GRÜNE sehen natura2000-Schutzgebiete in Gefahr
"Hybridpappeln gehören hier nicht her"
Erhalt und Schutz der natura2000-Gebiete in Niederösterreich bereiten den GRÜNEN Sorgen. Bei einem Lokalaugenschein in der Stockerauer Au sieht man die Befürchtungen bestätigt: "Hier läuft etwas falsch", ist Landtagsabgeordnete Helga Krismer überzeugt.
NIEDERÖSTERREICH |BEZIRK KORNEUBURG | STOCKERAU. Dort, wo die Städte und Gemeinden selbst Pflege und Bewirtschaftung übernehmen, funktioniere es – mal besser, mal schlechter – im Grunde ganz gut. Wenn jedoch private Wald- und Auflächen vom natura2000-Schutz betroffen sind, fehle es, so die GRÜNEN, an der Durchsetzungskraft – sowohl von Politik, als auch von der Behörde. Fehlende Sanktionen im Falle einer Missachtung der Naturschutzauflagen öffnen dem "Wildwuchs" Tür und Tor, was schlussendlich eher der Geldbörse diene, als der Natur selbst.
"Dass so kein Naturschutzgebiet ausschaut, merkt jeder", stellte auch Landtagsabgeordneter Georg Ecker fest, als er gemeinsam mit Krismer sowie den beiden GRÜNEN Stadtpolitikern Andreas Straka und Dietmar Pfeiler die Stockerauer Au, ebenfalls ein natura2000-Gebiet, besuchte.
"Lob" für Stockerau
Dass die Stockerauer Au heute ein Naturschutzgebiet ist, ist Gemeinderat Andreas Straka zu verdanken. Er setzte sich vor mittlerweile 20 Jahren dafür ein, dass der Auwald nahe der größten Stadt des Weinviertels entsprechend geschützt und behandelt wird. Stadt, Politik und zuständige Mitarbeiter versuchen seit damals den Spagat zwischen Wirtschaftlichem und Naturschutz. Und obwohl dies in den meisten Bereichen gut funktioniere, "weil hier einfach viele engagierte Leute am Werk sind", wie es Stadtrat Dietmar Pfeiler ausdrückt, nage auch an der Stockerauer Au der Zahn der Zeit. Entwicklungen, wie zunehmender Verkehr auf der A22, wirtschaftliche Interessen privater Waldbesitzer und der mittlerweile viel zu große Wildbestand gefährden das sensible Gleichgewicht.
Gegensteuern "muss sein"
"Das wird zu einem Problem für Mensch und Tier", stellt Pfeiler klar. Rund 70.000 Fahrzeuge brettern täglich die Donauufer-Autobahn A22 entlang, die wie eine "Narbe" Stadt und Au trennt – Tendenz steigend. Eines der größten Probleme schon jetzt – der Lärm. "Es gibt keine Ruhezonen mehr. Spechte, Meisen und Stare finden zwar noch den geeigneten Lebensraum, aber auch in den Baumwipfeln ist es mittlerweile zu laut", so Pfeiler. Wenig hilfreich sei es da, so der Politiker, dass Schall- und Lärmmessungen 1,5 Meter über dem Boden durchgeführt werden. "Das passt zwar für den Menschen, nicht aber für die Vögel."
Problematisch sei, so Andreas Straka, auch der viel zu große Wildbestand. "Der müsste um die Hälfte reduziert werden", pflichtet Helga Krimser bei. Das Ausmaß sei für das Ökosystem Au nicht mehr verträglich. Die Lösung: "Mehr schießen, weniger füttern", sagt Krismer. Und Straka erklärt: "Bei uns werden die Wildtiere gefüttert wie vor 30 Jahren. Damals gab es aber noch andere Winter und Schneedecken. Das Wild ist so gut genährt, dass es sich über die Maßen fortpflanzt. Und das führt in weiterer Folge etwa zu Schäden an Jungbäumen, der Zukunft unserer Au."
Pappeln statt Eichen
Die überbordende Fütterung sei jedoch nur ein Rädchen im Kreislauf der Au-Probleme. Denn immer wieder sei zu beobachten, dass auf Kahlschlag-Zonen mit Hybridpappeln aufgeforstet wird. So komme es auch in den Tullnerfelder Donauauen zu Waldmonokulturen, die sich ebenso auf die zu hohe Wildtierpopulation auswirken. "Dort, wo die Pappeln wachsen, fehlen die heimischen Eichen. Gibt es keine Eichen, fehlen auch die Eicheln, eine Nahrungsquelle etwa für die Hirsche. Und finden die Hirsche nichts zu fressen, muss gefüttert werden und schon schließt sich der Kreis", erklärt es Andreas Straka ganz einfach.
Politische Anfrage zur "Rettung" der Naturschutzgebiete
"Pernkopf will in Sachen Naturschutz keine Spuren hinterlassen", sagt Helga Krismer überspitzt. Und weil Naturschutz Ländersache ist und man hier beharrlich seine Ziele verfolgen müsse, will man Stefan Pernkopf, Landeshauptfrau-Stellvertreter und zuständig für Naturschutz, mittels einer Anfrage im Landtag aufrütteln und zum Handeln bewegen. "Wir brauchen die geeigneten Managementpläne und ein Monitoring, um alles im Blick zu haben. Die Bezirkshauptmannschaften müssten den privaten Forstwirten klare Vorgaben machen. Und wenn diese, was dann oft der Fall ist, ein wirtschaftliches Handeln nicht zulassen würden, müsse die Politik mit entsprechenden Förderungen gegensteuern", ist Krismer überzeugt.
Von Pernkopf wolle man nun wissen, was in den natura2000-Gebieten und zu ihrem Schutz getan wird. Zudem fordert man entsprechende Managementpläne ein, will über die Wildbestände in den jeweiligen Gebieten informiert werden und erfahren, wo und warum großflächige Schlägerungen geplant oder notwendig sind beziehungsweise waren. "Wir haben zehn knackige Punkte zusammengefasst und fordern ganz klar ein, dass bei der Behörde, also den Bezirkshauptmannschaften, mehr Kompetenz und Know-how in Sachen Naturschutz gebündelt wird."
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