Welttag des Buches
Klagenfurt ist Literatur
Heimo Strempfl, Leiter des Musil-Museums, über das Medium Buch, die aktuelle Ausstellung, Klagenfurter Literaturkurs und Buchempfehlungen.
KLAGENFURT (chl). Am 23. April ist Welttag des Buches. Aus diesem Anlass sprach die WOCHE mit dem Leiter des "Robert Musil Literatur Museums" Heimo Strempfl. Der Germanist ortet alles andere als das vielfach angekündigte Aus des Buches: "Der unmittelbar bevorstehende ,Tod‘ des Mediums Buch, und damit der Literatur, ist so intensiv und so lange diskutiert worden, dass inzwischen die Diskussion darüber ,tot‘ ist. Und zwar berechtigterweise. Es ist ja nicht einmal so, dass das E-Book sein gedrucktes Pendant in der Zwischenzeit abgelöst hätte. Auf beide Medien wird gleichsam in einer ,Parallelaktion‘ zugegriffen, die dem Autor Robert Musil wohl gefallen hätte."
Aus Erfahrung weiß Strempfl auch, dass die Landeshauptstadt durchaus einen Ruf als Literaturstadt genießt: "Klagenfurt wird ganz stark mit Literatur in Verbindung gebracht. Im Sommer liest man in den Feuilletons der großen deutschsprachigen Tageszeitungen mitunter das Wort ,Klagenfurt‘ und man weiß, dass die Journalisten den Bachmann-Preis meinen. Nichts Schlechteres soll einer Stadt passieren!"
Bücherwand und Lesungen
Neben den musealen und wissenschaftlichen Tätigkeiten im Musil-Museum gibt es auch eine volle Bücherwand, die zum Lesen anregen soll, sowie regelmäßig Lesungen: "Die Bücherwand mit den ,adoptierten‘ Büchern wird sehr gut angenommen. Es gibt einen regen Austausch der Bücher und es gibt auch eine gewisse Anzahl von Leuten, die regelmäßig kommen und nachschauen, was es Neues gibt. Mit dem Zuspruch zu den Lesungen sind wir sehr zufrieden. Der Schwerpunkt der Veranstaltungstätigkeit liegt ja auf der Literatur von jüngeren Autorinnen und Autoren, die erst dabei sind, sich einen Namen zu machen. Bei der Lesung der deutschen Autorin Bettina Wilpert waren viele junge Frauen aus einer Schulklasse, die überhaupt zum ersten Mal eine Lesung besucht haben."
Die Birdbox
Die aktuelle Ausstellung im Musil-Museum zeigt Arbeiten des im Burgenland lebenden Künstlers Josef Bernhardt auf Einladung der Gert-Jonke-Gesellschaft anlässlich des Gert Jonke-Preises 2019. "Warten auf Vögel" nimmt Bezug auf einen Satz aus Jonkes "Insektarium": "Leider hast du völlig recht; wo sind sie, die Vögel, sie sind heute gar nicht da. Wo sind sie?"
Vor dem Musil-Museum in Klagenfurt wurde ein rund zwei Meter hoher, knallroter Nistkasten aufgestellt, die "Birdbox". "Der Nistkasten ist begehbar, in seinem Inneren befindet sich eine kleine Bibliothek mit Büchern zum Thema Natur. Über Einfluglöcher an der Rückseite können auch kleinere Vögel in den Nistkasten gelangen", erklärt Strempfl.
Literaturkurs
Als Mitarbeiter der Kulturabteilung ist Strempfl auch zuständig für den „Klagenfurter Literaturkurs“, der heuer vom 23. bis zum 26. Juni stattfindet. Die Stipendiaten werden am 9. Mai bekanntgegeben.
Einer, der als Tutor des Literaturkurses schon mehrmals in Klagenfurt weilte, ist der Schriftsteller Ludwig Laher: In seinem neuen Essay "Wo nur die Wiege stand" schreibt Laher "über die Anziehungskraft früh verlassener Geburtsorte". "Auch Musil gehört bekanntlich zu jenen berühmten Söhnen, die ihre Geburtsstadt schon früh verließen. Laher wird am 3. Mai daraus im Musil-Haus lesen", blickt Strempfl voraus.
Literarische Entdeckungen
Zu den persönlichen literarischen Entdeckungen des Literaturexperten zählt Strempfl drei gebürtige Klagenfurter: Angela Lehner, Romandebüt "Vater unser" (Hanser Berlin), Sandra Weihs, Romandebüt "Das grenzenlose Und" (Frankfurter Verlagsanstalt) sowie Daniel Wisser, Roman "Königin der Berge" (Jung und Jung).
"Mit einer kraftvollen, schnörkellosen Sprache liefert Angela Lehner aus der Distanz – sie lebt ja in Berlin – ein präzise Analyse der österreichischen Gegenwart. Lehner ist wie Daniel Wisser eine gebürtige Klagenfurterin, die aber nicht in der Kärntner Landeshauptstadt aufgewachsen ist.
Wisser wurde im Herbst endlich auch von einem größeren Publikum entdeckt: Ein Romancier von Rang, der bereits mehrere Romane vorzuweisen hatte, durfte sich, endlich, in die Riege etablierter Autoren einreihen. Die 1983 in Klagenfurt geborene Sandra Weihs, studierte Sozialarbeit und arbeitet in Oberösterreich mit sozial benachteiligten Kindern, Jugendlichen und Familien. In ihrem Romandebüt erzählt sie eine ernste Geschichte, die todtraurig stimmen könnte, wäre da nicht eine große erzählerische Leichtigkeit", begründet Strempfl seine Empfehlungen.
Robert Musil Literatur Museum:
Musilhaus, Klagenfurt, Bahnhofstraße 50
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag, 10 bis 17 Uhr
Infos: www.musilmuseum.at
Im Musilhaus ist auch das Robert-Musil-Institut für Literaturforschung beheimatet.
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