„Staatshaushalte brauchen Kunstwerk!“

Fischler (hier mit WOCHE-Redakteur Gerd Leitner) zur Euro-Krise: „Der Brand ist gelöscht, aber das Haus nicht feuersicher“, Foto: RLB
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Franz Fischler war Gast der Generalversammlung der Raiffeisenlandesbank und sprach mit der WOCHE.

WOCHE: Als ehemaliger EU-Kommissar – wie sehen Sie die derzeitige Situation des ländlichen Raumes?
Franz Fischler: Es gibt ländliche Räume, denen es sehr gut geht und solche, denen es sehr schlecht geht. Vor allem landwirtschaftlich dominierten Räumen geht es auf der ganzen Welt schlecht. Diese riskieren, die Verlierer der Globalisierung zu werden. In Europa, aber noch mehr in den Entwicklungsländern gibt es eine enorme Wanderungsbewegung von den ländlichen Gebieten in die städtischen Räume. Gerade jetzt ist die Frage sehr wichtig, wie man diese Problemregionen auf der ganzen Welt entwickeln kann.

Kann klein strukturierte Landwirtschaft wie in Kärnten erhalten werden?
Die Kärntner Landwirtschaft liegt mit ihrer durchschnittlichen Größe eher über dem österreichischen Durchschnitt – wenn man von den extremen Berggebieten absieht. Die Milchproblematik, die es in den letzten zwei Jahren auf der ganzen Welt gab, war aber natürlich ein Drama. Wenn ich mir einen Kärntner Hut aufsetze: Es stimmt grundsätzlich, dass der Tourismus auf die Landwirtschaft angewiesen ist, umgekehrt gibt es aber einen relativ hohen Anteil an Berglandwirtschaft, die auf den Tourismus angewiesen ist – man kann die Bergbauern nicht nur mit Förderpolitik retten.

Welche Maßnahmen können die Situation verbessern?
Entscheidend ist, ob es in Kärnten gelingt, regionale Produkte zu produzieren, die auch über Kärnten hinaus als Marke einen Markt finden. Ein Milchpulver ist auf der ganzen Welt dasselbe. Warum sollte jemand mehr dafür zahlen, weil es aus Kärnten ist? Eine völlige Marktliberalisierung wird es in der Landwirtschaft aber auch nach 2013 nicht geben. Nach dem Auslaufen der Quote muss man die Verhandlungsposition der Milchlieferanten auf dem Markt stärken, sonst werden sie gegenseitig ausgespielt. Es gibt Ansätze, die letzte Woche von der EU laut gedacht wurden – man kann Positives erwarten.

Wie sollten diese Regelungen aus Ihrer Sicht aussehen?
Die bisher verwendeten Marktinstrumente funktionieren deshalb nicht mehr so wie früher, weil die Marktpreise für die Grundprodukte nicht mehr aus dem landwirtschaftlichen Marktgeschehen bestimmt werden. Zum Beispiel der Ölpreis und die neuen Formen von Spekulation haben großen Einfluss darauf. Es wäre äußerst wichtig, eine Art Sicherheitsventil gegen Markteinbrüche einzuziehen, damit sich diese nicht mehr so fatal für die Bauern auswirkt. Ich plädiere dafür, dass man in Österreich – das könnte man auch mit einem österreichischen Gesetz machen – Mindesterfordernisse für einen Liefervertrag festschreibt.

Welche Erfordernisse?
Es geht um wirtschaftliche Parameter – etwa eine Abnahmeverpflichtung für Molkereien oder eine Preisvereinbarung im Liefervertrag, damit sich der Bauer verlassen kann. Man muss aber nicht alles gesetzlich vorschreiben; es soll ja auch einen gewissen Handlungsspielraum für Unternehmer geben.

Ist der Euro mit dem 700-Milliarden-Rettungsschirm der EU nun sicher?
Griechenland ist der Unglücksfall, an dem die Schwächen im System des Euro und der europäischen Wirtschaftspolitik sichtbar geworden sind. Dramatisch ist, dass es den Versuch gegeben hat, den Euro über die Klinge springen zu lassen. Das Paket von 700 Mrd. Euro hat nichts mehr mit Griechenland zu tun, da geht es um den Euro an sich. Man hat den Brand jetzt einmal gelöscht, aber das Haus ist noch nicht feuersicher – ganz im Gegenteil.

Was ist weiter notwendig?
Die Frage lautet: Wird man jetzt energisch und rasch genug – es hat auch mit Geschwindigkeit zu tun – Vereinbarungen treffen, dass die Wirtschaftspolitiken der einzelnen Mitgliedsstaaten besser aufeinander abgestimmt werden? Man muss auch gewisse Geschäftspraktiken der Finanzindustrie schlicht und ergreifend verbieten. Die Summe der Finanzinstrumente ist global betrachtet 70 Mal so viel wie die Realwirtschaft. Wenn man alle Transaktionen an einem Tag zusammenzählt, sind es 1.260 Milliarden Dollar – da wird einem ja schwindelig. Und es zeigt das Ausmaß des Problems: Wenn diejenigen, die diese Beträge verwalten, sich abreden – und das ist ja passiert – ist Feuer am Dach. Man muss Bedingungen schaffen, dass so etwas gar nicht mehr passieren kann.

Auch die Schuldenpolitik hat zu dem „Unglücksfall“ beigetragen …
Wir müssen ja in Europa alle zugeben, dass wir in den letzten Jahren zum Teil über unsere Verhältnisse gelebt haben. Daher ist die Aufgabe, die öffentlichen Ausgaben in den Griff zu bekommen, eine ganz wichtige. Man muss aber das Kunstwerk zusammenbringen, dass man die öffentlichen Ausgaben saniert, ohne das aufkeimende Wachstum kaputtzumachen. Wenn nur auf Teufel komm raus sparen angesagt wird, und damit die Konjunktur abgewürgt wird, hat man das Gegenteil von dem erreicht, was man will.

Wie erklärt man dem Steuerzahler, dass 700 Milliarden Euro für den Rettungsschirm ausgegeben werden, aber der Staat jetzt sparen muss?
Das ist schwierig zu erklären. Und das Dilemma wird noch größer dadurch, dass die Leute das Gefühl haben, dass nicht nur sie sich dabei nicht auskennen, sondern auch, dass sich die Politiker, die von diesen Dingen reden oder handeln sollen, nicht auskennen.

Sehen Sie die Gefahr, dass eine EU-Skepsis weiter steigt?
Die Sache kann nicht nur mehr von Stimmungen abhängen; es geht um harte Fakten. Es muss ein Plan her. Bis jetzt gibt es keinen konkreten Plan, weder auf nationaler, noch auf europäischer noch auf globaler Ebene. Es ist schon bald ein Jahr her, dass die G20 sich getroffen haben, und vollmundig erklärt haben, binnen eines halben Jahres schaffen sie eine neue Finanzarchitektur.

Viele haben die Hoffnung auf Regelungen aufgegeben …
Ja, aber das heißt nicht, dass sie nicht mehr notwendig sind.

Wie beurteilen Sie die derzeitige Kärntner Politik?
Ich glaube, dass die Kärntner Bevölkerung wesentlich vernünftiger denkt, als mancher ihrer Repräsentanten. Natürlich hat man Kärnten auch große Fehler gemacht, indem man zu locker mit dem Geld umgegangen ist, was man jetzt bitter bezahlt. Daran führt kein Weg vorbei – so gesehen ist Kärnten ein bisschen griechisch.
Gel

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