Ernst Nagelschmied: "Die Unwissenheit ist besonders gefährlich"

<f>Ernst Nagelschmied</f> leitet die Viva Drogenberatung und sieht ein Konvolut an Gründen dafür verantwortlich, dass der Drogenkonsum und auch die Todesfälle weiter steigen | Foto: Polzer
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2018 gab es viele Drogentote. Ernst Nagelschmied von der Drogenberatung Viva über Ursachen und die Situation in Klagenfurt.

KLAGENFURT (vep). Das heurige Jahr war ein trauriges, was die Zahl der Drogentoten in Kärnten betrifft, es waren so viele wie noch nie. "Leider hat sich das bis jetzt jedes Jahr gesteigert", sagt der Leiter der Drogenberatung Viva in Klagenfurt, Ernst Nagelschmied. Unter seinen rund 150 "Schützlingen", die er und sein Team betreuen, gab es Gott sei Dank keinen Todesfall zu verzeichnen. "Das soll keinesfalls die Problematik abschwächen. Aber es zeigt, dass Betreuung und Begleitung von Suchtkranken ein richtiger Ansatz ist. Wo Betreuung stattfindet, verändert sich etwas", sagt Nagelschmied.
Er fügt hinzu, die viele Todesfälle hätten zumindest etwas Positives gehabt: Die Politik sei dadurch näher zusammengerückt, in der Vernetzungsarbeit sei viel passiert, neue Konzepte sind entstanden oder entstehen gerade. "Es wurde ja auch in der Vergangenheit immer gearbeitet, doch das ist nun intensiver geworden." 

Bagatellisierung und Drogen-Vielfalt sind ein Problem

Warum mehr Menschen an den Folgen des Drogenkonsums sterben, das ließe sich laut Nagelschmied seriöserweise vor Ende aller Untersuchungen nicht sagen, doch er persönlich glaubt, dass ein Konvolut an Gründen dazu führe. "Zum Einen sind die Grenzen viel offener, Drogen sind sehr leicht über verschiedene Kanäle erhältlich, auch im Darknet kann man leider wirklich einfach Drogen bestellen. Zum Anderen sind immens viele, und vor allem viele verschiedene und gefährliche Substanzen auf dem Markt, rund 100 neue sind es jedes Jahr. Von Medikamenten bis chemische Drogenmixturen aus den Labors. Und zuletzt ist auch die Bagatellisierung von Drogen ein Grund, warum Menschen heute häufiger Drogen nehmen oder ausprobieren. Viele glauben, sie versuchen nur und kommen ,eh ganz leicht wieder weg', viele gefährliche Substanzen werden unterschätzt." 
Bei Jugendlichen sei der Probierkonsum immens. "Die Neugierde liegt in der Natur der Jugend, auch wir haben viel ausprobiert, aber eben andere Dinge. Heute sind Drogen "in"." 

Gefährlicher Drogenmix und Unwissenheit

Gefährlich ist vor allem eines: Die Unwissenheit der Drogenkonsumenten, welche der zahlreichen Substanzen auf dem Markt gefährlich bzw. toxisch sind. "Jene, die fern einer Betreuung oder Beratung sind, sind besonders gefährdet. Unsere Klienten informieren wir ständig über neue, gefährliche Dinge, sodass sie gewarnt sind." 

Künftig mehr Suchtkranke erreichen

Laut Nagelschmied findet derzeit ein Prozess statt, wie man genau solche Risikogruppen, die keine Beratungsstellen aufsuchen, erreichen kann. Die Drogenberatung Viva setzt mit den Angeboten wie dem Safer-Use-Spritzentausch und Streetwork bereits erste Schritte, diese Gruppen zu erreichen. "Derzeit findet aber eine Evaluation statt, die Risikogruppen erfasst, sodass man in weiterer Folge zielgerichtete, niedrigschwellige Angebote machen kann", informiert Nagelschmied. Dies geschehe durch einen Schulterschluss zwischen Stadt, Land und Ärzten des Klinikums Klagenfurt rund um Prim. Wolfgang Wladika (Neurologie und Psychologie). 

35 Jahre Drogenberatung Viva

Heuer ist die Drogenberatung Viva 35 Jahre alt geworden, seitdem hat sich viel verändert. Vor allem in der Drogenszene, weiß Nagelschmied. "Vor allem die Erreichbarkeit also der Zugang zu Drogen ist viel einfacher geworden, sie sind überall verfügbar. Und die Grenzen sind verschwommen; früher haben die Menschen nur Kokain, nur Heroin oder nur Cannabis konsumiert. Heute findet ein hochgradiger Mischkonsum statt." All das mache natürlich auch Beratung und Hilfe herausfordernder, doch Nagelschmied schätzt sich glücklich: "Das schönste in 35 Jahren ist, dass wir von der Stadt Klagenfurt immer die Möglichkeit erhalten haben, auf das zu reagieren, was gerade nötig ist. Wir waren und sind so immer am Puls der Zeit und können schnell reagieren." Dadurch könne man auch auf schöne Erfolgsbeispiele von Klienten zurückblicken, die stabil wurden.

Mehr Arbeitsprogramme für Selbstwert und Re-Integration 

Und wenn er sich als "Geburtstagsgeschenk" von Viva etwas wünschen dürfte, so wären das für Nagelschmied zwei Dinge: "Ich würde mir mehr Arbeitsprogramme bzw. -Projekte wünschen, die Betroffenen den Wiedereinstieg ins Berufsleben erleichtern. Für die Klienten ist es sehr schwierig, einen Job zu finden. Wir hatten 2014 eine solche Initiative mit dem AMS: Von neun Teilnehmern sind drei nach wie vor im Arbeitsprozess. Es stärkt den Selbstwert ungemein und trägt zu großen Entwicklungssprüngen bei."

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