Auf keinen Fall stumm
Internationaler Tag der Gebärdensprache

Vollwertige Sprache: Gebärdensprachen sind unabhängig von Lautsprachen. Jede dieser Sprachen ist eine vollwertige Sprache mit eigener Grammatik und Wörterbuch. Als beliebtes Hilfsmittel dienen Gebärdensprachvideos. An der Alpe-Adria-Unitversität werden von Christian Hausch im Rahmen verschiedener EU-Projekte solche Videos in Gebärdensprache erstellt.
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  • Vollwertige Sprache: Gebärdensprachen sind unabhängig von Lautsprachen. Jede dieser Sprachen ist eine vollwertige Sprache mit eigener Grammatik und Wörterbuch. Als beliebtes Hilfsmittel dienen Gebärdensprachvideos. An der Alpe-Adria-Unitversität werden von Christian Hausch im Rahmen verschiedener EU-Projekte solche Videos in Gebärdensprache erstellt.
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Bereits 1958 rief der Weltverband der Gehörlosen, die World Federation of the Deaf, die erste „International Week oft he Deaf“ aus. Gegründet wurde der Verband als NGO und Interessensgemeinschaft von 135 nationalen Verbänden am 23. September 1951, daher geht der Aktionstag auf dieses Gründungsdatum zurück. Der Verband setzt sich weltweit für die Rechte von ca. 70 Millionen gehörlosen Menschen ein. Eines der erklärten Hauptziele der Interessensvertretung ist dabei die Erhaltung von Gebärdensprachen als Voraussetzung für die Verwirklichung der Menschenrechte von Gehörlosen. Es dauerte aber noch fast 60 Jahre, bis dieser Aktionstag quasi seine weltweite offizielle Gültigkeit erhielt. Es war eine kleine Sensation, als am 19. Dezember 2017 die UN-Generalversammlung den Internationalen Tag der Gebärdensprache verabschiedete.

KLAGENFURT. Die Internationale Gehörlosenwoche wurde erstmals 1958 gefeiert und hat sich seit damals zu einer globalen Bewegung der Einheit und des gemeinsamen Einsatzes entwickelt, um das Bewusstsein für die Probleme gehörloser Menschen im Alltag zu schärfen. Mit diesen Aktionstagen soll die Öffentlichkeit für die Bedeutung der Gebärdensprache bei der Verwirklichung der Menschenrechte sensibilisiert werden.

Vollwertige Sprache

Entgegen gängigen Vorurteilen sind Gebärdensprachen unabhängig von Lautsprachen, also gesprochenen Sprachen. Jede dieser Gebärdensprachen ist eine vollwertige Sprache mit eigener Grammatik und Wörterbuch. Was die Gebärdensprache aber keinesfalls ist, sie ist keine Pantomime. „Früher war das ein gängiges, abschätziges Vorurteil“, erklärt die Leiterin des Fakultätszentrums für Gebärdensprache und Hörbehindertenkommunikation, Prof. Marlene Hilzensauer. „Gehörlose verwenden ihre Hände, die Augen, Mimik und den Oberkörper, nicht aber die Beine zur Kommunikation.“

Nicht nur eine

Weltweit gibt es rund 300 verschiedene Gebärdensprachen, es gibt also nicht „die eine“ Gebärdensprache. Tatsächlich kann es in einem Land mehr als eine Gebärdensprache geben. In Belgien gibt es zum Beispiel die französisch-belgische und die flämische Gebärdensprache. Auch in Ländern, in denen eigentlich die gleiche Sprache gesprochen wird – zum Beispiel Großbritannien und Irland – gibt es unterschiedliche Zeichensprachen. Hinzu kommt noch eine Vielzahl an Dialekten, die die Kommunikation nicht unbedingt vereinfachen. „In Kärnten gebärdet man etwas anders als in Wien oder in der Steiermark“, führt Marlene Hilzensauer aus. „Um die Verständigung zu vereinfachen, hat sich der Österreichische Gehörlosenbund auf Gebärden geeinigt, die man in ganz Österreich verstehen soll. Das Problem ist aber, dass im Alltag, obwohl es diese Standardgebärden gibt, dann doch der eigene Dialekt verwendet wird.“

Gemeinsame Sprachfamilie?

Wie bei gesprochenen Sprachen gibt es auch bei den Gebärdensprachen gemeinsame Sprachfamilien. Überraschenderweise entsprechen diese Sprachverwandtschaften nicht immer denen der Lautsprachen. Historische Faktoren spielen hier oft eine große Rolle. Entscheidend war, wer wen und in welcher Gebärdensprache unterrichtet hat. So ist durch den Einfluss der Pariser Gehörlosenschule die Österreichische Gebärdensprache mit der Französischen und der Amerikanischen Gebärdensprache verwandt, nicht aber mit der Deutschen. Die Amerikanische Gebärdensprache ist aber ihrerseits nicht mit der Britischen verwandt. Kaiser Joseph II., Sohn von Maria Theresia, gründete 1779 nach einer Frankreichreise, auf der er die Schule de l’Epées und dessen Unterrichtsergebnisse kennengelernt hatte, das Wiener Institut für Taubstumme. Die beiden ersten Direktoren des Instituts wurden zur Ausbildung zum Nationalinstitut in Paris geschickt. Ein französischer Gebärdensprachlehrer war Mitbegründer des Gehörlosenunterrichts in den USA.

