Eine verhängnisvolle Affäre

- Seit der Kindheit ist Sebastian Herrmann ?Ikea-geprägt? und hat ein Buch über sein alltägliches Leiden geschrieben. Foto: Knaur/Tobias Dressel
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Autor Sebastian Herrmann fasste seine Hass-Liebe zu Ikea in Worte: „Ich wohne noch nicht, aber lebe noch!“
In Kärnten gibt es einen Ikea? Dann ist es ein befreites Land.“ – Mit zynischen Worten beginnt Sebastian Herrmann das WOCHE-Interview. Befreit? „Für mich ist es ja eine Fessel“, gesteht der Wirtschaftsjournalist und Buchautor seine Hass-Liebe zum Weltkonzern und zu seinen Produkten mit durchwegs seltsamen Namen.
Diese ambivalente Beziehung hat der Münchner nun in seinem Buch „Wir Ikeaner“ (Verlag Knaur) verarbeitet – mit einem klaren Ergebnis: „Jeder Mensch hat eine Meinung zu Ikea; jeder kann eine Geschichte erzählen.“ Bei genauerer Betrachtung wird es augenscheinlich: „Es sind immer die gleichen zehn Anekdoten.“
Man könne es also als Phänomen bezeichnen, wie das Möbelhaus unseren Geschmack und sogar die Gesellschaft prägt. „Längst spricht die Psychologie vom Ikea-Effekt“, so Herrmann. „Was man selbst zusammengebaut hat, liebt man besonders.“ Aus diesem Grund – so die Diagnose des Autors – kann Ikea „großzügige Garantien“ geben. „Reklamiere ich ein Produkt, gestehe ich mein persönliches Scheitern ein.“
Viel lieber nimmt der Ikea-Kunde also kleine Macken in Kauf – auch wegen der günstigen Preise. Herrmann: „Ich kaufe mir ja keine teure Leder-Couch, um mir dann ständig Sorgen um Getränke-Flecken zu machen.“ – In Herrmanns Wohnung sind solche Flecken keine Tragödie.
„Ich lebe noch“, scherzt er. Die Frage nach dem Wohnen muss er allerdings verneinen. „Ich wohne noch nicht.“ Oft hat er sich vorgenommen, sein Domizil zu genießen, aber „wenn ich eine Ecke fertig habe, ist in einer anderen wieder etwas zu tun.“ Und erneut geht es zu Ikea zum Shoppen.
Dem Möbelkonzern bringt das einen Jahresumsatz von 20 Milliarden Euro. Herrmann: „Die Ikeaner machen vieles richtig.“ Vom Aufbau der Märkte – Kunden gegen den Uhrzeigersinn durch das Geschäft zu schleusen erhöht den Umsatz nachweislich um 10 Prozent – bis hin zum „Ausspielen der Schweden-Karte“. „Skandinavien ist für viele ein Sehnsuchtsort; Ikea nutzt das Image“, analysiert Herrmann.
In seinem Buch solidarisiert er sich mit anderen leidgeplagten Ikea-Fans. Er erzählt Anekdoten und beleuchtet Strategien des Konzerns.
G. Leitner
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