Brand Tuppenübungsplatz Großmittel
"Heute brennt es öfter und stärker" (mit Video)
Der Brand am Truppenübungsplatz Großmittel in der Nähe von Wr. Neustadt hielt die Löschtrupps auf Trab. Vizeleutnant Alexander Mattausch vom ABC-Abwehrzentrum in Korneuburg war als Koordinator aller Brandschutzkräfte an vorderster Front mit dabei.
NIEDERÖSTERREICH | KORNEUBURG | GROSSMITTEL. "Natürlich hat es früher auch schon gebrannt, aber nicht so oft und nicht so groß", sagt Mattausch nachdenklich. Fünf Tage war er im Einsatz, an Schlaf war kaum zu denken. Rund 100 ABC-Experten waren gleichzeitig vor Ort, dazu noch die lokalen Brandschutzkräfte von Großmittel und zahlreiche Freiwillige Feuerwehren. "Die Zusammenarbeit hat sehr gut funktioniert", resümiert der Vizeleutnant, der selbst auch Kommandant der FF Spillern ist.
Dass er weiß, wovon er spricht, unterstreicht auch Oberst Jürgen Schlechter, Kommandant des ABC-Abwehrzentrums in Korneuburg: "Vizeleutnant Mattausch ist der höchste Ausbildner im österreichischen Bundesheer. Jeder Soldat, der im Brandschutz trainiert wird, geht durch seine Schule." Und so war es nur logisch, die Koordination der militärischen Brandschutzkräfte und der Freiwilligen Feuerwehren in Großmittel in Mattauschs erfahrene Hände zu legen.
300 Jahre alte Munition
Ein Brand ist generell schon gefährlich. Breitet er sich dann auch noch auf einem Truppenübungsplatz aus, zudem auf einem, auf dem bereits in der Kaiserzeit geschossen wurde, dann vervielfacht sich das Gefahrenpotential. "Die Blindgängergefahr ist enorm. Dort liegt Munition aus dem Zweiten Weltkrieg und dann rund 300 Jahre zurück. Schon in der k.u.k. Monarchie war Großmittel eine Munitionsversuchsanstalt. Da muss man beim Löschen auf eine ganz andere Art und Weise vorgehen, als bei ’normalen’ Waldbränden", erklärt Mattausch. Glutnester suchen, ausräumen und löschen – das geht in diesem Fall nicht. "Man muss quasi von außen löschen, solange, bis es nicht mehr brennt und glost."
Täglich Explosionen
Während die Freiwilligen der Feuerwehren also von den Wegen aus löschten, wagten sich die ABC-Experten in den Wald und die brennenden Bereiche. "Zuerst ging es mit dem Schützenpanzer hinein, um Wege frei zu machen. Jeden Tag sind Blindgänger explodiert, einer sogar unter einem Panzer. Zum Glück kann Munition aus dem Zweiten Weltkrieg den Geräten von heute nichts mehr anhaben", so Mattausch.
Sind Wege freigemacht, kommen die gehärteten und splittergeschützten Löschfahrzeuge ins Spiel, erst danach waren die Bodentrupps, speziell geschulte Kampfmittelexperten, an der Reihe. "Jeden Tag wurde das Gebiet mit Hubschraubern abgeflogen und mit Wärmebildkameras nach heißen Quellen abgesucht. Zudem gab es durchgehende Nachtwachen." Und Oberst Schlechter vermeldet: "Seit vergangenen Freitag sind alle Soldaten wieder zurück in Korneuburg, mit Samstag wurde offiziell Brandaus gegeben."
Feuer den Weg absperren
Und warum ist nun wirklich das Feuer in Großmittel ausgebrochen. "Es war eine Selbstentzündung", erklärt Mattausch. Aber, und das ist ihm wichtig, nicht von Munition. Das Lager in Großmittel ist steinig und voll mit Geröll. Darüber ist nur eine wenige Zentimeter dicke Humusschicht, im Sommer glüht es dort. Gras kann da ganz von selbst zu brennen beginnen, das ist sogar während der Löscharbeiten an zwei Stellen passiert. Und das große Problem: auch das Löschwasser ist in diesem Gelände sofort weg."
Wichtig war bei den Löscharbeiten in Großmittel auch die Nachsorge. "Wir haben das Waldstück schachbrettartig abgesucht, immer 30 Meter breite Streifen gerodet, um dem Feuer eine natürliche Barriere entgegen zu stellen." Was Mattausch dabei immer wieder fasziniert: "Der Wald und die Natur generell erholen sich so schnell. Bereits nach zwei Tagen sprießen wieder die ersten Pflanzen." Und schmunzelnd fügt er hinzu: "Die Asche ist wie Dünger und wir haben den Wald ja auch ordentlich gegossen."
Pipeline in Gefahr
Bereits 1983 hat es in Großmittel gebrannt. "Zuerst im Wald, dann immer mehr und mehr", erzählt Mattausch. Diesmal konnte man ein Übergreifen des Feuers auf die umliegenden Ortschaften verhindern. Dass dies gelungen ist, war wichtig, befindet sich vor Haschendorf doch auch eine Gasverdichterstation. "Eine Pipeline transportiert hier Flüssiggas von Triest nach Österreich. Wäre die beschädigt worden, hätte das, in Anbetracht der derzeitigen Energiesituation, dramatische Folgen gehabt", gibt Schlechter zu bedenken.
Bewusstsein für Gefahr entwickeln
Wie bereitet man sich, auch mental, auf einen solchen Einsatz vor, wollen wir wissen. "Wir trainieren und proben solche Szenarien in unserer Ausbildung – natürlich zuerst an Attrappen. Wir beschäftigen uns intensiv mit der Gefahr, die von solchen Situationen ausgeht, so bereitet man sich auch mental vor. Der Gefahr muss man sich natürlich bewusst sein, überwältigen lässt man sich nicht davon. Man ist auf seine Tätigkeit fokussiert. Den notwendigen Respekt darf man nicht verlieren", erklärt Mattausch.
Sein Wissen hat der Vizeleutnant auch schon bei zahlreichen Auslandseinsätzen angewandt. Etwa im Kosovo als Kommandant des Brandschutzzuges oder auch im Libanon. "Dort kommt zu den Blindgängern dann aber auch noch die Gefahr von Minenfeldern dazu."
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