruck, dass sich Teile der Mollner Gemeindepolitik vor den Jugendlichen fürchten, nachdem diese bei der letzten Sitzung zahlreich mit einer Protestaktion gegen die Schließung anwesend waren. Die überfallsartige Aufnahme dieses Punktes in die Tagesordnung der Gemeinderatssitzung zeigt mir ganz deutlich, dass ÖVP/FPÖ darauf aus waren, keine weitere Diskussion oder demokratische Einbindung der Betroffenen zuzulassen, sondern kurzfristig drüberzufahren“, sagt Diensthuber. „Ich denke auch nicht, dass diese Entscheidung im Sinne der Mollner Bevölkerung gefällt wurde, sondern unter dem parteipolitischen und Ideologischen Willen einiger Jugendzentrumsgegner zustande kam. Die FPÖ-Fraktion zeigt ja auf allen Ebenen, dass sie die Einrichtungen der Gewerkschaft massiv bekämpfen will.“
Der ÖGB kritisiert, dass Machtkämpfe auf dem Rücken der Mollner Jugendlichen ausgetragen werden, indem man ihnen ihre Anlaufstelle wegnimmt. „ Jugendarbeit und Betreuung sollte den Verantwortlichen Mandataren im Mollner Gemeinderat etwas wert sein, sie sollten Volksvertreter und nicht Zusperrmandatare sein“, stellt Diensthuber klar.

Eines der erfolgreichsten Jugendzentren

Beim Mollner Jugendzentrum handelt es sich laut Trägerverein JCUV um eines der erfolgreichsten in der Region. „Nicht mit den Jugendlichen und uns zu reden, ist feige. Laut Vertrag hätte es noch bis August Zeit für Gespräche gegeben. Dass die Gemeinde ganz ohne Gespräche den Vertrag kündigt und uns vor den Kopf stößt, zeigt dass wir hier schlicht aus politischen Gründen nicht erwünscht sind", so JCUV-Geschäftsführer Kurt Winter.
Auch für die erst im Februar angetretene Jugendbetreuerin Verena Fichtner ist die Schließung ein schwerer Schlag: „Das Juz war so gut wie jeden Tag voll, viele der Jugendlichen wissen jetzt nicht, wo sie in Zukunft ihre Freizeit verbringen sollen. Dass man uns einfach schließen will, verärgert viele, besonders dass der Antrag dieses mal ohne Vorankündigung gestellt wurde und die Jugendlichen nicht ihre Meinung dazu äußern konnten.“

ÖVP, FPÖ und Teile der Mollner Bürgerliste wollen das so nicht gelten lassen. Sie erklären, wie es zu dem Gemeinderatsbeschluss kam: "Die Gemeinde Molln hat dem Gewerkschaftsbund auf ihre Kosten einen Raum zur Verfügung gestellt und die Betreuung der Jugendlichen vor Ort bezahlt. Es gibt zwei Gründe, warum das in Zukunft nicht mehr möglich ist. Zum einen hat Molln nicht mehr die finanziellen Mittel. Zum anderen häuften sich in letzter Zeit die Beschwerden über die Vorgänge im Gewerkschaftsjugendzentrum." Sie berufen sich auf einen "Polizei-Insider", der etwa von Drogenhandel und -konsum berichtet. "Die Entscheidung des Gemeinderates, dies künftig nicht mehr auf Steuerzahlerkosten zu finanzieren, fiel mit eindeutiger Mehrheit."
Den Vorwurf, dass Suchtmittel im Spiel seien, weist Rene Gschnaidtner vom JCUV zurück. "Ich kann garantieren, dass es das nicht gegeben hat", betont er. "Die Gerüchte kamen im Dezember auf. Es hieß aber immer, das seien anonyme Vorwürfe. Uns wurden weder Namen genannt noch gab es Gespräche mit uns. Wir gehen davon aus, dass das eine Schutzbehauptung ist."

Vertrag läuft bis 31. Dezember 2018

Der bestehende Vertrag mit dem Juz läuft noch bis Ende des Jahres. "Es steht dem ÖGB frei, dieses dann selbst weiterzubetreiben, allerdings ohne Kostenersatz durch die Gemeinde", so Bürgermeister Fritz Reinisch (ÖVP). Manfred Prentner von der FPÖ, Obmann des Ausschusses für Hort und Jugend, fügt hinzu: "Ich habe nie vom Schließen gesprochen, sondern von der Suche nach einem neuen Betreiber, der seine Aufgaben besser erfüllt als bisher. Es wird auch notwendig sein, einen neuen Standort für die Zukunft zu suchen, da das Gebäude als Ärztezentrum zur Diskussion steht. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir in Molln viele Vereine haben, in denen hervorragende Jugendarbeit geleistet wird und in denen alle Jugendlichen willkommen sind." 