Gebärdensprache lernen

Grundsätzlich kann jeder eine Gebärdensprache erlernen. Das Erlernen ist vergleichbar schwer – oder einfach – wie das einer anderen Fremdsprache. Ein gut hörender Mensch müsste eventuell eine Hürde bewältigen: die grammatikalisch relevanten Ausdrucksmittel wie Mimik, Mundgestik bzw. die Fingerfertigkeit. Für eine visuelle Sprache sind diese unbedingt notwendig und für gut hörende Menschen wirken sie oftmals eigenartig. Dazu Marlene Hilzensauer: „An der Universität in Klagenfurt bieten wir zahlreiche Gebärdensprachkurse an. Es sind nicht nur Gehörlose bzw. Hörbeeinträchtigte, sondern sehr oft Hörende, die die Kurse besuchen. Teils aus Interesse oder aber auch um diese Fertigkeit beruflich verwenden zu können.“

Begriff „Taubstumm“

Der Begriff „Taubstumm“, der vor allem im 18. und 19. Jahrhundert für die Bezeichnung von gehörlosen Menschen verwendet wurde und sogar heute noch Verwendung findet, wird von Betroffenen als diskriminierend empfunden und gilt daher heutzutage als verpönt. „Dieser Begriff ist absolut falsch, denn Gehörlose sind nicht stumm“, erklärt Marlene Hilzensauer, „Sie können durchaus sprechen, auch wenn die Lautsprache für sie schwer zu erlernen ist. Viele Gehörlose ziehen es daher vor, nicht zu sprechen.“ Des Weiteren sind Gehörlose durchaus fähig sich sprachgewandt mitzuteilen. Dadurch, dass das Gegenüber die Gebärdensprache in den meisten Fällen nicht beherrscht, werden Gehörlose als stumm wahrgenommen. Der Begriff „taubstumm“ beinhaltet also einen nicht vorhandenen Mangel.

Rund 10.000 Gehörlose

Obwohl es in Österreich rund 10.000 Gehörlose gibt, gibt es weder Universitäten noch Fachhochschulen, die speziell auf schwerhörige bzw. gehörlose Studenten ausgerichtet sind. In den USA ist man hier schon um einiges weiter. Die „Gallaudet University“ in Washington D.C. ist die derzeit einzige Hochschule speziell für gehörlose Studenten. Alle Kurse sind bilingual ausgerichtet, d.h. die Gebärdensprache ist amerikanisch, geschrieben wird aber britisches Englisch.

Zentrum für Gebärdensprache

In Klagenfurt gibt es als eine Organisationseinheit der Fakultät für Kulturwissenschaften an der Alpen-Adria-Universität, das Zentrum für Gebärdensprache und Hörbehindertenkommunikation (ZGH). Seit 2013 leitet Marlene Hilzensauer das Zentrum. Gegründet wurde das ZGH von Franz Dotter, einem Pionier der Gebärdensprachforschung in Österreich und unermüdlichen Vorkämpfer für die Rechte gehörloser Menschen. „Bei uns unterrichten ausschließlich Gehörlose die aufeinander aufbauenden Gebärdensprachkurse. Die werden von den Studierenden sehr gut angenommen und sind sehr gut besucht“, erzählt Hilzensauer. „Wir Hörenden sind für die theoretischen Veranstaltungen zuständig.“

Forschung

  Neben der Lehrtätigkeit haben sich die ExpertInnen in Klagenfurt der Forschung verschrieben. „Es sind zurzeit hauptsächlich EU-Projekte, an denen wir arbeiten“, so die Leiterin. So wird unter anderem an dem Projekt „Swing 2.0 – Signs für Work Inclusion Gain“ gearbeitet. In diesem Projekt werden 100 gängige Begriffe und Phrasen für die Bereiche Gastronomie, Verkauf, Gesundheitswesen, Reiseleitung und öffentlicher Dienst in Gebärdensprache übersetzt. In dem Projekt „Deaf Language Awareness“ wird ein E-Learning-Kurs für gehörlose und hörbehinderte Erwachsene erstellt. Ein weiteres EU-Projekt nennt sich „Spread the Sign – 360“. Hier wird das Online-Wörterbuch „Spread the Sign“ durch 360-Grad-Bilder ergänzt. Auf diesen Bildern befinden sich sogenannte „Hotspots“, die durch Anklicken ein entsprechendes Gebärdenvideo zu dem aktivierten Begriff liefert.

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