Landtagsabgeordneter Michael Gruber (FPÖ) sagt dazu: „Wir Freiheitlichen stehen für kameradschaftsfördernde Jugendarbeit, wie sie von zahlreichen Vereinen bestens durchgeführt wird. Die meist ehrenamtliche Tätigkeit in diesen Vereinen ist für Jugendliche nicht nur sinnstiftend, sondern leistet auch einen positiven Beitrag zu unserer Gesellschaft. Der Daueraktionismus der SPÖ Molln seit 2015 sollte in wirkliche Arbeit für die Gemeindebürger umgemünzt werden. Die aktive Einbindung von jungen Menschen in Vereinen ist Rekrutierungseinrichtungen parteipolitscher Vorfelder auf jeden Fall vorzuziehen.“

Für einen möglichen neuen Standort für das Jugendzentrum gäbe es laut Reinisch eine Lösung in der ehemaligen Volksschule. Zur Kritik, man spare auf dem Rücken der Jugendlichen, sagt der Bürgermeister: "Wir haben den Funcourt hergerichtet, es gibt einen Beachvolleyball- und einen Basketballplatz sowie die Sportanlage bei der Neuen Mittelschule. Wenn man nicht vor Ort ist, kann man das Angebot kaum beurteilen."

Hort wird in schulische Nachmittagsbetreuung umgewandelt

Seit Jahren besteht in Molln eine Hortgruppe als Provisorium. 2017 beschloss der Gemeinderat Überlegungen anzustellen, wie man bei den Kinderbetreuungseinrichtungen einerseits Kosten einsparen, aber auch den steigenden Bedarf an der Nachmittagsbetreuung abdecken könne. Gemeinsam mit Experten des Landes werden Lösungen erarbeitet.

Manfred Prentner präzisiert: "Vor mehr als einem Jahr wurde in meinem Ausschuss ein einstimmiger Beschluss gefasst, die Krabbelgruppe in den Kindergarten zu integrieren und den Hort in die Nachmittagsbetreuung überzuleiten. Nachdem fast ein Jahr ohne Aktivitäten diesbezüglich verging, wurde im Dezember 2017, in Zusammenarbeit mit der BIM, der erste Grundsatzbeschluss, die gesamte Kinderbetreuung zu überprüfen, zu durchleuchten und einer Reorganisation zu unterziehen, vorbereitet und gefasst. In der letzten Gemeinderatssitzung im April 2018 wurde ein weiterer Beschluss gefasst, dieses Vorhaben in die Planungsphase überzuführen. Zur Zeit werden die entsprechenden Schritte betreffend notwendiger Umbauten in der Schule durchgeführt. Ziel soll es sein, im Herbst mit der Nachmittagsbetreuung der Volkschule zu starten. Ebenfalls hat es in dieser Sitzung einen Antrag auf eine 6. Kindergartengruppe seitens der SPÖ gegeben, die mit der Überleitung des Hortes in die Nachmittagsbetreuung, durch den freiwerdenden Platz,
gute Chancen hat realisiert werden zu können."

"Der vor Jahren veranschlagte Kostenaufwand für den Ausbau des Horts ist aus dem Gemeindebudget nicht finanzierbar", ergänzen ÖVP, FPÖ und Teile der Bürgerliste. Bereits jetzt sei der Hort für das nächste Jahr ausgebucht, mehr als 40 Kinder benötigen eine Nachmittagsbetreuung. Die Neue Mittelschule hat bereits vor Jahren die Betreuung in Form einer Ganztagsschule eingeführt. "Dies war notwendig, da der Hort die Betreuung der Schüler aus Platzmangel nicht übernehmen wollte", sagen die Vertreter der genannten Fraktionen unisono. "Die Betreuung funktioniert hervorragend, daher gehen wir diesen Weg nun auch in der Volksschule. In hunderten Gemeinden ist das gang und gebe." Für Kinder und Eltern ändere sich nichts, die Öffnungszeiten bleiben je nach Bedarf jenen des Hortes angepasst.

Roswitha Waas, Bezirksvorsitzende der Gewerkschaft „Younion“, kontert: "Die Eltern sind mit der derzeitigen Betreuung in den Mollner Kinderbetreuungseinrichtungen sehr zufrieden. Im Kinderbetreuungsatlas wurden diese mit der besten Bewertung 1A ausgezeichnet. Die schulische Nachmittagsbetreuung kann ein gutes Zusatzangebot für Eltern sein, kann aber den Hort nicht ersetzen." Und weiter: "Bürger zahlen Steuern, in der Stadt genau wie am Land. Gemeinden sollten sich verpflichtet fühlen, eine gute Infrastruktur zu bieten. Das Bekenntnis zu Kinderbetreuung und Jugendarbeit als kommunale Aufgabe fehlt in Molln vollkommen. Einziges Bestreben der Gemeindepolitik ist das Sichern der Finanzen – doch um welchen Preis?"

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